«Ich sehe meine Zukunft im Grab»
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Brief aus dem Knast:«Ich sehe meine Zukunft im Grab»

Verwahrter Amok-Rentner Peter Hans Kneubühl (77) schreibt BLICK achtseitigen Brief aus Knast
«Ich sehe meine Zukunft im Grab»

Wild schoss Peter Hans Kneubühl (77) im September 2010 um sich und verletzte dabei einen Polizisten schwer. Der Amok-Rentner wehrt sich gegen seine Verwahrung – erfolglos. Jetzt meldet er sich aus dem Gefängnis und äussert düstere Gedanken.
Publiziert: 22.03.2021 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 23.03.2021 um 09:12 Uhr
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Peter Hans Kneubühl hat BLICK einen langen Brief aus dem Knast geschickt. Die acht Seiten sind auf den 9. März 2021 datiert.
Foto: Luisa Ita
Luisa Ita

Für die Richter ist er weiter gefährlich: Amok-Rentner Peter Hans Kneubühl (77) soll laut Obergericht hinter Schloss und Riegel bleiben. Vor einem Monat wurde in Bern zweitinstanzlich die Verwahrung des renitenten Seniors bestätigt. Kneubühl schwänzte den Prozess und meldete sich kurzfristig mit einem Schreiben ab, in dem er die Richter als Lügner betitelte.

Auch an BLICK schrieb Kneubühl nun einen Brief. Er umfasst acht Seiten, verfasst mit Kugelschreiber auf liniertem Papier. Die Schrift klein – und klarer als seine Gedanken.

Er sieht eine Verschwörung seiner Schwester

«Die Falschanklagen begannen 1982», schreibt der Häftling und beginnt, BLICK seine Lebensgeschichte zu erzählen. Es ist eine abstruse Geschichte, die aufzeigt, wie der schuldunfähige Bieler die Welt um sich herum wahrnimmt. Der Mann mit einer attestierten schweren psychischen Störung sieht sich als Opfer einer Verschwörung. Seine Erzfeinde: die Behörden und die eigene Schwester, die ihn angeblich vor Jahren als Vergewaltiger bezeichnete.

Die Geschwister gingen laut Kneubühl mehrfach vor Gericht, er habe jedoch immer gegen sie verloren. Der vermeintliche Grund: Der zuständige Richter soll ein alter Schulfreund der Schwester gewesen sein. Auch hinter der Polizeiaktion vom 8. September 2010 – der Ex-Mathe- und Physiklehrer betitelt sie in seinem Schreiben als «Mordversuch» – vermutet er ein Komplott seiner Schwester.

Justizmarathon, um Verwahrung zu umgehen

Verwahrt werden will er aber auf keinen Fall. Und kündigt gegenüber BLICK an, das Urteil ans Bundesgericht weiterzuziehen. Dass von ihm trotz seines Alters immer noch eine Gefahr ausgehen soll, nimmt er amüsiert zur Kenntnis: «Über die Behauptung kann ich nur lachen.»

Viel zu lachen gibt es in seinem Alltag sonst aber wohl nicht. «Mir geht es gut. Zwar werde ich langsam alt, und das ist schon eine Katastrophe, aber so geht es allen Menschen», so der Senior. «Wäre ich nicht im Gefängnis, so würde es mir schlechter gehen. Hier habe ich ein Bett und jeden Tag etwas zu essen.»

Mehr Schreibwut als Goethe

Der Schütze von Biel sitzt freiwillig im härtesten Haftregime der Schweiz, der U-Haft. Das bedeutet: 23 Stunden am Tag eingesperrt in seiner Zelle, nur eine Stunde darf er zum Spazieren in den Hof. Dennoch gebe es Abwechslung: «Dreimal pro Woche kann man duschen, das gibt wieder einen Unterbruch von 30 Minuten. Und zweimal wöchentlich müssen wir die Zelle reinigen.»

Einmal die Woche dürfe gar für eine Stunde Besuch kommen, ein- bis zweimal wöchentlich könne der Rentner den Fitnessraum benutzen: «Langweilig ist es sicher nicht. Die ganze übrige Zeit schreibe ich für meine Verteidigung. Bis jetzt habe ich etwa 5000 Seiten geschrieben.» Stolz fügt er an: «Mehr als Goethe!»

Einsamkeit als Erholung

Kneubühl, der stets in Angst vor der totalen Überwachung lebt, schätzt die Einsamkeit: «Im Gegensatz zum Strafvollzug wird man hier in Ruhe gelassen. Man muss nicht arbeiten und wird auch nicht ständig von einem Heer von Psychologinnen belästigt.»

Zudem sei er es gewohnt, allein zu sein. «Ich habe ja viele Jahre im isrealischen Kibbuz und in Landkommunen gewohnt. Ich habe mit sehr wenig Geld in Gruppen gelebt, in Zimmern, die kleiner und einfacher waren als meine Gefängniszelle.»

Viel Hoffnung, dass das Bundesgericht sich in letzter Instanz gegen eine Verwahrung ausspricht, hat Peter Hans Kneubühl nicht. Der Brief an BLICK schliesst mit düsteren Gedanken: «Ich bin jetzt 77 und sehe meine Zukunft im Grab.»

Der Fall Kneubühl

2010 sorgt der Fall von Amok-Rentner Peter Hans Kneubühl landesweit für Schlagzeilen. Am 8. September verbarrikadiert sich der damals 67-Jährige in seinem Haus in Biel BE. Der Grund: Eine bevorstehende Zwangsversteigerung. Ein Grossaufgebot der Polizei sperrt das Gelände ab. Dann schiesst der Senior auf die Beamten und trifft einen Polizisten am Kopf. Er überlebt schwer verletzt. Nachts gelingt dem ehemaligen Physik- und Mathematiklehrer schliesslich die Flucht.

Es beginnt eine zehntägige Katz-und-Maus-Jagd: Die Polizei fahndet, zunächst mehrere Tage mit dem falschen Foto. Spürhunde und Helikopter suchen ganz Biel ab – lange Zeit ohne Erfolg. Nachdem zuerst irrtümlicherweise ein anderer Senior für Kneubühl gehalten und gewaltsam verhaftet wird, kann der «richtige» Amok-Rentner dank Hinweisen aus der Bevölkerung am 17. September endlich gefasst werden.

2010 sorgt der Fall von Amok-Rentner Peter Hans Kneubühl landesweit für Schlagzeilen. Am 8. September verbarrikadiert sich der damals 67-Jährige in seinem Haus in Biel BE. Der Grund: Eine bevorstehende Zwangsversteigerung. Ein Grossaufgebot der Polizei sperrt das Gelände ab. Dann schiesst der Senior auf die Beamten und trifft einen Polizisten am Kopf. Er überlebt schwer verletzt. Nachts gelingt dem ehemaligen Physik- und Mathematiklehrer schliesslich die Flucht.

Es beginnt eine zehntägige Katz-und-Maus-Jagd: Die Polizei fahndet, zunächst mehrere Tage mit dem falschen Foto. Spürhunde und Helikopter suchen ganz Biel ab – lange Zeit ohne Erfolg. Nachdem zuerst irrtümlicherweise ein anderer Senior für Kneubühl gehalten und gewaltsam verhaftet wird, kann der «richtige» Amok-Rentner dank Hinweisen aus der Bevölkerung am 17. September endlich gefasst werden.

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