«Wir sind auf das Geld des Bundes angewiesen»
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Pfadi bangt um Beiträge:«Wir sind auf das Geld des Bundes angewiesen»

So hart trifft J&S-Sparhammer die Pfadi
«Sollen wir etwa die WC streichen?»

Der Bund will die Beiträge für Jugend & Sport kürzen. Das hätte auch für die Pfadi Allschwil BL harte Folgen – wie sich beim Besuch im Sommerlager zeigt. Dem Blick legt die Pfadi ihr Budget offen.
Publiziert: 11.07.2025 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 11.07.2025 um 13:37 Uhr
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Emma Schiumarini, Pfadiname Komma, organisiert mit rund einem Dutzend anderen Jugendlichen das Sommerlager der Pfadi Allschwil.
Foto: Siggi Bucher

Darum gehts

  • Pfadi Allschwil: Jugend-&-Sport-Kürzungen bedrohen Sommerlager-Finanzierung
  • Leiterin Emma setzt Hälfte ihrer Ferien für Pfadi ein
  • J&S-Beiträge machen 14’000 Franken des 33’000-Franken-Lagerbudgets aus
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Die Französische Revolution tobt derzeit in Bettwiesen TG – zumindest im Sommerlager der Pfadi Allschwil BL. «Wir haben gerade Frauenfeld eingenommen», sagt Leiterin Emma Schiumarini (19), Pfadiname Komma, und lacht. Jetzt spielt ein Teil der Kinder bei der nachgebauten Bastille, andere lernen, Zelte aufzubauen oder basteln eine Fischfangstation. 

Das Lager könnte im kommenden Jahr ein anderes Gesicht bekommen. Denn das Förderprogramm Jugend & Sport kommt an seine Grenzen. Weil immer mehr Kinder teilnehmen, will der Bund die Zuschüsse an die Vereine gleich um 20 Prozent kürzen. Nicht nur bei Jugend- und Sportverbänden ist der Ärger gross: Über 150’000 Personen haben eine Petition gegen die Kürzung unterschrieben. Auch Zürich und alle Westschweizer Kantone stellen sich gegen den Entscheid. 

Fast die Hälfte der Einnahmen

Die Pfadi Allschwil macht für Blick die Milchbüechlirechnung. Rund 33’000 Franken gibt sie für die 63 Kinder während zwei Wochen aus, erklärt Kassier Benjamin Nussbaumer (18), vulgo Tortuga. «Der grösste Teil geht fürs Essen drauf.» Dazu kommen die Transportkosten. Um Holz, Zelte und Material für die Lagerbauten wie beispielsweise ein riesiges Dreibein zu transportieren, mietet die Pfadi einen Lastwagen.

Für Ausflüge rechnen die Pfadi mit 1500 Franken. «Wir gehen meistens wandern und machen einen coolen Abschluss, wie zum Beispiel Rodeln oder Trottinettfahren», erklärt Leiterin Emma. «Viele Kinder haben ausserhalb des Pfadilagers kaum die Möglichkeit, die Schweiz zu entdecken.»

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Die Jugend-&-Sport-Beiträge machen fast die Hälfte des Budgets aus – rund 14’000 Franken. Neben einem kleinen Zustupf von Sponsoren kommt das Geld von den Eltern. 220 Franken kosten die zwei Wochen Ferien von zu Hause pro Kind – trotz J&S-Zuschüssen. «Wir mussten den Preis schon dieses Jahr erhöhen. Gerade für Familien, die mehrere Kinder im Lager haben, wird es zunehmend zur Belastung.»

«Ich fühle mich veräppelt»

Dass jetzt auch die Jugend-&-Sport-Beiträge gekürzt werden, erfuhren die Pfadileiter an einem ihrer Montagshöcks. «Ich fühle mich veräppelt», erinnert sich Emma an diesem Moment. «Immer wird betont, wie wichtig die Pfadi sei. Das Parlament hat entschieden, dass wir mehr Jugendurlaub bekommen sollen. Und kurz darauf werden die Gelder gekürzt!»

Emma selbst setzt die Hälfte ihrer Ferien für die Pfadi ein. Dazu arbeitet sie acht bis zehn Stunden pro Woche zusätzlich für die Jugendorganisation – vor dem Lager sind es noch mehr. Geld gibts dafür keines. «Dafür ist das Gemeinschaftsgefühl einzigartig. Wenn wir am letzten Abend jeweils am Lagerfeuer sitzen und die Ältesten verabschieden, wird es emotional.»

Wären die Gelder schon dieses Jahr gekürzt worden, hätten für das Lager rund 3000 Franken gefehlt. «Sollen wir etwa die WC streichen?», fragt Kassier Benjamin. Mehr Sponsoren zu suchen, sei schwierig. Auch Kuchen könne man nicht unbeschränkt verkaufen. «Im schlimmsten Fall müssten wir das Lager 50 bis 60 Franken pro Kind teurer machen. Einige Eltern könnten es sich dann möglicherweise nicht mehr leisten.»

«Wenn man hier spart, wird es später teurer»

Serafina Engels (18) weiss, wie sich das anfühlt. Sie leitet das Pfadilager mit, noch vor einigen Jahren war sie jeweils Teilnehmerin. «Meine Mutter bezog Ergänzungsleistungen und IV-Gelder. Dank eines Fördertopfs der Pfadi konnte ich trotzdem mit ins Lager.» Es seien jeweils einmalige Erlebnisse: «Jeder Tag ist einzigartig.»

Den Fördertopf gibt es noch immer – doch er könnte sich rasch leeren, wenn die Beiträge steigen, fürchtet Kassier Benjamin. «Hier im Lager lernen die Kinder so viel fürs Leben, zum Beispiel erste Hilfe im Notfall und die Zusammenarbeit im Team. Wenn man hier spart, wird es später teurer.»

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