«Innerhalb einer Stunde war alles durch»
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Influencerin und Ex schuldig:«Innerhalb einer Stunde war alles durch»

Luxusleben auf Kosten von Reiseversicherungen
Thurgauer Influencerin ergaunert 60'000 Franken

Ein Paar aus Frauenfeld steht vor Gericht, weil es mehrfach Reiseabsagen vorgetäuscht haben soll. In nur vier Monaten kassierten die zwei so fast 60'000 Franken von acht verschiedenen Versicherungen. Blick tickert den Prozess live.
Publiziert: 11.08.2025 um 19:58 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2025 um 10:10 Uhr
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Die Influencerin Zeynep H.* (41) postete auch glamouröse Bilder aus den Bergen – diese sind zum Teil stark bearbeitet.
Foto: Screenshot Instagram

Darum gehts

  • Paar betrog mehrere Reiseversicherungen mit gefälschten Stornierungen und Arztzeugnissen
  • Luxuriöser Lebensstil auf Instagram mit 30'000 Followern präsentiert
  • 60'000 Franken in vier Monaten ergaunert, Staatsanwaltschaft fordert 18 Monate bedingt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sandro ZulianReporter News
12.08.2025, 09:20 Uhr

Richter bedankt sich bei den Angeklagten

Der vorsitzende Richter erklärt sein Urteil. Mit den Geständnissen der beiden habe ein grosser Aufwand auch von seiten des Gerichts vermieden werden können. «Ich möchte mich dafür bedanken. Ich wünsche Ihnen alles Gute», sagt der Richter. So geht diese kurze Verhandlung zu Ende. 

Wir bedanken uns fürs Mitlesen und wünschen einen schönen Tag. 

12.08.2025, 09:18 Uhr

Auch Emilio H. ist schuldiggesprochen

Emilio H. wird des gewerbsmässigen und versuchten Betrugs schuldiggesprochen. Er kassiert ebenfalls einen Schuldspruch wegen Beschimpfung und Drohung. Das Gericht auferlegt ihm eine bedingte Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren. Die Probezeit beträgt bei ihm fünf Jahre. Unter anderem wegen seiner Vorstrafen kassiert er eine unbedingte Geldstrafe von 9000 Franken. Auch er muss seinen Anteil den geprellten Versicherungen zurückzahlen. Die Gerichts- und Verfahrenskosten in der Höhe von ungefähr 6000 Franken wird auch er zum Teil zahlen müssen.

12.08.2025, 09:14 Uhr

Zeynep H. schuldiggesprochen!

Das Bezirksgericht Frauenfeld spricht Zeynep H. des gewerbsmässigen und versuchten Betrugs schuldig! Sie kassiert eine bedingte Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren mit einer Probezeit von zwei Jahren. Sie muss den geprellten Versicherungen das Geld zurückzahlen. Ausserdem muss sie die Gerichts- und Verhandlungskosten berappen. 

12.08.2025, 09:11 Uhr

Es geht weiter

Das Urteil wird in wenigen Minuten verkündet.

12.08.2025, 08:57 Uhr

Verhandlung ist geschlossen

Die beschuldigten Personen verzichten auf ein Schlusswort. Das abgekürzte Verfahren lässt auch Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung wegfallen. 

Niemand möchte etwas Weiteres zum Fall sagen, ausser der Anwalt von Emilio H. «Ungewöhnlich» sei seine Bemerkung, leitet er ein. «Ich möchte mich bei der Staatsanwaltschaft bedanken, weil sie dieses Verfahren so förderlich vorangetrieben haben.» Der Richter stimmt ihm zu. «Das ist ungewöhnlich», sagt er. 

Die Verhandlung ist damit geschlossen. Die Richterinnen und Richter bitten die Anwesenden, den Saal zu verlassen. Das Urteil folgt zeitnah.

12.08.2025, 08:52 Uhr

Das haben sie getan

Zur Erinnerung: Zehntausende Franken haben die beiden von Versicherungen abgezogen, indem sie je verschiedene Reiseversicherungen abschlossen und dann stornierte Reisen mehrmals als Schaden angaben. Das haben sie zugegeben.

Die beiden Beschuldigten seien gemäss Anklageschrift schuldig zu sprechen, sollen die Versicherungsgelder zurückzahlen und akzeptieren — Stand jetzt – je eine bedingte Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren. Zudem müssen sie die Gerichts- und Verfahrenskosten zahlen. Emilio H. erwartet zudem eine unbedingte Geldstrafe von insgesamt 9000 Franken. 

12.08.2025, 08:48 Uhr

«Taliban»

Jetzt geht es noch um die Beschimpfung von Emilio H. Er soll einen Angestellten in seinem Restaurant aufs Gröbste beleidigt haben. Hierbei ist «Taliban» wohl noch der freundlichste Ausdruck, den Emilio H. seinem muslimischen Mitarbeiter an den Kopf geworfen hat. Blick verzichtet darauf, den Rest der Beschimpfungen hier wiederzugeben. 

«Ist das korrekt so?», fragt der Richter? «Ja», sagt der Beschuldigte.

12.08.2025, 08:44 Uhr

«Ja, das ist korrekt»

Im Schnellfeuer-Stil rattert der Richter die verschiedenen Vorwürfe aus der Anklageschrift runter, in denen die beiden Beschuldigten Reiseversicherungen beschissen haben sollen. «Hat sich das so abgespielt, Herr und Frau H.?», will der Richter wissen. «Ja, das ist korrekt», sagt Zeynep H. «Ja», sagt Emilio H. knapp.

Emilio H., der Gastronom, schaut auf sein Handy. Ab und zu kaut er an seinen Fingernägeln. «Ja, isch guet», sagt er auf die wiederkehrenden Fragen des Richters, der die gesamte Anklageschrift von den beiden bestätigt haben will. Da es sich hier um ein abgekürztes Verfahren handelt und die beiden durchgängig geständig sind, geht es jetzt nur noch um die Konfrontation der Straftatbestände und die Bestätigung derer. 

12.08.2025, 08:38 Uhr

Influencerin verdient 3000 Franken im Monat

Der Richter befragt die beschuldigte Influencerin Zeynep H.* (41). Der Richter will wissen, wo und als was sie genau arbeitet. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes schreibt Blick darüber nicht. Sie verdient mit ihren zwei Jobs um die 3000 Franken pro Monat, erklärt sie gegenüber dem Richter. 

Der Ex-Mann Emilio H.* (35) ist Gastronom. Er führt in Frauenfeld ein Restaurant. Seinen Lohn möchte er gegenüber dem Richter nicht verraten: «Ich kann es nicht sagen.» 

Jetzt konfrontiert der Richter die beiden Beschuldigten mit der Anklageschrift. Das Ex-Paar dürfte allen Punkten zustimmen, legten sie doch in der Vergangenheit ein umfassendes Geständnis ab.

*Namen geändert

12.08.2025, 08:31 Uhr

Beschuldigte gelassen, Ex-Mann ernst

Der Richter begrüsst die Anwesenden. Zeynep H. wirkt gelassen, grüsste im Foyer noch freundlich. Ihr Ex-Mann Emilio H. macht einen deutlich nervöseren und ernsteren Eindruck. Der Richter verliest die verschiedenen Formalitäten zu Beginn. 

Zeynep H.* (41) aus Frauenfeld lebt und liebt das schöne Leben. Auf Instagram hat sie fast 30'000 Follower und zeigt sich gerne an den schönen Orten der Welt. Cappuccino schlürfen in Italien, Yacht-Spotting in Monaco, Aussicht geniessen in Dubai. In einem ihrer Posts schreibt sie: «It's so easy» – es ist so einfach.

Einfach schien es ihr zu fallen, denn um schnell an viel Geld zu kommen, zockten sie und ihr Ex-Mann Emilio H.*, ein Gastronom, (35) gleich reihenweise Reiseversicherungen ab.

Axa, CSS, Helvetia, Baloise, Mobiliar und vier weitere Versicherungen gehören zu den betroffenen Unternehmen. Die Masche: Bei verschiedenen Anbietern parallel eine Reiseversicherung abschliessen und dann eine geplatzte Reise mehrmals als Schadenfall geltend machen.

So kassierten die beiden an die 60'000 Franken innert vier Monaten. Am Dienstag müssen sie sich vor dem Bezirksgericht Frauenfeld verantworten. Ihnen drohen bedingte Gefängnisstrafen.

«Es scheint sie nicht wahnsinnig zu beschäftigen»
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Blick-Reporter traf Zeynep H.*:«Es scheint sie nicht wahnsinnig zu beschäftigen»

Plötzlich floss das Geld – und wie

Für die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau ist in der Anklageschrift glasklar: Zeynep H. und ihr Ex-Mann Emilio H.* sollen sich des mehrfachen, gewerbsmässigen Betrugs und des versuchten Betrugs schuldig gemacht haben.

Angefangen hatte alles mit einer Reise nach Andermatt UR Anfang Februar 2021. «Zufolge Krankheit» hätten die beiden den fast 5000 Franken teuren Trip absagen müssen. Um das «Schadensereignis» zu dokumentieren, reichten sie Arztzeugnisse ein und meldeten den Fall erst bei der Allianz und dann auch bei der Helvetia an. Die Allianz zahlte knapp über 4000 Franken, die Helvetia lehnte ab, «mangels Versicherungsdeckung».

Hier posiert die Influencerin vor dem Burj Al Arab Hotel in Dubai.
Foto: Screenshot Instagram

Ein harziger Start ins Betrügerleben. Doch das Paar machte weiter. Anfang März 2021 waren die beiden erfolgreicher. Eine zehntägige Reise nach Livigno (I) für 5500 Franken annullierten sie ebenfalls wegen Krankheit, so die Anklageschrift. Sie meldeten den Schadenfall bei der Helvetia, der Baloise und bei der Allianz an und reichten Arztzeugnisse, Buchungs-, Zahlungs- und Stornierungsbestätigungen ein.

Und dann – floss das Geld. Die Helvetia zahlte 5800 Franken, die Allianz 6300 Franken und die Baloise über 6500 Franken.

«Nicht besonders raffiniert»

Schnell ging es weiter. Wieder war es eine Krankheit, die den beiden angeblich eine Reise nach Locarno TI Mitte April 2021 vermieste. Die Kosten für sechs Tage Ferien am Lago Maggiore: 7200 Franken. Diesen Betrag meldeten sie parallel der Axa, der Zurich, der CSS, dem TCS und der ERV (Europäische Reiseversicherung). Und wieder floss das Geld. Alle Versicherungen zahlten praktisch den gesamten «Schaden» von über 7000 Franken. Doch langsam flog der Schwindel auf. Die Helvetia lehnte die Auszahlung ab. Grund: «Betrugsverdacht».

Im August 2021 kam es zum letzten Betrugsversuch. Eine Reise nach Italien wurde einmal mehr wegen Krankheit abgesagt. Gemäss Anklageschrift wusste das Paar, dass es von der Versicherung nur die Stornierungskosten zugute gehabt hätte. Dennoch gaben sie den vollen Betrag für die geplanten Hotelübernachtungen bei der Mobiliar an. Die Staatsanwaltschaft nennt das: «Nicht besonders raffiniert.»

Anderthalb Jahre Knast gefordert – bedingt

Die fast 60'000 Franken, die das ehemalige Paar anhäufte, brauchte es gemäss Staatsanwaltschaft, um die Spielschulden von Emilio H. zu tilgen. Die beiden «finanzierten damit jedoch auch allgemeine Haushaltskosten und neue Möbel».

Am Dienstag stehen Zeynep H. und Emilio H. wegen gewerbsmässigen Betrugs und versuchten Betrugs vor dem Bezirksgericht Frauenfeld TG. Die Staatsanwaltschaft fordert bei Zeynep H. anderthalb Jahre Knast, bedingt aufgeschoben zugunsten einer Probezeit von drei Jahren.

Angeklagte haben Geständnis abgelegt

Für den Ex-Partner Emilio H. werden ebenfalls anderthalb Jahre bedingt gefordert. Die Probezeit beträgt bei ihm fünf Jahre.

Ihm wird zudem mehrfache Drohung und Beschimpfung vorgeworfen, weil er in seinem Restaurant in Frauenfeld einen Angestellten beleidigt und bedroht haben soll. Er soll zudem eine unbedingte Geldstrafe in Höhe von 9000 Franken zahlen.

Einer der acht betrogenen Privatklägerinnen: die Helvetia.
Foto: keystone-sda.ch

Die acht betrogenen Versicherungen wollen ihr Geld zurück. Es stehen Forderungen von mehreren 10'000 Franken im Raum.

Die beiden Beschuldigten haben gemäss Anklageschrift ein umfassendes Geständnis abgelegt, das Verfahren wird abgekürzt geführt. Gegenüber Blick wollten sich beide nicht äussern. Zeynep H.s Instagram-Profil ist mittlerweile nicht mehr auffindbar. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Verhandlung am Bezirksgericht Frauenfeld beginnt am Dienstag um 08.30 Uhr. Blick berichtet live.

*Namen geändert 

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