Darum gehts
Das Thermometer zeigt im Wallis über 20 Grad an. Der Sommer steht vor der Tür – Wanderwetter! Nichts erinnert daran, dass vor zwei Wochen in den Walliser Bergen noch gewaltige Schneemassen gefallen sind. Und doch, in der Karwoche hat sich der Winter noch einmal mit Wucht zurückgemeldet.
Der Schnee ist in den tieferen Lagen längst wieder geschmolzen, als wäre er nie da gewesen. Die Schäden, die er verursacht hat, sind aber noch deutlich zu erkennen. Und sie sorgen für viele Überstunden bei den Forstrevieren der Region. Es herrscht Hochbetrieb in den Wäldern und Dörfern, nicht zuletzt wegen ungeduldiger und unvernünftiger Wanderer – auch aus dem Unterland! Zwei Walliser Förster erklären Blick, wieso Wanderer, die sich auf gesperrten Wanderwegen rumtreiben, mit ihrem Leben spielen!
Fast rund um die Uhr geschuftet
Am Beginn des Wanderwegs an der BLS-Südrampe in Naters VS trifft Blick am Mittwoch auf Ferdinand Pfammatter (58). Er ist Förster bei der BLS und für die Sicherung der Bahnstrecke, der Zufahrtsstrassen und des besagten Wanderwegs zuständig.
Seit den Schneefällen ist er fast rund um die Uhr im Einsatz. «Es gab Tage, da habe ich zwanzig Stunden gearbeitet», sagt er zu Blick. Der Osterschnee hat im gesamten Kanton zu massiven Schäden an den Bäumen geführt. Der nasse Schnee in Kombination mit bereits fortgeschrittener Vegetation führte dazu, dass überall Äste abgebrochen sind, teilweise ganze Bäume entwurzelt wurden. «Als Erstes ging es für uns darum, die Zuglinie wieder befahrbar zu machen, danach wurden die Zufahrtsstrassen zu unserer Infrastruktur freigeräumt», sagt Pfammatter.
Kaum war das geschafft, haben Pfammatter und sein Team zusammen mit zwei Dutzend Freiwilligen der BLS und der Hilfe von anderen Forstrevieren damit begonnen, den Wanderweg freizuholzen. Dieser war nach den Schneefällen unpassierbar und deshalb gesperrt geworden. «An manchen Stellen lagen gleich mehrere Bäume übereinander auf dem Weg», so der BLS-Förster.
Grosse Gefahr, hoher Druck
Diese Situation sorgt für eine ernstzunehmende Gefahr. Pfammatter erklärt: «Die Bäume stehen teilweise unter Spannung, können also plötzlich in Bewegung geraten. Noch gefährlicher sind aber abgeknickte Äste und Baumkronen.» Diese seien für Laien kaum zu erkennen und könnten jederzeit auf die Wege stürzen. «Es reicht schon etwas Wind oder das eigene Gewicht.»
Aus diesem Grund sind auch zwei Wochen nach dem Wintereinbruch fast alle Wanderwege im Wallis gesperrt. Ein Blick auf die Karte der Wander-App Schweizmobil zeigt fast nur Sperrungen. Daran halten tun sich aber längst nicht alle. Kaum war der Schnee weg, wurde versucht, den Wanderweg an der Südrampe zu begehen. Ein lebensgefährliches Unterfangen. «Die Sperrungen gibt es nicht, damit wir fein raus sind», so Pfammatter. «Auf gesperrten Wanderwegen lauert der Tod!» Auch um die Arbeit der Forstreviere nicht zu behindern, sollten Wanderer die Sperrungen unbedingt respektieren.
Doch weil das nicht alle machen, hat Pfammatter auf eine Entlastungsstrategie gesetzt. Mit viel Einsatz wurde dafür gesorgt, dass am Mittwoch ein Grossteil des Wanderwegs wieder geöffnet werden konnte. «Von Hohtenn bin Lalden ist der Weg wieder begehbar, der Rest bleibt bis auf weiteres gesperrt», so der Förster. So will man den Menschen die Möglichkeit geben, ihrem Hobby nachgehen zu können. «Wir hoffen, so die Ströme der Wanderer kanalisieren zu können, denn immerhin ist unser Weg einer der am meisten begangenen im Wallis.»
Ausmass der Schäden unklar
Von einem Freiräumen der Wanderwege ist Herbert Werlen (56) in Raron VS noch weit entfernt. Er leitet das Forstrevier Südrampe, ist zuständig für gut 2500 Hektar Wald, ein gewaltiges Gebiet. «Im Moment können wir noch gar nicht sagen, wie viel der Wald abbekommen hat», sagt Werlen zu Blick.
Als Förster habe man immer etwas Angst vor dem späten, nassen Schnee, erklärt er. «Aber so etwas habe ich in meiner Berufszeit noch nie erlebt.» Er und sein Team haben bislang vor allem den öffentlichen Raum, wie Strassen, Stromleitungen oder Plätze, gesichert. In den Wäldern waren sie noch gar nicht. «Dazu fehlen uns schlicht die Arbeitskräfte, obwohl wir Hilfe aus der Deutschschweiz bekommen haben», so der Revierförster. Heisst: Die Wanderwege in seinem Zuständigkeitsbereich werden noch eine Zeit gesperrt bleiben. Auch Werlen betont: «Diese Sperrungen haben ihren sehr guten Grund, es ist gefährlich.» Er rechnet damit, dass die Folgen der Schneefälle bis in den Herbst spürbar sein werden.
Unklar ist auch, wie teuer das Ganze wird. «Auch das können wir im Moment nicht abschätzen», so Werlen. Einen kleinen Eindruck bringt aber ein Treffen mit einem privaten Waldbesitzer. «Was das Säubern und Sichern seiner kleinen Waldparzelle kosten werde, will der Mann von Werlen wissen. Der Förster überschlägt kurz die Zahlen. «Etwa 5000 Franken», sagt er dann. Der Waldbesitzer schluckt leer. Hochgerechnet auf das ganze Kantonsgebiet dürften die Schäden Dutzende Millionen Franken betragen. Das Parlament wird wohl einen Spezialkredit sprechen müssen.