Der wohl bekannteste Fall von hoher Bergsturzgefahr liegt aktuell in Brienz. Die rund 80 Einwohnenden des Dorfes im Albulatal sind seit November wegen einer drohenden Steinlawine evakuiert. Aber nicht nur das. Der ganze Berg über dem Dorf wird seit Jahren intensiv überwacht und ist laut Angaben der zuständigen Gemeinde Albula/Alvra der «am besten überwachte Hang Europas».
Bereits im Frühling 2023 lösten sich dort rund 1,2 Millionen Kubikmeter Geröll und stoppten kurz vor der Siedlung. Auch damals wurden alle Einwohnenden frühzeitig evakuiert.
Dass dies nicht immer gelingt, zeigt das Beispiel des Bergsturzes in Bondo im Bergell. Acht Menschenleben forderte das Unglück am Piz Cengalo im Jahr 2017. Aus dessen Nordflanke stürzten damals drei Millionen Kubikmeter Fels – in Blatten VS waren es 3,5 Millionen Kubikmeter.
5100 Wohngebäude in Gefahrenzone
Weitere Gebiete mit einer erheblichen Fels- und Bergsturzgefahr finden sich zwischen Thusis und Andeer, im Rheinwald bei Sufers und Splügen, bei Savognin und Mulegns am Julierpass und im Engadin bei Pontresina und Samedan sowie in Susch, Lavin und Zernez. Ebenfalls mit Felsstürzen zu rechnen ist im Puschlav, Bergell und Misox, im Bündner Oberland, im Domleschg und nahe bei Chur in Felsberg. Dies zeigt ein Blick auf die interaktive Gefahrenkarte des Kantons Graubünden.
Von gesamthaft 170'000 Gebäuden im Kanton liegen zehn Prozent innerhalb von generellen Naturgefahrenzonen, wie dem kantonalen Leitfaden zu den Gefahrenkarten zu entnehmen ist. Von diesen Gebäuden ist ein Drittel bewohnt – das macht 5100 Wohngebäude, ein weiteres Drittel dieser zehn Prozent wird landwirtschaftlich genutzt, ein Fünftel ist Industrie und Gewerbe und der Rest wird anderweitig genutzt.
Neben Fels- und Bergstürzen drohen in Graubünden auch Gefahren durch Lawinen, Murgänge, Überschwemmungen, Rutschungen, Einstürze und Erdbeben. Letzteres berge das grösste Risiko, sagte der kantonale Naturgefahrenspezialist Urban Maissen Ende Mai zur «Südostschweiz». Ein Beben mit der Stärke 5,6 im Raum Chur könnte unzählige Todesopfer fordern und Schäden in Milliardenhöhe verursachen, sagte Maissen zur Tageszeitung.