«Eigentümer müssen ihr Haus doppelt bezahlen»
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Baustreit eskaliert:«Eigentümer müssen ihr Haus doppelt bezahlen»

Baustellen-Streit im Berner Seeland eskaliert
«Mir fehlen 500’000 Franken in der Kasse»

Ein Finanzstreit eskaliert um ein Bauprojekt in Dotzigen BE. Die Böhlen Bagger fordert 500'000 Franken für Bauarbeiten, während die Generalunternehmung die Zahlung verweigert. Der Streit könnte am Schluss aber vor allem die Eigentümer viel Geld kosten.
Publiziert: 28.06.2025 um 00:56 Uhr
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Aktualisiert: 28.06.2025 um 07:39 Uhr
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Bagger-Unternehmer Kurt Böhlen aus Riggisberg BE ist sauer.
Foto: Martin Meul

Darum gehts

  • Bauprojekt im Berner Seeland: Streit um 500'000 Franken zwischen Baufirmen
  • Eigentümer könnten Grundstücke verlieren, wenn offene Rechnungen nicht bezahlt werden
  • 40 Personen arbeiten für den betroffenen Familienbetrieb von Kurt Böhlen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Martin MeulReporter News

Ein Bauprojekt im Berner Seeland ist zum Schauplatz eines erbitterten finanziellen Streits geworden. Es geht um eine halbe Million Franken, um möglicherweise verschwundenes Geld und um Eigentümer, die am Schluss die Zeche zahlen müssen. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen die Böhlen Bagger aus Riggisberg BE und die GJ Architektur und Immobilien GmbH aus Baar ZG. Beide Seiten erheben schwere Vorwürfe gegeneinander. Die Sache ist schon jetzt ein Fall für den Richter.

Auf der einen Seite steht Kurt Böhlen (60), Inhaber der Böhlen Bagger in Riggisberg. Er hat für ein Bauprojekt von vier Villen in Dotzigen BE zusammen mit einem Subunternehmer die Aushubarbeiten und Hangsicherungsmassnahmen durchgeführt. Kostenpunkt: Rund 850'000 Franken – davon ist aber noch fast eine halbe Million Franken offen. Böhlen zeigt Blick die entsprechenden Abrechnungen.

Das Problem: Böhlen wartet seit Monaten auf sein Geld. Die GJ Architektur und Immobilien GmbH, die zuständige Generalunternehmung, weigere sich, seine erbrachten Arbeiten zu bezahlen, sagt er zu Blick. «Mir fehlen etwa 500'000 Franken in der Kasse!» Böhlen hat deshalb ein Betreibungsverfahren gegen die Baufirma und ihren Chef eingeleitet. Denn irgendwann reichte es ihm. «Er verspricht und vertröstet, aber irgendwann war klar: Da kommt nichts mehr.»

Für den Familienbetrieb von Böhlen – es arbeiten 40 Personen für das Unternehmen – hat das Ausbleiben der Zahlung massive Auswirkungen. Der Chef sagt: «Wir überleben das, aber es ist sehr unangenehm.» Kurt Böhlen steht auf dem unbefestigten Vorplatz der Firma. Hier hätte eigentlich längst betoniert werden sollen. «Das mussten wir verschieben, weil uns viel Geld fehlt. Das Ganze ist eine Sauerei.» 

Es büssen die Eigentümer

Die Bauarbeiten im Seeland sind seit Oktober 2024 wegen der Streitigkeiten eingestellt. Mit heftigen Konsequenzen. Böhlen formuliert es drastisch: «Besonders hart ist es für die Eigentümer. Die sitzen in einer leeren Baugrube, die nur kostet.»

Nicht nur das: Um an sein Geld zu kommen, ist Böhlen vor Gericht dabei, wie in solchen Fällen üblich, das Bauhandwerkerpfandrecht auf die Grundstücke eintragen zu lassen. Dieses schützt Bauunternehmen, wenn sie nicht bezahlt werden. Für die Eigentümer kann es aber teuer werden – selbst wenn sie die Arbeiten schon bezahlt haben. Sie müssen nämlich für die offenen Rechnungen von Handwerkern haften. «Können sie das nicht, muss ihr Grundstück verkauft werden», erklärt Böhlen. 

Der Bauunternehmer versteht aber nicht, wie es so weit kommen konnte. «Ich weiss, dass die Eigentümer genug Geld an die Generalunternehmung bezahlt haben, um die Baugrube zu finanzieren. Ich frage mich: Wo ist dieses Geld hin?»

Auf Anfrage von Blick wollten sich die betroffenen Eigentümer im Moment nicht zu der Situation äussern. «Wir hoffen noch auf eine Lösung mit der GJ Architektur und Immobilien GmbH», hiess es. Es wurde aber auch ein Anwalt eingeschaltet. Kurt Böhlen sagt unterdessen: «Die Generalunternehmung nimmt den finanziellen Ruin dieser Leute in Kauf. Es stellen sich heikle Fragen nach dem Umgang mit dem Geld.»

Baufirma weist Vorwürfe zurück

Die GJ Architektur und Immobilien GmbH wehrt sich entschieden gegen die Vorwürfe von Kurt Böhlen. Man bestätigt zwar, dass der Baugrubenaushub und die Hangsicherung ausgeführt wurden und erst ein Teil der Akontorechnungen bezahlt wurde. Der Knackpunkt liegt für die Firma jedoch bei der Schlussrechnung von Kurt Böhlen. «Leider mussten wir feststellen, dass bei der Schlussrechnung die Abrechnungen nicht korrekt waren und rund 95'000 Franken zu viel verrechnet wurden», schreibt die Generalunternehmung auf Anfrage von Blick. Diese Korrektur sei Böhlen im Dezember letzten Jahres mitgeteilt worden, doch eine Antwort stehe bis heute aus.

Kurt Böhlen hält dagegen. Man habe mehrfach den Kontakt gesucht, zum letzten Mal schriftlich im April. Der Brief liegt Blick vor. «Die melden sich einfach nicht mehr, es herrscht Funkstille», sagt Böhlen verärgert.

Die GJ Architektur und Immobilien GmbH macht derweil Kurt Böhlen Vorwürfe. «Zahlungen, die von unserer Seite nachweislich an den Aushubunternehmer geleistet wurden, wurden nicht an den Subunternehmer weitergeleitet. Das muss gerichtlich geklärt werden», heisst es. Aufgrund dieser Umstände seien die Zahlungen an Böhlen in Absprache mit den Eigentümern eingestellt worden. Man hoffe, durch die Einschaltung eines Anwalts als Vermittlungsperson wieder «Ruhe in einen geregelten Ablauf auf der Baustelle zu bringen».

Trotz des Ärgers versucht Kurt Böhlen derweil, gelassen zu bleiben. Er sagt: «Durch das Pfandrecht sind wir teilweise abgesichert und werden sicher zu einem Grossteil des Geldes kommen. Ich hoffe nur, dass es auch für die Eigentümer ein gutes Ende nimmt. Im Moment sieht es leider nicht danach aus.»

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