Paradox: Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter verhandelte sachlich und berechenbar mit US-Präsident Donald Trump. Genau deshalb scheiterte sie – und erhielt die höchsten Zölle Europas.
Klassische Diplomatie funktioniert mit Trump nicht. Seine Welt ist kreatives Chaos. Er ist erratisch, sagt heute dies, morgen das.
Trump ist ein New Yorker Immobilien-Tycoon. Er braucht keine soliden Argumente, sondern spektakuläre Siege, mit denen er prahlen kann. Ob diese in der Realität verankert sind, ist ihm zweitrangig.
Wer mit ihm verhandeln will, muss das verstehen – und sich entsprechend verhalten.
Die Schweiz hat das nicht begriffen, andere schon. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach, die EU werde in den nächsten drei Jahren amerikanische Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar einkaufen. Ein unrealistisches Versprechen, aber Trump konnte es verkünden. Ergebnis: Er sah gut aus. Und die EU bekam einen annehmbaren Deal.
Spektakuläre Versprechen statt nüchterne Sachpolitik
Die Schweiz muss aufhören, brav und korrekt zu sein. Statt nüchterner Sachpolitik braucht es Angebote, die Trump stark aussehen lassen: grosse Zahlen, spektakuläre Versprechen, die die Schweiz letztlich wenig kosten.
Warum nicht die grotesken 1000-Prozent-Zölle auf gewisse tierische Produkte auf null senken? Für Trump wäre das ein «phänomenaler Erfolg». Oder eine Zusage, nicht 36, sondern 100 F-35-Jets zu kaufen. Dass die Bevölkerung über beides irgendwann abstimmen müsste, wissen wir, ihn interessiert es nicht. Er will Schlagzeilen, kein Kleingedrucktes.
Zuletzt könnte die Schweiz die Fifa dorthin ziehen lassen, wo sie bereits vertreten ist – nach Miami in Florida.
Natürlich braucht es für diese Taktik Chutzpe, etwas Bluff, vielleicht sogar charmante Lügen. Aber wer mit Trump weiter korrekt verhandelt, wird weiter korrekt verlieren. Er mag weder Bünzli noch Musterschüler.
Wer die Zölle loswerden will, muss nach Trumps Spielregeln spielen. In seiner chaotisch-kreativen Welt gewinnt nicht der ehrlichste, sondern der cleverste Dealer.