Im Rahmen seines Besuchs wird der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis (64) in Ramallah mit dem Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammad Mustafa, zusammentreffen, heisst es in der Medienmitteilung. «In Israel führt Bundesrat Cassis ein bilaterales Gespräch mit Aussenminister Gideon Sa’ar.» Dazu werde er sich auch mit Vertretern von internationalen Organisationen treffen um sich ein «möglichst umfassendes Bild der humanitären Situation in Gaza machen zu können».
Der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sollte am Dienstagnachmittag in Tel Aviv landen, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA erfuhr. Insgesamt wollte er etwas mehr als 20 Stunden in der Region verbringen. Eines der Ziele sei, sich eine eigene Meinung über die humanitäre Hilfe in der Region zu bilden.
Im Zentrum seiner Treffen werde die Situation im Besetzten Palästinensischen Gebiet stehen, insbesondere der laufende Krieg im Gazastreifen, so Cassis' Aussendepartement. Der Bundesrat werde zudem «die Sicherheitslage im Nahen und Mittleren Osten wie auch die diplomatischen Bemühungen um eine politische Lösung des Konflikts ansprechen».
Cassis unter Druck
In der vergangenen Woche erntete Cassis Kritik. Dies insbesondere als er begründen wollte, warum die Schweiz sich nicht einem Brief von 20 europäischen Staaten angeschlossen hatte, in dem gefordert wurde, dass die Hilfe im Gazastreifen von der Uno und humanitären Organisationen gesteuert werden sollte.
Der Tessiner war der Ansicht, dass das Schreiben von Vornherein den israelischen Plan, die Verteilung der Hilfsgüter über die umstrittene Gaza Humanitarian Foundation (GHF) zu kontrollieren, ablehnte. Bei den ersten Verteilungen von Hilfsgütern durch GHF wurden mehrere Dutzend Menschen getötet. GHF ist in den USA ansässig und hatte eine nicht funktionsfähige Filiale in Genf angemeldet.
Während der Beschuss der israelischen Armee zugeschrieben wurde, meinte der Bundesrat, dass man «nie wissen» werde, wer wirklich verantwortlich sei. Ein weiterer Kritikpunkt von Parlamentsmitgliedern und Nichtregierungsorganisationen war, dass der EDA-Vorsteher seiner Linie treu blieb und weiterhin Israel sowie die Hamas gleich verurteilte. Viele forderten eine stärkere Verurteilung Israels aufgrund der Luftangriffe und der Blockade humanitärer Hilfe.
Kritik an den Bundesrat kam auch aus diplomatischen Kreisen. Dutzende ehemalige Schweizer Botschafter und Hunderte von EDA-Mitarbeitern werfen Cassis vor, dass er keinen ausreichend scharfen Ton gegenüber der israelischen Haltung anschlägt. Laut mehreren Uno-Agenturen hungert die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen.
Der Bundesrat schreibt in seiner Medienmitteilung man sei «tief bestürzt über das unerträgliche menschliche Leid im Gazastreifen.» Der Bundesrat fordert eine unverzügliche Waffenruhe, sowie die vollständige und bedingungslose Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln und humanitären Zugang zur Zivilbevölkerung. «Die Schweiz ruft mit Nachdruck alle Parteien auf, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten.» Als Besatzungsmacht trage Israel eine besondere Verantwortung zum Schutz der Zivilbevölkerung.