«50 Prozent der SRG-Kosten sind Personalkosten»
1:51
Wille über Stellenabbau:«50 Prozent der SRG-Kosten sind Personalkosten»

Susanne Wille baut die SRG um
Die Chefin, die es allen recht macht – sogar die SVP hat sie im Sack

SRG-Direktorin Susanne Wille hat wohl den schwierigsten Job der Schweizer Medienlandschaft – und erntet dafür kaum Kritik. Sogar politische Gegner finden lobende Worte. Wie schafft sie das?
Publiziert: 03.07.2025 um 00:02 Uhr
|
Aktualisiert: 03.07.2025 um 13:54 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/7
SRG-Direktorin Susanne Wille.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Susanne Wille will grösste Transformation in der Unternehmensgeschichte durchführen
  • Wille gelingt Schulterschluss mit privaten Medienunternehmen gegen Halbierungs-Initiative
  • Sie gilt als klare Kommunikatorin und empathische Persönlichkeit
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_586.JPG
Céline ZahnoRedaktorin Politik

Der Rapper Bligg (48) sang ihr als SRF-Moderatorin einst eine Liebeserklärung («Wänn ich mir′s so richtig überlegg, sind Sie die perfäkt»), mutmassliche Konkurrenten bezeichnen sie als «die richtige Frau zur richtigen Zeit», und selbst ihre politischen Gegner wollen kein schlechtes Wort über sie verlieren. SRG-Direktorin Susanne Wille (51) ist die Frau, die es allen recht zu machen scheint.

Zurzeit ist das eigentlich keine einfache Rolle. Medienminister Albert Rösti (57) kürzte die Medienabgabe von 335 auf 300 Franken, die Halbierungs-Initiative, lanciert von SVP-Kreisen, kommt wohl nächstes Jahr zur Abstimmung. Unter diesen düsteren Vorzeichen trat Wille vergangenen November die Nachfolge von Gilles Marchand (63) an.

Flucht nach vorne

Wille ist SRG-Frau durch und durch. Als ehemalige «10 vor 10»-Moderatorin ist sie für die breite Öffentlichkeit ein Aushängeschild des Medienhauses. Sogar ihre eigene Liebesgeschichte begann dort. Ihr Ehemann ist der langjährige SRF-Moderator Franz Fischlin (62). Ab 2016 übernahm sie erste Managementaufgaben, 2020 wurde sie Chefin der SRF-Kulturabteilung. Im Mai 2024 wurde sie schliesslich zur Generaldirektorin der SRG gewählt. Der letzte Tritt auf der SRF-Karriereleiter.

Dort schlägt Wille einen ganz anderen Ton an als ihr Vorgänger Marchand. Während Untergangsprophet Marchand die Halbierungs-Initiative als «Angriff auf die Schweiz» beklagte, wagt sich Wille in die Offensive: An ihrem ersten Arbeitstag kündigte sie die «grösste Transformation in der Geschichte des Unternehmens» an – 270 Millionen Franken müssen bis 2029 eingespart werden. Am Montag haben sie und die restliche SRG-Spitze nun die ersten Eckpunkte angekündigt: Gespart werden soll vor allem beim Verwaltungsapparat, im Volksmund bekannt als «Wasserkopf».

Am Dienstag schon folgten die nächsten Hiobsbotschaften: Bis 2026 will SRF 66 Vollzeitstellen streichen, RTS bis zu 70. Mit der Gebührensenkung steht die SRG tatsächlich unter realem Druck. Die implizite Botschaft der Sparübungen lautet aber: Seht her, wir sparen. Kein Grund, Ja zur Halbierungs-Initiative zu sagen.

Willes Wärme

Wille muss sparen, modernisieren – und die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass ein gebührenfinanzierter Service public im digitalen Zeitalter noch eine Existenzberechtigung hat. Bei diesem Drahtseilakt hat sie sich bisher kaum Kritik eingebrockt. Wie macht sie das?

Politanalyst Mark Balsiger (58) verfolgt Willes Weg seit 25 Jahren. Er ist Geschäftsführer der Allianz Pro Medienvielfalt, welche gegen die Halbierungs-Initiative ankämpft. «Wille verbindet journalistische Professionalität mit menschlicher Wärme», sagt er. «Das ist eine seltene Kombination, die sie auch als Managerin nicht verloren hat.»

«Dass es so wenig Kritik an Wille gibt, wundert mich nicht», sagt auch Bakel Walden (49). Walden wurde einst als Willes Konkurrent für den Posten des Generaldirektors gehandelt – diesem Gerücht widerspricht er allerdings. Bis zu Willes Amtsantritt sass er in der Geschäftsleitung der SRG, im September entschied er sich, das Medienhaus zu verlassen. «Ich bin seit fast 30 Jahren in den Medien tätig und habe fast niemanden kennengelernt, der ihre Kombination aus Klarheit, Engagement und Empathie mitbringt. Sie ist die richtige Frau zur richtigen Zeit.»

Dem Vernehmen nach stehen auch viele Mitarbeitende hinter Willes Kurs. Ihr Auftritt und ihre Art werden geschätzt. Und Wille hat noch keine verbrannte Erde hinterlassen, wie das etwa bei SRF-Direktorin Nathalie Wappler (57) der Fall ist, die kürzlich das People-Format «Gesichter und Geschichten» eingestellt hat.

Lob von Matter

Wille gelang, woran ihre Vorgänger scheiterten: Das öffentliche Medienhaus und die Privaten rücken näher zusammen und demonstrieren Einigkeit. SRG und Verlegerverband einigten sich im Mai auf einen Deal: Die SRG macht Konzessionen gegenüber den privaten Medienunternehmen, diese verpflichten sich im Gegenzug, die Halbierungs-Initiative der SVP nicht zu unterstützen. Lediglich die TX Group will nicht mitmachen.

Sogar SVP-Nationalrat Thomas Matter (59), der als Kopf der Halbierungs-Initiative ihr grosser politischer Gegner ist, zieht ein positives Fazit. «Es freut mich, dass sie sich den Sparauftrag zu Herzen nimmt. Die Initiative hat schon etwas bewirkt.» Natürlich müsse man jetzt erst einmal sehen, ob sie das auch alles umsetze.

Wird der Zusammenhalt bröckeln?

Aber wenn es erst einmal in die heisse Phase des Wahlkampfs geht, dürften die SRG-Gegner Wille kaum so einfach davonkommen lassen – sie wird sich auf einen harten Abstimmungskampf gefasst machen müssen. Und Matter spricht einen weiteren wichtigen Punkt an: Die Umsetzung der Sparmassnahmen wird wehtun.

«Sparen geht immer zu einem Teil auf Kosten des Personals», sagt Balsiger. «Bis jetzt hat sie das klar und mit viel Menschlichkeit vermittelt.» Aber die Herausforderung, die gesamte Belegschaft in die digitale Zukunft mitzunehmen, sei gross. Vielleicht wird dieser Spagat zu ihrem grössten Prüfstein: den internen Zusammenhalt trotz politischen Gegenwinds nicht zu gefährden.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?