Darum gehts
- Bauern kämpfen gegen Digiflux, das geplante Nährstoff-Meldetool des Bundes
- Kompromiss im Parlament: vereinfachte Erfassung für Landwirte ab 2027
- Hunderte Landwirte und Produzenten rufen zum Boykott von Digiflux auf
Es ist ein ewiges Tauziehen zwischen dem Bund und den Bauern. Der administrative Aufwand habe ein unzumutbares Mass erreicht, monieren die Landwirte. Und dennoch kämen immer weitere Anforderungen dazu. «Wir werden überladen», sagt Adrian Brügger (44), Meisterlandwirt aus Düdingen FR. «Digiflux bringt das Fass jetzt zum Überlaufen.»
An Digiflux, dem geplanten Meldetool des Bundes, entlädt sich gerade die angestaute Wut der Schweizer Landwirtinnen und Landwirte über die zunehmende Papierflut aus Bern. Ab 2027 müssen die Landwirte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf ihrem Hof über die digitale Plattform erfassen. Vorgesehen war bis jetzt, dass die Landwirtinnen und Landwirte ihren Pestizideinsatz für jede Parzelle inklusive Geodaten kartografieren müssen.
Komplexe Erfassungen sollen dank Parlament wegfallen
Der Grund dafür: Digiflux soll die gesamtschweizerischen Warenflüsse von Pestiziden, Dünger und Tierfutter abbilden. Vom Händler bis zum Bauern müssen alle beitragen – auch Gartenbau- und Forstbetriebe sind eingeschlossen. Der grosse Widerstand hat jetzt eine Erleichterung gebracht. Der Nationalrat nickte am Mittwoch den Vorschlag des Ständerats durch: Für die Landwirtinnen und Landwirte soll eine einfache Meldung ausreichen.
Der Freiburger SVP-Nationalrat Nicolas Kolly (39) hatte die Debatte angeregt. Er wollte noch weiter gehen und die Bauern mit einem Vorstoss gleich ganz von der digitalen Erfassung entbinden. Kollys ursprünglicher Wunsch könnte trotz des Kompromisses im Parlament doch noch in Erfüllung gehen: Der grosse Widerstand gegen das digitale Tool wird sich in absehbarer Zeit kaum entschärfen. So rufen etwa Hunderte Landwirte sowie Getreidemühlen und Futterproduzenten im Verein «Nichts zu melden» zum Boykott von Digiflux auf.
Gleich drei Kantone könnten sich wehren
Auch im Bundeshaus war es bloss der erste Angriff von vielen. Gleich zwei Standesinitiativen der Kantone St. Gallen und Bern sind hängig, die das Meldetool auch für das Gewerbe vereinfachen wollen. Und eine Dritte liegt im Kanton Freiburg aktuell noch im Kantonsparlament.
Der Vorstoss in Freiburg ist auf Adrian Brüggers Mist gewachsen. Der frisch gewählte Präsident des kantonalen Bauernverbandes sitzt für die SVP im Kantonsparlament. Immerhin ein Teilsieg sei der Berner Entscheid, sagt er. Dennoch: «Der Bund muss spüren, dass der Widerstand aus den Kantonen weiterhin da ist.»
Der Bund hält aktuell an Digiflux fest. Und er argumentiert damit, dass die Bauern die Daten sowieso bereits heute erfassen müssen – nämlich im Rahmen der Direktzahlungen. «Digiflux soll kein Mehraufwand sein», sagte der Vizedirektor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), Bernard Belk (61), kürzlich zu Radio SRF.
Auch das Gewerbe soll entlastet werden
«Natürlich erfasse ich die Daten bereits für meinen Hof. Sie aber ein zweites Mal digital einzutragen, ist ein unnötiger Mehraufwand», sagt Brügger. «Wir Landwirte arbeiten ohnehin schon am Limit!»
Beim Kampf gegen die Bürokratie müssen laut Brügger aber nicht nur die Bauern, sondern alle ins Boot geholt werden, die von Digiflux betroffen sind. Das heisst: Die Erfassung des Dünger- und Tierfutterhandels soll aus seiner Sicht gleich ganz wegfallen. Und bei den Pflanzenschutzmitteln soll auch für den Handel eine einfache Meldung reichen. «Wird es schlussendlich so umgesetzt, kann ich dazu stehen», sagt Brügger.
Zumindest auf nationaler Ebene stehe das BLW mit dem Bauernverband in einem guten Dialog, so Brügger. Die Devise ist klar: Der Bund muss das Vertrauen der Landwirtinnen und Landwirte zurückgewinnen – und zwar bevor die eidgenössischen Räte dem Projekt Digiflux immer weiter das Wasser abgraben.