Darum gehts
- Uber-Fahrer steht vor Gericht wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung von Fahrgästen
- Täter lockte alkoholisierte Frauen in sein Auto und zwang sie zu sexuellen Handlungen
- Staatsanwaltschaft fordert 9,5 Jahre Haft und 12 Jahre Landesverweis für den Angeklagten
Als sie am verwundbarsten waren und ihm vertrauten, soll er sich an ihnen vergangen haben: Der Ostschweizer Chauffeur Kenan T.* (44) sollte seine Fahrgäste eigentlich sicher nach Hause bringen. Stattdessen soll er zwischen April und Juli 2024 in Zürich drei Frauen in seinem Opel Zafira entführt, eingesperrt und sexuell belästigt oder gar vergewaltigt haben. Am Donnerstag musste er sich vor dem Bezirksgericht in Zürich verantworten.
Frisch rasiert, im weissen Hemd und sichtlich nervös erschien der Beschuldigte vor Gericht. Während die Opfer aussagten, musste er jeweils den Saal verlassen. Ihre Schilderungen? Erschütternd!
Zu Oralverkehr gezwungen
Talia H.* (33) – sein drittes Opfer – schilderte, sie sei nach der Arbeit in sein Auto gestiegen und habe sofort ein schlechtes Gefühl gehabt. Während der Fahrt habe er ihr an den Genitalien gefasst. «Als wir anhielten, wollte ich aussteigen, doch die Tür war verriegelt.» Dann habe er sie gepackt und auf den Mund geküsst. «Ich sagte Nein, Nein, Nein!» Als sich die Tür öffnete, flüchtete sie panisch.
Opfer Nummer zwei – Corinne L.* (32) – erinnerte sich kaum noch an die Tatnacht. Sie soll gemäss Anklage alkoholisiert und berauscht gewesen sein. Dennoch war sie sich sicher: «Er hat mich gefahren. Danach ist alles schwarz.» Am nächsten Tag sei sie wund gewesen. Ermittler rekonstruierten, dass Corinne L. über zweieinhalb Stunden in seinem Auto unterwegs war. In ihrem Slip fand man seine DNA.
Das erste Opfer – Maria M.* (25) – sagte vor Gericht, dass sie nach dem Ausgang betrunken war und nur noch heimwollte. «Der Beschuldigte fuhr vor und fragte mich, ob ich einen Uber will. Ich stieg ein. Er begann gleich, meine Oberschenkel zu streicheln.»
Weiter erklärte Maria M.: «Ich weinte und drehte mich weg.» Unterwegs sei sie zwischendurch eingeschlafen. Wieder wach stellte sie fest, «dass seine Hose offen war, ich sah seinen Penis.» Kenan T. habe sie zu Oralsex gezwungen «Ich hatte Angst, dass er mich vergewaltigt.» Erst mit einem Trick gelang ihr die Flucht.
«Er war nicht Fahrer – er war Jäger!»
Der Beschuldigte hingegen präsentierte sich als Missverstandener. «Ich dachte, sie wollte es. Sie hat es gerne gemacht», behauptete Kenan T. Als der Richter ihn auf seine widersprüchlichen Aussagen ansprach, sagte er: «Ich habe mich geschämt. Ich wollte nichts Sexuelles tun.» Er gab aber zu, von einer schlafenden Kundin – Corinne L. – Twint-Zahlungen abgebucht und sie gefilmt zu haben – «ohne böse Absicht», so Kenan T.
Der Staatsanwalt hielt dagegen: «Er küsste die Frauen gegen ihren Willen, schloss sie ein, nutzte ihre körperliche Unterlegenheit aus.» DNA-Spuren, Handy-Ortungen und Aussagen zeigten ein klares Muster. Die Forderung: 9,5 Jahre Haft und 12 Jahre Landesverweis. «Wenn wir in einem solchen Fall nicht ausweisen, in welchem dann?»
Beim Beschuldigten handelt es sich um einen gebürtigen Mazedonier mit italienischer Staatsbürgerschaft. Er wohnt seit 2014 zusammen mit seiner Frau und einem Sohn in der Schweiz.
Die Anwältin von Maria M. sagte: «Meine Mandantin musste sich entscheiden: lieber einen Blowjob geben, als vergewaltigt werden. Der Beschuldigte wollte kein Geld verdienen – er war auf der Jagd nach Sex!» Sie verlangt 20’000 Franken Genugtuung.
Verteidiger fordert Freispruch
Ganz anders der Verteidiger von Kenan T.: Er forderte Freisprüche für Entführung, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung. Nur «sexuelle Belästigung» und «betrügerischer Missbrauch einer Datenanlage» seien haltbar. Der Anwalt erklärte: «Die Berührungen waren gut gemeint.» Und zum Vorfall mit Maria T.: «Mein Mandant merkte nicht, dass sie das nicht wollte – darum fragte er danach, ob sie noch ein bisschen ficken wolle.»
Nach einem rund zehnstündigen Prozess erklärte Kenan T. in seinem Schlusswort: «Ich bitte bei allen um Verzeihung, die ich beleidigt habe. Ich verspreche, das kommt nie mehr vor. Ich bereue sehr stark.»
Das Urteil soll am 7. November folgen. Bis zu einem rechtskräftigen Entscheid gilt die Unschuldsvermutung.
Mit dem Schlusswort geht der Prozess zu Ende. Das Urteil soll am Freitag, dem 7. November um 11 Uhr eröffnet werden.
«Ich bereue sehr stark»
Ich Schlusswort zeigt der Beschuldigte tatsächlich Einsicht. «Ich bitte bei allen um Verzeihung, die ich beleidigt habe. Ich verspreche, das kommt nie mehr vor. Ich bereue sehr stark.»
Die Anwälte kreuzen weiter die Klingen
Die Verhandlung dauert mittlerweile 10 Stunden, Verteidiger, Opferawältinnen und Staatsanwalt kreuzen noch immer die Klingen. Die Zuschauer warten geduldig auf das Schlusswort des Beschuldigten. Zeigt er Einsicht, dass sein Verhalten unglaublich unangemessen und übergriffig gewesen ist? Hat er begriffen, dass er bei den jungen Frauen ein schlimmes Trauma verursacht hat?
Entführung? Anwalt meint nein.
Der Anwalt sagt, dass keine der Privatklägerinnen jemals im Auto eingeschlossen gewesen war. «Keine der Frauen äusserte den Wunsch, dass sie aussteigen wollten.» In dem Auto könne man gar nicht die Türen so verschliessen, dass man nicht von innen öffnen kann.
Die Berührungen bei dem jüngsten Opfer habe er nur gut gemeint. «Er wollte die weinende Frau nur trösten. Es war keine sexuelle Absicht dabei», sagt der Anwalt. Er sieht keine sexuelle Nötigung, sondern höchstens sexuelle Belästigung als angemessen. Er habe keinen Druck ausgeübt. Der Anwalt hält seinem Mandanten einen tiefen IQ vor. «Er merkte nicht, dass die Frau ihm gegen ihren Willen ihm eins geblasen hatte. Darum fragte er ja danach noch, ob sie noch «ein bisschen ficken» wolle. Strafrechtlich könne man seinem Mandanten weder Nötigung noch Vergewaltigung vorwerfen.
«Die Berührungen waren doch gut gemeint»
Der Anwalt wirft dem ersten Opfer vor, dass sie nicht nur betrunken gewesen war, sondern auch Cannabis konsumiert hatte. «Sie konnte sich an nichts Konkretes erinnern», sagt der Anwalt. Er findet auch, dass die Berührungen seines Mandanten gut gemeint waren. Auch, dass er den erigierten Penis hervorgeholt hatte, sei ja nur ein Zeichen gewesen, dass er gerne Sex möchte. Der Anwalt sieht in der doch eher ungewöhnlichen Aufforderung nichts Ungewöhnliches. Sein Mandant habe ja auch ihren Kopf nicht runtergedrückt, während sie den Blow-Job ausführte. Es sei kein Druck ausgeführt worden.
Verteidiger fordert krass mildere Beurteilung
Der Verteidiger von Kenan T. fordert für seinen Mandanten Freisprüche für Entführung, sexuelle Nötigung, versuchte Vergewaltigung. Er sieht sexuelle Belästigung, betrügerischer Missbrauch einer Datenanlage, als angemessen. Er fordert eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen von 80 Franken und eine Busse von 1000 Franken. Auch eine Landesverweisung sieht er nicht als angebracht. Das Kontaktverbot und das Berufsverbot seieh nicht angemessen..
Kurze Pause
Jetzt folgt eine kurze Pause, dann verliest der Verteidiger sein Plädoyer.
Zweite Opferanwältin macht schwere Vorwürfe
Die zweite Opferanwältin macht dem Beschuldigten schwere Vorwürfe. «Er hatte meine Mandantin zwei Stunden wehrlos im Auto. Die Polizei hat nicht nur an der Slip-Innenseite seine DNA-Spuren gefunden, sondern auch am Unterbauch und an den Schenkelinnenseiten. Statt sie in ihrem schlechten Zustand in ein Spital zu bringen, rief er die Polizei an, um ihre Adresse rauszufinden und sie schlecht zu machen. Dann hat er noch zweimal 50 Franken entwendet. Wie skrupellos ist so ein Mensch?»
Genugtuung und Schadenersatz
Die Opferanwältin fordert für ihre Mandantin eine Genugtuung von 20'000 Franken. «Ihre Lebensqualität ist seit dem Übergriff stark gesunken. Wieder ein normales Sexualleben zu haben, ist schwierig, schon die reine Anwesenheit eines Mannes verunsichert sie. Sie leidet unter sozialen Ängsten.» Sie bedankt sich bei der Polizei, dass man den Täter noch Monate nach der Tat ausfindig machen konnte. «Danke, dass sie ihn wortwörtlich aus dem Verkehr gezogen haben.»
«Er war auf der Jagd nach Sex!»
«Lieber einen Blow-Job geben, als vergewaltigt werden», in dieser Situation war meine Mandantin, sagt die Opferanwältin der ersten Privatklägerin. «Der jungen Frau passierte der schlimmste Alptraum. Der Beschuldigte wollte kein Geld verdienen, er war auf der Jagd nach Sex. Er berührte Brüste, Beine und Hals und zwang meine Mandantin zu Oralsex. Es war keine Sekunde einvernehmlich. Glauben sie wirklich, dass eine junge attraktive Frau nach dem Ausgang einen wildfremden Penis in den Mund nehmen möchte eines Taxifahrers, der ihr Vater sein könnte?», fragt die Anwältin. «Ich habe noch nie eine unglaubwürdigere Schutzbehauptung gehört.»
* Alle Namen geändert das