Von Millionen-Zuwendungen zum Zerwürfnis
Milliardär Schwarzenbach unterliegt Ex-Kuratorin vor Gericht

Erstes Verdikt in einem schillernden Rechtsstreit: Das Bezirksgericht Meilen verurteilt den Financier Urs E. Schwarzenbach zur Zahlung von 130'000 Franken an eine ehemalige Mitarbeiterin.
Publiziert: 31.08.2025 um 18:50 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2025 um 07:59 Uhr
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Urs E. Schwarzenbach in der Villa Falkenstein in Zürich, wo er ein Büro eingerichtet hat und wo seine Kunstsammlung verwaltet wird.
Foto: Joseph Khakshouri
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Peter HossliReporter & Leiter Journalistenschule

Ein vierstündiges Mittagessen in St. Moritz bahnte das Ende einer langjährigen Beziehung an. Und es lancierte einen epischen Rechtsstreit, in dem der Milliardär Urs E. Schwarzenbach (76) nun in erster Instanz unterlegen ist.

Im Sommer 2018, im Restaurant Chasellas, besprachen der Kunstsammler, Dolder-Besitzer und Devisenhändler sowie seine langjährige Kuratorin Pina Bozzi* Modalitäten für die Auflösung ihrer Zusammenarbeit. Sie vereinbarten, dass er ihr für ihre Dienste nochmals 130'000 Franken auszahlt; im Gegenzug verzichtete sie auf weitere Ansprüche.

Die entsprechende Vergleichsvereinbarung unterzeichneten beide am 23. November 2018 im Restaurant Kronenhalle in Zürich.

Als Schwarzenbach die Zahlung schuldig blieb, leitete die heute 54-jährige Kunsthistorikerin über ihre Firma eine Betreibung ein. Der Milliardär reagierte mit juristischer Vehemenz: zunächst mit einer Aberkennungsklage, später mit Strafanzeigen wegen angeblichen Diebstahls und Veruntreuung. SonntagsBlick berichtete.

Nun liegt das Urteil vor. Das Bezirksgericht Meilen wies Schwarzenbachs Klage vollständig ab. Er muss Bozzis Firma die 130'000 Franken nebst Zinsen überweisen. Zudem trägt er die Gerichtskosten von 13'000 Franken sowie eine Parteientschädigung von 20'000 Franken.

Das Urteil kann innert 30 Tagen beim Zürcher Obergericht angefochten werden.

Der Fall wurzelt in einer über zwei Jahrzehnte dauernden beruflichen Beziehung zwischen Schwarzenbach und Bozzi. Er öffnet den Blick in eine Welt, die mit dem Alltag vieler kaum etwas gemein hat: exquisite Kunst, rauschende Partys, Häuser in Italien und im Engadin. Und doch geht es letztlich um Themen, die alle betreffen: unerwiderte Gefühle, verletzte Eitelkeiten, böses Erwachen.

Bozzi betreute Schwarzenbachs Sammlung während vieler Jahre. Sie katalogisierte Werke, organisierte Transporte und Ausstellungen, zunächst als Angestellte, später mit eigener Firma. Aus dem Arbeitsverhältnis erwuchs eine persönliche Bindung. Schwarzenbach betrachtete sie als Vertraute und Hüterin seiner Schätze. Er machte ihr Zuwendungen in Millionenhöhe in Form von Schmuck, Bargeld und Liegenschaften, wie aus Gerichtsakten hervorgeht, die der Redaktion ebenso wie das aktuelle Urteil vorliegen.

Ein Geflecht aus Klagen und Gegenklagen

In seiner Zivilklage bestritt Schwarzenbach die Gültigkeit der Vereinbarung. Er habe sie nie – oder zumindest nicht bewusst – unterzeichnet; falls doch, sei er einem Irrtum erlegen. Das Dokument sei gefälscht oder er sei getäuscht worden. Zudem stellte er Gegenforderungen von über 1,25 Millionen Franken: für Rechnungen, Kreditkartenausgaben und die Miete einer Wohnung in St. Moritz. Schliesslich beschuldigte er seine frühere Gefährtin, Kunstwerke entwendet zu haben, darunter ein Gemälde des Pop-Art-Künstlers Andy Warhol (1928–1987).

Vor Gericht entfalteten beide Seiten ein detailreiches Puzzle. Wie lange dauerte eine Autofahrt von Basel nach St. Moritz? Wer sass wann mit wem beim Mittagessen im Engadin? Warum fehlen Kürzel auf einzelnen Seiten der Vereinbarung? Weshalb unterschrieb Bozzi zweimal mit angeblich unterschiedlicher Tinte? Und welche Rolle spielten alte E-Mails, in denen Anwälte teils in Kopie gesetzt waren, teils nicht?

Gericht weist alle Zweifel zurück

Das Gericht prüfte jeden Punkt – und verwarf sämtliche Zweifel Schwarzenbachs. Die Vereinbarung sei echt, die E-Mails und Entwürfe erwiesen sich als authentisch. Formale Einwände reichten nicht aus, um den Vorwurf einer Fälschung glaubhaft zu machen. Die Zuwendungen an Bozzi seien nicht als Kredite, sondern als Geschenke zu werten.

Besonders deutlich wandte sich das Gericht gegen Schwarzenbachs Darstellung, er habe von seinen eigenen Millionenforderungen nichts gewusst. Es erscheine wenig glaubwürdig, dass einem erfahrenen Geschäftsmann diese während der Verhandlungen 2018 entgingen – um ihm dann plötzlich wieder einzufallen, als Bozzi Anfang 2020 die Betreibung einleitete.

Abgeschlossen ist der Fall damit nicht. Schwarzenbach werde den Entscheid des Bezirksgerichts Meilen weiterziehen, lässt er über seinen Sprecher ausrichten: «Herr Schwarzenbach sieht nicht ein, weshalb er jemandem 130'000 Franken bezahlen soll, der ihm Kunstwerke im Wert von bis zu 14 Millionen Franken gestohlen hat.»

Diesen Vorwurf erhebt Schwarzenbach in einer Strafanzeige gegen Bozzi. Sie habe ihm über 20 Kunstwerke entwendet. Die Kuratorin bestreitet dies. Sie hat ihrerseits gegen den Financier eine Strafanzeige wegen angeblich falscher Anschuldigungen eingereicht.

Das Zivilgericht in Meilen hatte den strafrechtlichen Teil des Falls nicht zu beurteilen, hält aber fest: «In Bezug auf die mutmasslich durch [Pina Bozzi] veruntreuten Kunstwerke unterlegte er [Schwarzenbach] seine Behauptungen mit keinerlei Beweismitteln.»

Das Urteil spreche für sich, liess Bozzi über ihren Anwalt ausrichten. Mehr wolle sie dazu nicht sagen.

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