Darum gehts
Den Zapfhahn zu bedienen, ist sich Thomas Amstutz (58) gewöhnt. Der Chef der Feldschlösschen AG erzählt, dass er am Mitarbeiterfest regelmässig selbst hinter dem Tresen steht – zusammen mit anderen Kadermitgliedern. Zu Hause sieht das anders aus: Dort verstaubt der Zapfhahn im Keller. Der Konsum des Schweizer Bierkönigs hat sich stark verändert: Amstutz sagt, er greife heute häufig zum Alkoholfreien. Und damit ist er nicht allein. Im Einzelhandel machen alkoholfreie Biere bei Feldschlösschen, das zur dänischen Carlsberg-Gruppe gehört, inzwischen zwölf Prozent des Absatzes aus – Tendenz steigend. Trotzdem nervt sich der CEO im Interview mit SonntagsBlick, wenn Alkohol verteufelt wird. «Jeder weiss, dass Bier Alkohol enthält, und niemand sagt, es sei ein Wundermittel. Aber es ist auch kein Feindbild. Die Konsumenten sind nicht doof», sagt Amstutz – der beim Gespräch zu Mineralwasser greift.
Herr Amstutz, der Sommer hat mit einer Hitzewelle begonnen – freut das den Bierkönig der Schweiz?
Ja und nein. Der Juni war fast ein bisschen zu heiss. Der Absatz von Wasser und alkoholfreiem Bier stieg um über 20 Prozent – Bier enttäuschte aber, wie schon im verregneten Vorjahr.
Hitze hemmt den Bierkonsum also genauso wie Hundewetter?
Genau. Bei 30 Grad würde ich auch keinen Alkohol trinken.
Derzeit sprudelt das Bier aber beim Fussball, auch bei vielen Public Viewings. Frauen-EM sei Dank!
Die Frauen-EM ist kein typischer Bierevent, sie zieht eher Familien an. Da gibt es klare Unterschiede zum Männerfussball. Solche Anlässe werden aber ohnehin überschätzt: 1 Million Liter zusätzlich konsumiertes Bier wirkt gemessen am Gesamtmarkt von 450 Millionen jährlich marginal.
Selbst wenn der Anlass im eigenen Land steigt? Während der Euro 2008 hat Feldschlösschen 20 Prozent mehr Bier verkauft.
Das war den ausländischen Fans zu verdanken. Denken Sie nur an die Tausenden Holland-Fans in Bern, die die ganze Stadt leer getrunken haben. Das bringt Umsatz, aber nur während der Turnierwochen. Auf ein ganzes Jahr gerechnet ist das nicht entscheidend.
Thomas Amstutz (58) ist seit fast 20 Jahren Chef der Feldschlösschen Getränke AG – mit einem Unterbruch von zwei Jahren, in denen er die Geschicke der grössten französischen Brauerei Kronenbourg leitete. Zuvor war Amstutz beim Konsumgütermulti Unilever und beim Schweizer Lebensmittelkonzern Hero tätig. Der in Aarberg im Berner Seeland geborene Amstutz spielte früher Handball in der Nationalliga A (Otmar St. Gallen), jasst für sein Leben gerne, ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Er wohnt in Zürich.
Thomas Amstutz (58) ist seit fast 20 Jahren Chef der Feldschlösschen Getränke AG – mit einem Unterbruch von zwei Jahren, in denen er die Geschicke der grössten französischen Brauerei Kronenbourg leitete. Zuvor war Amstutz beim Konsumgütermulti Unilever und beim Schweizer Lebensmittelkonzern Hero tätig. Der in Aarberg im Berner Seeland geborene Amstutz spielte früher Handball in der Nationalliga A (Otmar St. Gallen), jasst für sein Leben gerne, ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Er wohnt in Zürich.
Eine Fussball-EM ist für das Geschäft also nicht relevant – bei den Frauen noch weniger als bei den Männern.
Das habe ich nicht gesagt. Die Frauen-EM ist für uns relevant. Wir sind beim Turnier mit Pepsi als Sponsor sehr präsent.
Steht Ihr Sponsoring mit Pepsi sinnbildlich dafür, dass generell immer weniger Alkohol konsumiert wird?
Es stimmt, der Alkoholkonsum nimmt von Generation zu Generation weiter ab. Der Trend geht klar in Richtung Natürlichkeit und Gesundheitsbewusstsein. Da müssen wir als Brauerei mitgehen.
Wie machen Sie das?
Wir haben unser Portfolio früh erweitert, alkoholfreies Bier pushen wir seit acht Jahren. Deshalb haben wir auch Pepsi übernommen – und wollen die Marke nun gezielt aufbauen.
Was ist gesünder: ein Bier oder ein Pepsi?
Das kann man so pauschal nicht sagen.
Sie sagen, die Gesellschaft wolle gesündere Produkte.
Deshalb setzen wir auf Pepsi ohne Zucker. Wer auf Gesundheit achtet, greift zu einem alkoholfreien Getränk – ob Bier oder Pepsi Zero.
Dass immer weniger getrunken wird, ist aus gesellschaftlicher Sicht eine gute Nachricht, oder?
Es ist nicht an mir, das zu beurteilen. Ich muss dafür sorgen, dass wir als Unternehmen gut aufgestellt sind. Wir wollen nicht die Generation sein, die die 150-jährige Geschichte von Feldschlösschen in den Sand setzt (lacht).
Hat sich Ihr eigener Konsum auch verändert?
Absolut. Am Feierabend greife ich inzwischen gerne zu einer Variante ohne Alkohol.
Bei Feldschlösschen liegt der Marktanteil von alkoholfreiem Bier bei 8 Prozent. Sie haben 25 Prozent als Zielwert vorgegeben. Bis dahin ist es ein weiter Weg.
Stimmt. Aber stellen Sie sich nur all die Möglichkeiten vor! Feldschlösschen ist das Carlsberg-Kompetenzzentrum für alkoholfreies Bier – wir brauen Natur. Wieso also nicht auch ein gesundes Frühstück oder ein Sportgetränk?
Sie wollen Frühstück brauen?
Sicher nicht von heute auf morgen. Aber wir müssen die Vision erweitern. Die 25 Prozent beziehen sich nicht nur auf alkoholfreies Bier, sondern auf alle gebrauten alkoholfreien Getränke.
Damit gebraute Getränke alkoholfrei werden, müssen Sie den Alkohol wieder entziehen.
Den Alkohol, den wir dem Bier entziehen, verwenden wir für unsere Heizung. Deshalb, und dank unserer neuen Holzschnitzelheizung, brauen wir ab 2026 CO₂-neutral. Das ist Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie.
Sie arbeiten an Frühstück-Smoothies und Sportgetränken aus der Bierbrauerei. Ist Alkohol ein Auslaufmodell?
Nein. Aber der bewusste Konsum nimmt zu – und nicht nur wir als Brauerei müssen uns anpassen, sondern auch die Gastronomie.
Inwiefern?
Im Einzelhandel liegt der Anteil alkoholfreien Biers bei zwölf Prozent, in der Gastro bei drei. Das sagt alles.
Sie sprechen aus Konzernsicht …
… Bitte sagen Sie nicht «Konzern»!
Was stört Sie daran?
Ein Grosskonzern ist in der öffentlichen Wahrnehmung immer unsympathisch. Mich frustriert, dass wir immer als die Grossen und Bösen runtergemacht werden, während sich die Kleinbrauereien mit ihren Kreationen vor Lob nicht retten können. Bier ist Kulturgut. Wir haben über 50 leidenschaftliche Braumeisterinnen, Biersommeliers und weitere Fachleute rund ums Bier mit viel Kompetenz, die den Geschmack der Schweizerinnen und Schweizer verstehen. Sonst würden wir uns am Markt nicht so gut halten.
Die Wahrnehmung als Konzern ist das Los eines mächtigen Marktführers.
Deshalb nehme ich das nicht einfach so hin. Wir sind 1200 Mitarbeitende in der Schweiz. Täglich werden wir darauf angesprochen, dass wir von Carlsberg gesteuert seien. Das schmerzt unsere Mitarbeitenden. Trotzdem haben wir Fans: jährlich 55’000 Besucher, ein Schloss als Brauerei – das ist einzigartig.
Sie sprechen von Bier als Kulturgut. Romantisieren Sie damit Alkohol?
Nein. Bei einem Streit treffen wir uns zu dessen Beilegung nicht auf einen Wein oder Kaffee – sondern auf ein Bier. Das ist ein kultureller Reflex, nicht Romantisierung. Bier bringt Menschen zusammen, wir müssen stolz sein auf dieses Kulturgut!
Sprechen wir über Geld. Die Teuerung ist auf null gesunken, der US-Dollar verliert massiv an Wert. Importbier müsste jetzt um einiges günstiger werden, oder?
Wir importieren kaum.
Und die Brooklyn-Biere aus den USA? Die kosten immer noch gleich viel.
Wir bezahlen unsere Importe in Schweizer Franken. Aber mit dem Preis sprechen Sie ein sensibles Thema an. 2021, 22 und 23 gab es in der Schweiz eine Einbusse beim Reallohn, gleichzeitig gingen die Krankenkassenprämien hoch. Wo wird da zuerst gespart?
Wo denn?
Bei der Gastronomie. Dass immer mehr Restaurants schliessen, ist gesellschaftlich fatal. Wir müssen der Gastronomie durch diese Zeit helfen.
Logisch, dass Sie sich um serbelnde Beizen sorgen. Feldschlösschen macht 55 Prozent des Umsatzes in der Gastronomie.
Ich finde Ihre Unterstellung schwierig, ich würde nur wirtschaftliche Interessen verfolgen. Feldschlösschen ist eine ikonische Marke. Die Gastronomie ist extrem wichtig für den sozialen Zusammenhalt in diesem Land. Doch sie verkauft heute pro Jahr 200 Millionen Stangen weniger als noch vor zehn Jahren. Wir können unseren Umsatz in den Einzelhandel verschieben. Und die Gespräche bei einem Bier? Grösstenteils verloren.
Wie helfen Sie den Gastronomen? Können Sie versprechen, die Preise nicht zu erhöhen?
Versprechen wären unseriös. Aber wir haben einen Gastro-Fonds gegründet, über den wir die Betriebe mit einem neu lancierten Bier unterstützen. Wir wollen damit den Nachwuchs gezielt fördern, denn die Gastronomie leidet schwer unter dem Fachkräftemangel.
Wie viel darf eine Stange Bier für Sie in der Gastronomie kosten?
Die Gastronomen sind in der Preissetzung frei. Aber es ist klar, dass die Preise variieren, ein Bier kostet in der Stadt mehr als auf dem Land. Das hängt mit den Betriebskosten zusammen.
Hat Feldschlösschen die Preise für die Gastronomie 2025 erhöht?
Bisher nicht.
Bleibt das bis Ende Jahr so?
Es wäre unprofessionell von mir, mich zu künftigen Preisen zu äussern.
Der Konsum von Alkohol sinkt zwar seit Jahren, gleichzeitig nimmt aber das Rauschtrinken zu. Trägt ein Biergigant wie Feldschlösschen hier eine gesellschaftliche Verantwortung?
Rauschtrinken ist ein gesellschaftliches Phänomen.
Verantwortung übernehmen bedeutet auch, unternehmerische Haltung zu zeigen.
Natürlich! Wir nehmen unsere gesellschaftliche Verantwortung wahr, indem wir solche Themen richtig begleiten. Bierbrauen ist für uns ein Handwerk, mit dem wir Genussmomente schaffen. Alles, was über Genuss hinausgeht, ist nicht gut. Exzessives Trinken ist meist spirituosengetrieben – mit Bier geht das nicht so einfach.
Meinen Sie das ernst?
Okay, das geht schon. Aber man muss viel mehr Bier trinken, um dieselbe Menge Alkohol aufzunehmen.
Sie haben zwei erwachsene Söhne. Wie sind Sie mit dem Thema Alkohol umgegangen, als sie 16 waren?
Wir haben einen bewussten Konsum vorgelebt, alles in Massen. Meine Söhne trinken heute wahrscheinlich genauso wenig wie andere junge Schweizerinnen und Schweizer auch.
Haben Sie als Feldschlösschen-Chef einen Zapfhahn zu Hause?
Im Keller steht einer – für Partys. Die Jungs haben ihn noch nie gebraucht, das Haltbarkeitsdatum des Bierfasses dürfte mittlerweile abgelaufen sein (lacht).
Sie sagten einmal, es sei Ihr Traum, Feldschlösschen in China zu lancieren.
Ja, das wäre es.
Ist das Grössenwahn?
Überhaupt nicht. Ich konnte bis jetzt einfach keinen davon überzeugen (lacht).
Die Carlsberg-Zentrale in Kopenhagen träumt nicht mit?
Genau. Dabei wäre es eine super Idee! Die Schweiz hat ein sensationelles Image, unser Wasser steht für Qualität.
Das klingt, als träumten Sie immer noch.
Mit dem Träumen werde ich nie aufhören.
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