Prozess in Bellinzona – Freispruch für Polizisten
«Sie haben einen Fehler gemacht, handelten aber nicht vorsätzlich»

Zwei Tessiner Polizisten standen in Bellinzona vor Gericht, weil sie Staatsrat Norman Gobbi nach einem Unfall auf der A2 angeblich geschützt haben sollen. Der Vorwurf: Behinderung der Strafverfolgung. Nun wurden sie freigesprochen.
Publiziert: 15.10.2025 um 14:57 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2025 um 18:07 Uhr
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Der Staatsrat wurde im November 2023 von einem anderen Fahrzeug angefahren.
Foto: keystone-sda.ch
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Zwei Tessiner Polizisten sollen Staatsrat Norman Gobbi (48) bei einem Verkehrsunfall «gedeckt» haben. Am Mittwochmorgen wurde gegen sie in Bellinzona TI der Prozess eröffnet. Am Abend dann das Urteil: Die Polizisten sind freigesprochen. 

Die beiden Männer mit Führungsfunktion bei der Polizei mussten sich wegen Behinderung der Strafverfolgung bei einem Vorfall verantworten, der sich am 14. November 2023 auf der Autobahn A2 auf der Höhe von Airolo (Leventina) ereignet hatte. An jenem Abend wurde Gobbi, der für das Justizdepartement zuständig war, gegen 23.30 Uhr von einem in Deutschland zugelassenen Fahrzeug angefahren. 

Bei der Ankunft der Polizeipatrouille, die vom Staatsrat selbst gegen Mitternacht alarmiert worden war, unterzogen die beschuldigten Beamten den Staatsrat einem ersten Alkoholtest. Zu diesem Zeitpunkt war Gobbi der Vorgesetzte der beiden Beamten, die ihn kontrollierten, da er die Kantonspolizei leitete.

Niedrigerer Wert nach zwei Stunden

Eine zweite Patrouille, die zur Unterstützung gerufen wurde, führte mehr als zwei Stunden später einen weiteren Test durch, der einen etwas niedrigeren Wert ergab (0,24 mg/l gegenüber 0,28 mg/l). 

Laut Generalstaatsanwalt Andrea Pagani, der die Anklage wegen Behinderung der Strafverfolgung formulierte, hätte der Staatsrat einer Blutuntersuchung unterzogen werden müssen, wie es das Gesetz vorsieht, wenn der Alkoholgrenzwert 0,15 mg/l übersteigt – eine Untersuchung, die die Angeklagten nicht für nötig hielten. Laut damaligen Tessiner Medienberichten wurde Gobbi – Vorsteher des kantonalen Justiz- und Polizeidepartements – nicht namentlich auf dem Unfallprotokoll aufgeführt.

Polizisten wollten Gobbi nicht bevorzugen

Am Mittwoch gaben nun die beiden 40 und 47 Jahre alten Beamten während ihrer Vernehmung vor dem Strafgericht Bellinzona an, dass sie keineswegs die Absicht hatten, Gobbi, den sie nicht persönlich kannten, zu bevorzugen.

«Sein Verhalten war nicht ungewöhnlich, er hatte den Unfall selbst erlitten und die Polizei alarmiert, und wir fanden es übertrieben, ihn mitten in der Nacht ins Spital von Bellinzona zu fahren, um ihn einer Blutanalyse zu unterziehen», sagten sie.

Urteil am Mittwochabend

Staatsanwalt Pagani bestätigte seine Anklage wegen Behinderung der Strafverfolgung und forderte für die beiden Männer 30 Tagessätze auf Bewährung für zwei Jahre. Die Anwälte der beiden Beamten plädierten ihrerseits auf Freispruch für ihre Mandanten. 

Die Präsidentin des Strafgerichts von Bellinzona, Elettra Bernasconi Matti, sprach einen Freispruch aus. Sie war der Ansicht, dass die beiden 40- und 47-jährigen Angeklagten nicht vorsätzlich gehandelt hätten. «Sie haben einen Fehler gemacht.»

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