So kämpft der Zoll dagegen
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Illegale Online-Bestellungen:So kämpft der Zoll dagegen

Wegen illegaler Waffenimporte
Ständerat nimmt Temu & Co. ins Visier

Hunderte Schweizer werden jährlich wegen unwissentlicher Einfuhr verbotener Produkte bestraft – wie etwa waffenähnlicher Wasserpistolen. Der Ständerat will nun Online-Händler verpflichten, verbotene Artikel zu kennzeichnen oder sie selber haftbar machen.
Publiziert: 16.06.2025 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2025 um 17:51 Uhr
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Imitationswaffen können echten Waffen zum Verwechseln ähnlich sehen. In der Schweiz ist ihr Import durch das Waffengesetz verboten.
Foto: Blick

Darum gehts

  • Ständerat Beat Rieder fordert Änderung des Waffengesetzes für Online-Plattformen
  • Konzerne sollen für verbotene Produkte belangt oder zur Kennzeichnung verpflichtet werden
  • Aargauer Staatsanwaltschaft verhängt monatlich Strafen für illegale Internet-Produkte
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Der Fall machte Schlagzeilen. Über die chinesische Webplattform Temu hatte ein Aargauer zwei pinke Wasserpistolen bestellt, als Geschenk für seine Göttikinder. Stattdessen schlug der Zoll zu. Weil die Pistolen echten Waffen ähneln, fallen sie unter das Waffengesetz. Unwissend hatte sich der Mann der «fahrlässigen widerrechtlichen Einfuhr von Waffen in das schweizerische Staatsgebiet ohne Bewilligung» schuldig gemacht. Konsequenz: eine Geldstrafe von 6500 Franken.

Der Mann ist kein Einzelfall. Viele tappen in die Temu-Falle. Die Aargauer Staatsanwaltschaft verhänge jeden Monat ähnliche Strafen für Internet-Produkte. Schweizweit sollen es rund 2000 Verfahren im Jahr sein.

Mitte-Ständerat Beat Rieder (62) geht das gegen den Strich. Als Strafverteidiger vertrat er selber schon einen Betroffenen. Nun zielt er auf eine Änderung des Waffengesetzes ab: Online-Plattformen wie Temu oder Amazon sollen entweder hier verbotene Produkte klar kennzeichnen – oder selbst für Verstösse belangt werden. «Die heutige Ungleichbehandlung dagegen ist extrem stossend», findet Rieder. «Die Kleinen hängt man zu Tausenden auf, den Grossen lässt man laufen.»

«Sie kümmern sich einen Dreck um ihre Kunden»

Steinschleudern, Laserpointer, Pfeffersprays oder manche Wasserpistolen – Hunderte landen so jährlich in Strafverfahren – ahnungslos, dass sie gegen das Gesetz verstossen. «Diese Handelskonzerne erzielen in der Schweiz Umsätze von mehreren Hundert Millionen, kümmern sich einen Dreck um ihre Kunden und klären sie nicht auf, dass ihre Produkte in der Schweiz verboten sind und der Import strafbar ist», hält Rieder fest. Damit soll Schluss sein.

Einstimmig stimmte der Ständerat am Montag Rieders Vorstoss zu mit der Forderung, dass auch die Konzerne belangt werden: «Sie haben Niederlassungen in der Schweiz, deren Mitarbeiter strafrechtlich verfolgt werden könnten.» Und: «Der Staat kann doch nicht vor internationalen Konzernen kapitulieren», so Rieder. Diese würden ihre Kunden im Glauben lassen, es handle sich um unproblematische Produkte und sie so in die Irre führen. «Das ist ihnen natürlich egal. Sie wollen nur Kohle machen.»

SP-Bundesrat Beat Jans (60) stand in der kleinen Kammer auf verlorenem Posten. So schlägt die Regierung vor, die Waffenverordnung anzupassen, dass nur noch als Imitationswaffe gelten soll, was auch von einer Fachperson nicht auf den ersten Blick von einer echten Waffe unterschieden werden kann. «Damit dürfte es zu deutlich weniger Strafverfahren kommen», argumentierte der Justizminister.

«Das ist fertiger Blödsinn!»

Dem Ständerat aber reicht das nicht. Könnten die Konzerne tatsächlich nicht belangt oder dazu verpflichtet werden, in der Schweiz verbotenen Produkte klar zu kennzeichnen, sei zumindest das Waffengesetz anzupassen. Bagatellfälle beim Import von «Waffen» sollen nicht mehr per Strafverfahren, sondern nur noch mit einem einfachen Bussenentscheid geregelt werden. Die Geldstrafe würde sich dann zwischen 40 und 200 Franken bewegen.

Die Justiz sei bereits völlig überlastet. Mit Blick auf den im Herbst erscheinenden Zwischenbericht der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren warnte Rieder vor einem Systemkollaps: Statt «schweren Jungs nachzujagen», würden Ressourcen für überflüssige Fälle verschwendet. «Das ist fertiger Blödsinn!» Nur mit einer Gesetzesanpassung sei dieser «komplette Leerlauf» zu stoppen. Der Vorstoss geht nun an den Nationalrat.

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