Reise-Ombudsmann über sture Airlines, Tipps für sorgenfreie Ferien – und nörgelnde Schweizer
«Die ältere Generation ist heikel geworden»

Walter Kunz vermittelt zwischen Konsumenten und Reisebranche. Im Gespräch nervt er sich über Fluggesellschaften, erzählt von aussergewöhnlichen Beschwerdefällen und gibt Reisenden einen wichtigen Rat.
Publiziert: 20.07.2025 um 02:09 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2025 um 10:26 Uhr
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Reiseombudsmann Walter Kunz vor einer Weltkarte in seinem Büro in Zürich.
Foto: Linda Käsbohrer

Darum gehts

  • Reiseombudsmann Walter Kunz kennt die Ferienprobleme der Schweizerinnen und Schweizer
  • Einmal holte er eine Rückerstattung von 60'000 Franken heraus
  • Ältere Kunden seien besonders heikel. Er selbst nervt sich zurzeit aber mehr über die Fluggesellschaften
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Sie behandeln knapp 1000 Beschwerden pro Jahr. Worüber nörgeln Schweizerinnen und Schweizer am häufigsten?
Walter Kunz:
Über die Fluggesellschaften, das Essen, die Sauberkeit – und erstaunlicherweise auch immer wieder: das Wetter.

Die Leute beschweren sich beim Reiseombudsmann über das Wetter?
Das kommt tatsächlich vor. Natürlich kann ich da nichts tun. Es gibt keine Entschädigung für entgangene Ferienfreuden.

Nerven Sie sich über solche Kunden?
Nerven nicht. Aber Anfragen dieser Art muss ich relativ resolut abweisen.

Gibt es Bevölkerungsgruppen, die besonders häufig motzen?
Die ältere Generation. Sie ist sehr anspruchsvoll, wenn nicht schon heikel geworden. Passt ihnen etwas Kleines nicht, wird umgehend reklamiert. Ist das Anliegen berechtigt, versuchen wir zu helfen.

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Meist lässt sich etwas machen, ja.

Wie oft holen Sie bei Streitfällen Rückerstattungen heraus?
Es muss nicht immer ein Barbetrag sein. Die höchste Rückerstattung, die ich bei einer Mediation erwirken konnte, war 60'000 Franken.

60'000 Franken?
Es handelte sich um eine zweiwöchige Luxusreise für zwei Personen, die fast eine Viertelmillion gekostet hat. First-Class-Flug, Privattransfer auf eine Insel, ein Wasserbungalow inklusive eigenem Butler.

Und was war das Problem?
Die Kunden fühlten sich falsch beraten und auf der Nachbarinsel wurde Tag und Nacht Abfall verbrannt. Das hatte zur Folge, dass die beiden in einen anderen Bungalow auf der gegenüberliegenden Seite der Insel umziehen wollten, der aber weit weniger kostete als der ursprünglich gebuchte. Die Kunden forderten vom Veranstalter 80’000 Franken zurück – der Anbieter offerierte aber nur 20'000 Franken. Am Ende konnten wir mit unserer Mediation einen Kompromissvorschlag von 60'000 Franken erzielen.

Meist geht es bei Ihren Fällen aber wahrscheinlich um sehr viel weniger Geld, oder?
Ja. Gestern zum Beispiel beschwerte sich eine Frau, dass ihr Kind im Flugzeug das vorbestellte Vegi-Menü nicht erhielt, weil es während der Essensausgabe geschlafen hatte. Die Swiss entschuldigte sich und entschädigte die Mutter mit 200 Franken. Das finde ich in Ordnung.

Ein Drittel aller Anfragen an Sie betreffen Flüge, also zum Beispiel Rückerstattungen oder verspätete Gepäckstücke.
Wir werden regelrecht überhäuft damit – Tendenz steigend. Der Ombudsmann ist aber lediglich zuständig, wenn der Flug über ein Reisebüro oder einen Veranstalter in der Schweiz gebucht wurde. Ich war bereit, dies zu ändern und sämtliche Flugfälle zu bearbeiten. Darum habe ich den Airlines ein Angebot unterbreitet: Wir vermitteln, ihr entschädigt uns dafür.

Sind sie darauf eingegangen?
Leider nicht. Ich empfinde das gegenüber den eigenen Kunden als Affront. Zumal das Bundesamt für Zivilluftfahrt völlig überlastet mit Anfragen von Passagieren ist. Die Antwortzeiten betragen bis zu zwölf Monate! Heute Morgen sagte eine Kundin, dass die Fluggesellschaft Swiss doch besser auf Schöggeli-Werbung verzichten und dafür einen anständigen Kundendienst einrichten sollte. Da konnte ich ihr leider nicht widersprechen.

Was raten Sie Reisenden?
Buchen Sie Ihre Flüge stets bei Schweizer Anbietern. Dann können wir im Streitfall helfen. Aber Vorsicht! Die CH-Endung auf einer Website bedeutete nicht automatisch, dass es sich tatsächlich um ein Schweizer Unternehmen handelt. Sehen Sie immer im Impressum nach, ob der juristische Sitz des Anbieters auch wirklich in der Schweiz liegt. Lassen Sie unbedingt die Finger von irgendwelchen unbekannten Billiganbietern im Internet.

Seit Juli 2024 sind Sie auch zuständig für Streitfälle zwischen Feriengästen und Hotels oder Ferienwohnungen in der Schweiz. Welche Probleme begegnen Ihnen da am häufigsten?
Oft sind kulturelle Unterschiede der Auslöser für Konflikte. Andere Kulturen etwa haben ein ganz anderes Verständnis beim Reisen. Die kochen sich dann zum Beispiel im Hotelzimmer etwas mit dem Gaskocher, bis der Rauchmelder losgeht. Oder sie buchen zwei Doppelzimmer und reisen mit acht Personen an. Das geht natürlich nicht.

Nichts tun können Sie bei Buchungen über Airbnb. Warum nicht?
Ähnlich wie bei den Fluggesellschaften haben wir Airbnb offeriert, die Mediationen gegen eine Entschädigung zu übernehmen. Wir haben zwar Gespräche über eine Zusammenarbeit geführt – übrigens auch mit Booking –, die sind zurzeit aber auf Eis gelegt. Ich vermute, dass die zwei Anbieter keine Begehrlichkeiten auslösen wollten. Würden wir die Aufgabe in der Schweiz übernehmen, kämen wohl ähnliche Begehren aus anderen europäischen Ländern auf.

Sie sind selbst gerade aus den Ferien zurückgekehrt. Wo entspannt der Reiseombudsmann?
Ich war in Portugal. Eine Woche in Aroeira südlich von Lissabon und eine Woche in Cascais westlich der Hauptstadt.

Südeuropa – der Klassiker.
Ich mache gerne da Ferien, wo ich Golf spielen kann. Es ist der Lieblingssport von meiner Frau und mir. Golfen, gutes Essen und ein feiner Wein – dann bin ich zufrieden.

Wohin würden Sie nie verreisen?
Ich bin grundsätzlich offen für alles.

Ihr Vorgänger warnte vor Trips auf die Balearen, nach Ägypten und Griechenland: zu überfüllt. Gibt es keine Destinationen, von denen Sie abraten?
Es liegt mir fern, den Leuten vorzuschreiben, wo sie die Ferien verbringen sollen. Selbst wenn jemand nach Russland will, ist das seine eigene Entscheidung. Wo ich meinem Vorgänger hingegen recht gebe: Der Übertourismus an vielen Orten ist ein Problem. Ich finde es gut, wenn wir alle etwas dagegen unternehmen.

Was schlagen Sie vor?
Die Besuchermassen an gewissen Hotspots müssen beschränkt werden. Tourismus soll nachhaltig sein und sowohl den Touristen als auch den Menschen vor Ort etwas bringen. Nehmen wir zum Beispiel die Inkastadt Machu Picchu in Peru. Dort müssen Besucher ein Ticket lösen. Das musste sein, um den Ansturm zu reglementieren.

Zum Schluss: Welches sind Ihre drei wichtigsten Tipps für sorgenfreie Ferien?
Erstens: Setzen Sie sich vor der Reise mit der Destination auseinander. Was sind die Gepflogenheiten? Welche Regeln gelten? So ersparen Sie sich viel Ärger. Zweitens: Kleinigkeiten: Nehmen Sie im Handgepäck zum Beispiel immer eine Zahnbürste und Unterwäsche für einen Tag mit. Das erleichtert vieles, wenn mal mit dem Gepäck nicht alles nach Plan läuft.

Und drittens?
Ich habe es schon erwähnt, aber es ist mir wirklich ein Anliegen: Buchen Sie über einen Schweizer Anbieter. Ich arbeite jetzt seit über 40 Jahren in der Reisebranche und es gibt noch immer irgendwelche dubiosen Plattformen, von denen ich in meinem Leben noch nie gehört habe. Wer solche Anbieter nutzt, nur um ein paar Fränkli zu sparen, der muss sich nicht wundern, wenn er in Probleme hineinläuft.

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