Was steckt hinter der neuen Massnahme?
Matura-Prüfungen: Gymnasium in Neuenburg testet Schummel-Detektor

Im Hosensack der Schüler schlummert ein Gerät, das alle Lösungen zum Schummeln anbietet: das Smartphone. Ein Neuenburger Gymnasium setzte bei Maturitätsprüfungen nun erstmals auf Detektoren zur Überprüfung von Handysignalen. Blick erklärt, was hinter der Methode steckt.
Publiziert: 02.07.2025 um 22:27 Uhr
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Aktualisiert: 03.07.2025 um 22:00 Uhr
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Ganz besonders bei den Maturitätsprüfungen werden Schummelversuche genauestens überprüft.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Gymnasium setzt Frequenzdetektor bei Maturitätsprüfungen ein, um Smartphones aufzuspüren
  • Einsatz des Geräts wirft rechtliche Fragen auf, Datenschutz muss beachtet werden
  • Wie sinnvoll der Einsatz wirklich ist, muss noch bewertet werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sandra MarschnerRedaktorin News-Desk

Der klassische Spickzettel, auf dem in winziger Schrift wichtige Daten und Formeln für die Prüfung gekritzelt werden, hat mittlerweile ausgedient. Im Zeitalter der Digitalisierung werden Smartphones zum neuen Schummelmittel. Mithilfe von Google und ChatGPT scheint die Lösung zur komplizierten Prüfungsfrage nur noch einen Touch mit dem Finger entfernt.

Schulen stehen damit vor einer neuen Herausforderung. Ganz besonders bei den Maturitätsprüfungen werden Schummelaktionen genauestens überprüft. Doch wie geht man nun mit dem Smartphone im Rucksack oder Hosensack der Schüler um, von denen manche Schüler sogar mehrere in die Prüfung mitnehmen? Das Gymnasium Blaise-Cendrars in La Chaux-de-Fonds NE hat erstmals einen ganz besonderen Schummel-Detektor bei den schriftlichen Maturitätsprüfungen eingesetzt. 

Wie funktioniert der Schummel-Detektor?

Zum Einsatz kam dort ein sogenannter Frequenzdetektor. Dieser misst Frequenzen von Funksignalen in der direkten Umgebung. Und stellt somit fest, ob in der Nähe Smartphones aktiv und ins Netz eingewählt sind. Im Neuenburger Gymnasium wurden Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 2 übergreifend gescannt, nachdem man sie aufgefordert hatte, ihre Smartphones auszuschalten und abzugeben. Darüber berichtete «ArcInfo».

Wichtig: Der Frequenzdetektor muss korrekt angepasst werden. Das deutsche Gymnasium Odenthal, das ein solches Gerät auch zur Kontrolle bei Prüfungen einsetzte, schreibt in einer Stellungnahme: «Der Detektor muss auf die räumlichen Verhältnisse angepasst werden, um beispielsweise auszuschliessen, dass eine Person, die aussen am Klausurraum vorbeigeht und das Handy eingeschaltet hat, ein Fehlsignal auslöst.» 

Was bringt die zusätzliche Kontrolle?

Der erste Einsatz in Neuenburg ergab: Keiner der Schüler hatte noch ein vernetztes Gerät bei sich. Wie Direktor Christophe Stawarz gegenüber «ArcInfo» erklärte, habe es in den letzten Jahren keine Betrugsfälle an dem Gymnasium gegeben. Doch der geringe Preis des Geräts von rund 200 Franken habe zum Testdurchlauf angeregt. Das Fazit: «Wir müssen noch eine Bilanz ziehen, um zu wissen, ob es Sinn macht, diese Massnahme beizubehalten.»

Konkreter sieht es Amtsvorsteher Pierre-Yves Moret des Amtes für nachobligatorische Bildung und Beratung: «Das in diesem Jahr in La Chaux-de-Fonds getestete System ist wahrscheinlich überflüssig und wird evaluiert», zitiert ihn «ArcInfo». Denn die geltenden Regelungen bei Betrug oder versuchtem Betrug seien schon Abschreckung genug. Konkret drohen eine Bewertung mit der Note 1 oder ein Ausschluss von der Prüfung. 

Ist das überhaupt erlaubt?

Einige Schulen haben in der Schweiz Handyverbote eingeführt. Es gibt allerdings keine einheitliche Regelung je nach Schule oder Kanton. Es gibt auch keine einheitliche Regelung zur Verwendung von entsprechenden Detektoren.

Der Einsatz der Geräte am deutschen Gymnasium Odenthal zeigte 2013: Die Rechtslage ist auch in Deutschland nicht eindeutig. Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfe ein solches Gerät nicht den exakten Standpunkt eines Geräts messen, schreibt die «Süddeutsche Zeitung». Das heisst: Es darf nicht hervorgehen, welcher Schüler ein vernetztes Gerät besitzt, sondern nur, ob sich vernetzte Geräte in der Nähe befinden. Das Schulministerium Nordrhein-Westfalen sah kein Problem in dem Frequenzdetektor: Denn es würden keine personenbezogenen Daten erfasst werden, schreibt die Zeitung weiter.

Anders im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein. Dort wurden die Geräte im Klassenzimmer und der Toilette eines Gymnasiums aufgestellt. Das Schulministerium urteilte: Es gebe keine Rechtsgrundlage für den Einsatz, dieser sei zu unterlassen. Gänzlich verboten sind hingegen in der Schweiz und in der EU Störsender zum Blockieren des Mobilfunkverkehrs. Denn diese unterbinden selbst Notrufe. Ausschliesslich in Gefängnissen können Störsender eingesetzt werden.

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