Darum gehts
Freie Bahn für Philipp Matthias Bregy (46)! Der Oberwalliser Nationalrat und Mitte-Fraktionschef übernimmt Ende Juni die Nachfolge von Parteichef Gerhard Pfister (62). Die Delegiertenversammlung wird ihn in Biel zum neuen Präsidenten küren – ja muss, ist er doch der einzige Kandidat. Nachdem Bregy seine Kandidatur im Blick lanciert hatte, hagelte es reihum Absagen. Gestern Montagmittag lief die Anmeldefrist ab. Niemand will gegen Bregy in den Ring steigen.
Nicht ohne Grund: Bregy ist für das Amt prädestiniert. Als langjähriger Fraktionschef kennt er die Menschen und Mechanismen im Bundeshaus. Bereits seit 2019 sitzt er in der grossen Kammer. Damals rutschte er für die in den Bundesrat gewählte Viola Amherd (62) nach. Noch im gleichen Jahr startete er durch und eroberte die nationalen Schlagzeilen: mit dem Lötschberg.
Der Bund wollte die zweite Röhre des Lötschbergbasistunnels zwar ausbauen, aber auf den Durchstich der letzten sieben Kilometer verzichten. Mit dem blossen Teilausbau drohte dem Wallis eine monatelange Tunnelsperre, wie Blick publik machte. «Das wäre eine Katastrophe. Es droht ein völliges Verkehrschaos», warnte Bregy. Er brachte im Parlament den Vollausbau durch. Bis 2035 soll die zweite Röhre stehen. Seither trägt er den Übernamen «Lötsch-Bregy».
Start vom rechten Flügel
Es war sein Gesellenstück, bei dem er nicht nur politisches Gespür bewies, sondern sich auch als parteiübergreifender Netzwerker behauptete. Auch in anderen Bereichen schmiedet er Allianzen. Zusammen mit SVP-Ständerätin Esther Friedli (47, SG) macht er sich für eine Verlängerung des Mehrwertsteuer-Sondersatzes für die Hotellerie stark. Und als es 2022 um den sofortigen AHV-Teuerungsausgleich ging, spannte er mit der Linken zusammen. Da war er auch schon Fraktionschef: 2021 hat er das Amt übernommen.
Berührungsängste kennt der Walliser keine, obwohl der zweifache Vater eigentlich zum rechten Flügel seiner Partei zählt und eher konservativ tickt. Gewisse persönliche Ansichten wird er da zurückstellen müssen. Wie einst Pfister, der als Nationalrat rechts startete und als Präsident insbesondere in sozialen Fragen deutlich nach links rückte. Als Fraktionschef hat Bregy aber bereits bewiesen, dass er den Spagat schafft.
Bregys Geheimwaffe
Trotzdem stehen einige Herausforderungen an. So gilt es, das Verhältnis zu den Mitte-Ständeräten zu kitten, die nicht einfach nach Pfisters Pfeife tanzen mochten, die Parteidoktrin hintanstellten und ihren Parteichef regelmässig desavouierten.
Manch ein Ständerat kam mit der auch mal aufbrausenden Art Pfisters nicht klar. Hier dürfte Bregy als gmögiger Typ ganz anders agieren – und er darf dabei auf eine Geheimwaffe zählen: seinen langjährigen Kanzlei-Kollegen Beat Rieder (62, VS). Die beiden teilen nicht nur das Büro in einer Anwaltskanzlei in Brig, sondern ziehen politisch schon lange am selben Strick.
Bei EU-Deal droht Zerreissprobe
Inhaltlich bekommt Bregy gleich zu Beginn seiner Amtszeit ein heisses Eisen in die Finger: den EU-Deal samt Lohnschutz-Massnahmen und Schutzklausel. In der Vernehmlassung wird die Mitte Farbe bekennen müssen, wo sie steht. Dabei droht eine Zerreissprobe. Während in den konservativen Stammlanden die Skepsis gross sein dürfte, stehen die Signale in den urbanen Gebieten auf Grün. Bregy hofft auf eine sachliche Diskussion, wie er im Blick-Interview klarmachte. «Ich sehe eine gute Basis für eine positive Diskussion. Am Schluss wird das Gesamtpaket entscheidend sein.»
Eine Gratwanderung wird auch die Armeefinanzierung. Major Bregy gilt einen Tick armeefreundlicher als Gerhard Pfister. Klar ist, dass er seinem neuen Bundesrat Martin Pfister (61) als Verteidigungsminister zusätzliche Gelder zuschieben will. Bloss, auf wessen Kosten? Noch stärker bei der Entwicklungshilfe zu sparen, würde den christlich-sozialen Flügel verschrecken. Zusätzliche Steuergelder würden beim Mittelstand für Stirnrunzeln sorgen.
Relativ einfach punkten dürfte der Walliser hingegen in einem anderen Feld: der AHV. So hat die Mitte im Ständerat zusammen mit der Linken eine Mischvariante zur Finanzierung der 13. AHV-Rente auf den Weg gebracht. Bregy selbst hat stets für einen Mix plädiert und wird versuchen, einer solchen Lösung zum Durchbruch zu verhelfen. Gerade auch mit Blick auf die eigene Volksinitiative, die die Deckelung der AHV-Ehepaarrenten kippen will – was gut 4 Milliarden Franken zusätzlich kosten würde.
Wahlen 2027 als Gradmesser
Bregy dürfte am von Pfister eingeschlagenen Kurs nicht allzu viel ändern. Der Lackmustest steht in zwei Jahren bei den eidgenössischen Wahlen an: Pfister hat die Partei nach der Fusion von CVP und BDP zur Mitte stabilisieren können, leicht an Wähleranteilen zugelegt und im Bundeshaus zur drittstärksten Fraktion gemacht.
Und die Mitte damit in eine Position gebracht, in der sie nach einem zweiten Bundesratssitz greifen kann. Bregy wird sich am Wahlresultat 2027 messen lassen müssen. Die Position zu halten, ist das Mindeste, was von ihm erwartet und gefordert wird.