Besitzer empört
Ostschweizer Werkstatt fährt Kunden-Jaguar fast 1000 Kilometer

Während Martin Vetters Luxus-SUV in der Reparatur war, wurde es anscheinend rege verwendet. Das zeigt der Fahrtenleser.
Publiziert: 19.08.2025 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 19.08.2025 um 13:51 Uhr
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Jede Fahrt des Jaguars wurde von der App aufgezeichnet. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

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Valentin Grünig
Beobachter

Alles begann mit einer Pushnachricht: Sein Jaguar I-Pace HSE sei nicht abgeschlossen, meldete die App Martin Vetter, der eigentlich anders heisst. Kein Problem, dachte sich der St. Galler IT-Fachmann, schliesslich hatte er das Auto zur Reparatur in der Garage abgegeben.

Doch eine andere Angabe auf der App machte ihn stutzig: Der Wagen befand sich 60 Kilometer von der Werkstatt entfernt. Martin Vetter wurde neugierig. 

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Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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App sammelt Fahrtdaten

Die Jaguar-App dokumentiert jede Fahrt: Start- und Zielort, Parkdauer und gefahrene Kilometer. Vetter begann, die Bewegungen seines Autos während der Reparatur zu protokollieren. Die gesammelten Fahrtdaten liegen dem Beobachter vor.

204 Tage in Reparatur

Der St. Galler und sein Edel-SUV, es ist eine komplizierte Beziehung. «Ich hatte mit dem Wagen von Anfang an nur Probleme», sagt der 33-Jährige. Mal hiess die Fehlermeldung «Fahrzeug sicher anhalten – Batterie Fehler erkannt», mal «Empfindlichkeit Bremspedal reduziert», begleitet von ständig blinkenden Lichtern.

Weil die Mängel unter Garantie liefen, kam als Reparaturwerkstatt nur der offizielle Jaguar-Partner in Frage. Emil Frey St. Gallen. Seit dem Kauf des Wagens im Juli 2023 war das Auto 20-mal in Reparatur – für insgesamt 204 Tage. 

«Da hat einer meinen Wagen für private Zwecke genutzt»

Was Vetter auffiel: An mehreren Abenden wurde der Jaguar an derselben privaten Adresse am Bodensee abgestellt. Am nächsten Morgen fuhr das Fahrzeug zurück in die Werkstatt in St. Gallen. Vetter vermutet: «Da hat einer meinen Wagen für private Zwecke genutzt.»

Aber anscheinend nicht nur: Gemäss Fahrten-App parkierte der Jaguar abends vor Restaurants und einer Sekundarschule. An einem Mittag wurde eine Spritztour zu Burger King aufgezeichnet. Zusammengerechnet sind die Garagisten über 950 Kilometer mit Vetters Wagen gefahren. 

Vetter wollte die Beziehung zu seinem Garagisten nicht gefährden und beobachtete erst mal nur im Stillen weiter. Nach weiteren Werkstattbesuchen entdeckte er physische Spuren am Fahrzeug: Kratzer am Autoschlüssel und auf der Rückbank. Er dokumentierte die Schäden mit Fotos – auch diese liegen dem Beobachter vor. Als er sein Auto wieder einmal von der Garage abholen wollte, entdeckte er einen Parkschaden und liess das Auto in der Garage stehen.

Parkiert auf Kundenkosten

Erst nach einem Vorfall im Parkhaus Einstein in St. Gallen verlor er die Geduld. Über seine Twint-App konnte er in Echtzeit mitverfolgen, wie sein Fahrzeug auf seine Kosten parkiert wurde. Das Auto ist mit Parkingpay verbunden – einer Funktion, die per Nummernschilderkennung automatisch Schranken öffnet und Parkgebühren abbucht.

Vetter beschwerte sich beim Geschäftsführer. Dieser versicherte ihm, er werde wegen der Fahrten mit den Leuten von der Werkstatt sprechen. Und die Parkgebühren zurückzahlen. Tatsächlich bekam Vetter das Geld. Bezüglich der Fahrten erfuhr er hingegen nie mehr etwas. 

Längere Testfahrten

Gegenüber dem Beobachter äussert sich Peter Hug, Leiter der Unternehmensdienste bei Emil Frey. «Branchenüblich können Kundenfahrzeuge vom zuständigen Diagnostiker oder vom Werkstattchef für ausgedehntere Testfahrten am Abend auch nach Hause genommen werden», schreibt er. Solche Fahrten seien wichtig und würden dem Kunden kommuniziert; dies sei auch bei Herrn Vetter geschehen. 

Die Parkgebühr sei entstanden, weil die Testfahrt mit einem anderen Termin verbunden wurde. Zu den Kratzspuren am Schlüssel und auf der Armatur sowie zum durch die Fahrten verursachten Wertverlust nimmt Emil Frey nicht Stellung.

Nur mit ausdrücklicher Zustimmung

Der Auto-Gewerbe-Verband Schweiz (AGVS) schreibt auf Anfrage: «Eine Garage darf Probefahrten zur Kontrolle der Reparaturarbeiten, Fahrten für technische Tests oder die Überführung zur Motorfahrzeugkontrolle (MFK) durchführen.»

Private Fahrten ohne betrieblichen Bezug seien hingegen grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt.

Keine Wahl wegen Garantie

Vetter sagt, er sei nie darüber informiert worden, dass ein Werkstattmitarbeiter sein Auto zu sich nach Hause nimmt. Sein Vertrauen in die Garage ist mehr als nur angekratzt. «Ich kann nur hoffen, dass ich ihren Service in Zukunft nicht mehr benötige.» Solange die Probleme an seinem Jaguar jedoch unter Garantie laufen, muss er ihn – ob er will oder nicht – wieder zur Emil Frey in St. Gallen bringen.

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