Darum gehts
- Raphael M. tötete im August 2024 die Rentnerin Assunta L. in ihrem Treppenhaus in Basel
- Zehn Jahre zuvor hatte er genau hier zwei Menschen ermordet
- Forensiker Frank Urbaniok präsentiert Untersuchungsbericht
Am 8. August 2024 wird Assunta L.* (†75) tot in ihrem Treppenhaus am Basler Nasenweg gefunden. Schnell ist klar: Sie starb gewaltsam. Kurz darauf fahndet die Polizei öffentlich nach dem mutmasslichen Täter. Es ist Raphael M.** – er hatte 2014 genau in diesem Haus bereits zwei Menschen ermordet und sass seitdem in der forensischen Psychiatrie UPK. Einen Tag nach der Tat wird er verhaftet.
Wie konnte Raphael M.** trotz kleiner Verwahrung erneut zum Killer werden? Wie sieht es im Inneren eines Dreifachmörders aus? Der Rückfall des bereits verurteilten Täters löste schweizweit Kritik aus. Wie konnte ein als gefährlich eingestufter Mann unbeaufsichtigt unterwegs sein? Wer trug die Verantwortung für diese Entscheidung? Erste Antworten liefert ein externer Untersuchungsbericht.
«Nebenrealität» des Täters ohne Vorzeichen
Die Verfasser halten fest, dass während der Behandlung in den Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) das Rückfallrisiko nicht angemessen erkannt wurde. Der Grund dafür: Der Täter habe in diesem Fall keinerlei Anzeichen oder Probleme gezeigt.
«Seit 2020 arbeitete der mutmassliche Täter extern an einem geschützten Arbeitsplatz und ging selbstständig hin und zurück. Er absolvierte über hundert Ausgänge», hält der Bericht fest. Es habe weder Auffälligkeiten in Bezug auf Gewalt, noch Fluchtversuche oder nennenswerte Regelverstösse gegeben. «Das Delikt am 8. August 2024 beging der Täter im Unterschied zu den ersten Tötungsdelikten nicht in einem erkennbar psychotischen Zustand.» Ausserhalb des psychotischen Zustandes sei die Rückfallgefahr gering. Auf dieser Konzeption beruhte auch die Behandlung.
Versäumnis: Risikorelevanz des Tatorts nicht berücksichtigt
Das Motiv oder die Auslöser für die Tat ist unscharf geblieben. Der Bericht beschreibt eine «Nebenrealität» des Täters ohne Vorzeichen. Diese Nebenrealität blieb unerkannt. «Die Unschärfe des Deliktmechanismus und die damit möglicherweise zusammenhängende Risikorelevanz des Tatorts am Nasenweg wurden in den Überlegungen der UPK nicht berücksichtigt», heisst es. Dies wird als Versäumnis, aber nicht als «erhebliches fachliches Fehlverhalten» gewertet. Experte Andreas Werren, der den Fall gemeinsam mit Urbaniok untersucht hat, wird deutlich, als es um die Tat geht: «Der Mord war wie eine Kopie der ersten Tat.» Beim Tatort handelte es sich offenbar um das Wohnhaus von Raphael M.s Vater.
Systematische Schwachstellen bei der Arbeit der Kliniken und Behörden wurden jedoch nicht festgestellt. Das Tötungsdelikt sei demnach schwer zu verhindern gewesen. Es hätte auch in anderen Institutionen geschehen können.
* Name geändert
* Name bekannt