Darum gehts
- Bundesgericht: Zofingia-Verband darf von Universitäten nicht anerkannt werden
- Gleichbehandlung geht der Vereinsfreiheit vor, entschied das Bundesgericht
- Zofingia ist eine gesamtschweizerische Organisation mit rund 3000 Mitgliedern
Die Universität und die Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne haben der nur Männern vorbehaltenen Studentenverbindung Zofingia zu Recht die Anerkennung verwehrt. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Es fällt damit ein Urteil, wie es die Bundesrichterin Florence Aubry Girardin bereits 2014 beantragte.
Vor etwas mehr als zehn Jahren sagte Aubry Girardin in einer öffentlichen Beratung: «Mit diesem Urteil zeigt man ein wenig fortschrittliches Bild des Bundesgerichts.» Mit ihrer Auffassung gehörte sie jedoch zur Minderheit.
Mit drei zu zwei Stimmen hatte das Bundesgericht damals entschieden, die Studentenverbindung Zofingia behalte die Anerkennung als universitäre Vereinigung. Die verfassungsmässig garantierte Gleichstellung von Frau und Mann müsse hinter das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit zurückstehen.
Nun hat sich das Blatt gewendet. Das Gebot der Gleichbehandlung geht der Vereinsfreiheit vor, schreibt das Bundesgericht in zwei am Montag publizierten Urteilen. Die Universität und die Eidgenössische Technische Hochschule (EPFL) in Lausanne wollten die Zofingia nicht weiter anerkennen.
Das Richtergremium, zu dem Aubry Girardin immer noch gehört, hält in den aktuellen Urteilen fest, dass Anstalten des öffentlichen Rechts wie die Universitäten nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hätten, zur Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter im Bildungskontext beizutragen.
Die Waadtländer Sektion des Zofingervereins sei Teil einer gesamtschweizerischen Organisation mit rund 3000 Mitgliedern. Sie biete Studierenden Kontakt-Möglichkeit zu älteren, im Berufsleben stehenden Mitgliedern. Ein solches Netzwerk kann laut Bundesgericht Vorteile für die berufliche Entwicklung bringen.
Studentinnen den Zugang dazu wegen ihres Geschlechts zu verwehren, stelle eine Benachteiligung dar. Dies gelte um so mehr, als das Ziel der Gleichstellung von Mann und Frau in der Arbeitswelt in der Schweiz noch nicht erreicht sei.
Es gehöre zu den Aufgaben von Hochschulen, für Chancengleichheit in ihren Institutionen zu sorgen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Die Universität und die Hochschule hätten ein legitimes Interesse daran, keine Vereinigung anerkennen zu müssen, deren Statuten ohne jegliche objektive Rechtfertigung eine Ungleichbehandlung der Geschlechter bewirke.
Anerkannte Gruppierungen dürfen Räumlichkeiten der Universität nutzen und können sich auf der Internetseite präsentieren. 2022 verweigerte die Universität der Studentenverbindung die weitere Anerkennung. Bereits 2020 hatte die EPFL der Zofingia die Anerkennung verwehrt.