«Es war uns klar, dass der Präsident kurzfristig an den Zöllen festhalten wird»
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Keller-Suter zum Zoll-Schock:«Es war uns klar, dass er an den Zöllen festhalten wird»

Pharmastandort bibbert
Das Schicksal Basels hängt jetzt auch von Donald Trump ab

Hohe Zölle, Diktate bei Medikamentenpreisen: Basel ist bedroht von Trumps Entscheiden wie kein anderer Ort in der Schweiz. Wie soll sich die Region wehren?
Publiziert: 08.08.2025 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2025 um 07:10 Uhr
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Die Schweizer Pharmabranche ist zwar vom US-Zollhammer ausgeklammert. Dennoch steht sie unter Druck.
Foto: GEORGIOS KEFALAS

Darum gehts

  • Pharmabranche ist wichtig für Schweizer Wirtschaft, US-Handelsstreit belastet Abhängigkeit
  • Basel-Stadt besonders exponiert, 44 Prozent des Wirtschaftsvolumens aus Pharmabereich
  • 18 Milliarden Franken Umsatz, davon 4,3 Milliarden in die USA
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Pillen, Spritzen, Therapien – die Pharmabranche ist die Milchkuh der Schweizer Wirtschaft. Laut Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) erwirtschaften Chemie und Pharma mittlerweile über zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts. Sie sind den vergangenen 30 Jahren so stark gewachsen wie sonst keine Branche.

Die Abhängigkeit von Roche, Novartis und Co. wird durch den US-Handelsstreit zur Belastungsprobe. Beinahe ein Drittel ihrer Exporte geht nach Übersee. Besonders bibbern muss das Medikamenten-Hochburg der Schweiz: Im Kanton Basel-Stadt macht der Pharmabereich ganze 44 Prozent des Wirtschaftsvolumens aus.

Basel gegenüber den USA massiv exponiert

Basel versteckt nicht, dass die Stadt mit ihren Giganten ein gutes Geschäft macht: Die unförmigen Roche-Türme, der grosszügige Novartis-Campus – die Stadt zelebriert ihr wichtigstes Wirtschaftsstandbein.

Letztes Jahr erwirtschafteten die Basler Pharmaunternehmen rund 18 Milliarden Franken. «Davon dürften mindestens 4,3 Milliarden Franken in die USA gehen», sagt Stefan Felder (65), Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Basel. Das sind zehn Prozent der gesamten kantonalen Wirtschaftsleistung. «Basel-Stadt ist damit im Pharmabereich gegenüber den USA zweieinhalbmal stärker exponiert als die übrige Schweiz.»

Zwar ist die Pharmabranche vorläufig vom Zollhammer ausgeklammert. Doch US-Präsident Donald Trump (79) drückt trotz dieser Ausnahme auf Preissenkungen – und droht gar mit Strafzöllen von über 200 Prozent. Gut möglich also, dass die Medikamentenpreise im Streit zwischen dem Bund und Washington doch noch zur Verhandlungsmasse werden.

«Situation noch unklar»

So oder so: Egal ob Horrorzölle oder Preisreduktionen – Basel würde überdurchschnittlich leiden. Denn beide Szenarien brächten vermutlich zumindest eine Teilverlagerung der Produktion mit sich.

«Da die zukünftige Situation im Pharmabereich noch unklar ist, können wir aber die Auswirkungen auf den Standort Basel-Stadt zurzeit nicht abschätzen», sagt der Basler Regierungsrat Kaspar Sutter (49, SP) auf Anfrage von Blick. Der drohenden negativen Konsequenzen für den Basler Wirtschaftsstandort sei man sich jedoch bewusst, so der Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt.

«Ich gehe davon aus, dass wir im Raum Basel bald den Gürtel enger schnallen müssen», sagt die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (61), die auch die Handelskammer beider Basel präsidiert. Zugleich ist Basel im nationalen Finanzausgleich ein grosser Geberkanton: «Die gesamte Schweiz müsste mit einem massiven Wohlstandsverlust rechnen.»

Auch das Stiftungswesen würde leiden

Neben einem Loch in den Staatskassen hätte der Handelsstreit für die Region Basel auch indirekte Effekte. «Die Pharmaunternehmen haben im Stiftungswesen viele Impulse gesetzt», erklärt Georg von Schnurbein (48), Professor für Stiftungsmanagement an der Universität Basel. Neben Firmenstiftungen führten auch zahlreiche Eigentümerfamilien ihre eigenen Organisationen.

«Auch viele Führungskräfte finanzieren die Basler Wohltätigkeitsbemühungen kräftig mit», sagt von Schnurbein. Brächen bei den Unternehmen die Gewinne ein, hätte dies also direkten Einfluss auf die Stiftungsfinanzen – und damit auch auf das Basler Kulturwesen oder Forschung und Bildung. Auch die Universität Basel, an der von Schnurbein lehrt und forscht, ist auf Pharmagelder angewiesen.

Soll die OECD-Steuer fallen?

Was soll die Stadt also tun, um den Pharma-GAU abzuwenden? «Wir werden unseren bisherigen Weg konsequent weitergehen», sagt Regierungsrat Sutter. Basel sei ein Standort, der den Unternehmen Rechtssicherheit, Verlässlichkeit und damit Investitionssicherheit biete. «Der Bund muss aber dafür sorgen, dass wir weiterhin einen offenen Arbeitsmarkt haben und dass wir mit den Bilateralen III unsere Beziehungen mit der EU sichern.»

Auch für Nationalrätin Schneider-Schneiter ist ein stabiles Verhältnis mit der EU zukünftig unverzichtbar. Den «bisherigen Weg» der Basler Regierung sieht sie aber nicht als ausreichend: «Jetzt muss der Bund die OECD-Gewinnbesteuerung überdenken und je nachdem aussetzen.» So biete der Kanton den Pharmagiganten einen attraktiveren Standort – und behalte eventuell deren Hauptsitze und Arbeitsplätze in der Schweiz. «Trump will die Pharmaunternehmen in den USA. Es ist die letzte Konsequenz des massiven Drucks.»

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