Darum gehts
- Acht Millionen Franken Defizit im ersten Quartal, Tendenz steigend.
- Kinderspital überlebt nur dank Subventionen und Millionen-Spenden.
- Natalie Rickli erhöht den Druck auf Stiftung und Spitalleitung.
Am übernächsten Samstag lädt das grösste Kinderspital der Schweiz, das Kispi in Zürich, zu einem Fest. Kinder dürfen die Spitalclowns besuchen und an der Sirup-Bar lachen. Es soll ein «unvergesslicher Tag ohne Angst und Tränen» werden, so die Einladung.
Dabei ist dem Kispi selbst nicht zum Lachen zumute – es kämpft ums finanzielle Überleben. Die Schieflage hat sich diese Woche zugespitzt.
Acht Millionen Franken Verlust – Tendenz steigend
Laut Informationen, die Blick vorliegen, informierte die Spitalleitung ihre Ärzte intern über das Ausmass der Krise: Im ersten Quartal verzeichnet das Kispi ein Defizit von acht Millionen Franken. Im zweiten Quartal dürfte das Minus noch grösser ausfallen.
Die Betriebskosten laufen aus dem Ruder. Besonders die Reinigungskosten liegen weit über dem Budget. Hintergrund: Das Kispi zog letztes Jahr in einen hochmodernen Neubau der Architekten Herzog & de Meuron. Die laufenden Kosten sind seither massiv gestiegen – offenbar deutlich mehr als erwartet. Auch die Baukosten wurden unterschätzt.
Auf Anfrage räumt die Spitalleitung ein: «Die finanzielle Lage ist anspruchsvoll.» Zu den konkreten Zahlen schweigt das Spital. «Wir geben keine unterjährigen Finanzzahlen bekannt.»
Dauerkrise belastet den Kanton
Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (48) dürfte die Nachricht kaum freuen. Die SVP-Regierungsrätin musste das privat geführte Spital bereits mehrfach mit Steuergeld stützen. Für 2024 sprach der Kanton 35 Millionen Franken. Vor wenigen Wochen kamen weitere 25 Millionen dazu – unter Vorbehalt der Zustimmung durch den Kantonsrat.
Im Gegenzug verlangt der Regierungsrat einen klaren Kurs: Die Trägerstiftung und die Spitalleitung sollen das Kispi auf einen «finanziell nachhaltigen Pfad» führen – ohne weitere Hilfen.
Die laufende finanzielle Entwicklung kommentiert die Gesundheitsdirektion nicht, sagt aber zu Blick: «Die finanzielle Situation des Kispi bleibt weiterhin kritisch.» Ricklis Departement lässt die finanzielle Lage des Kispi mit einem verstärkten Controlling überwachen. Und gibt den Tarif durch: «Die Gesundheitsdirektion erwartet, dass die Stiftung die Betriebsoptimierung priorisiert, substanzielle Synergien ausschöpft und kostensenkende Massnahmen vorantreibt.»
Too big to fail – und doch am Limit
Sollte sich der negative Trend fortsetzen, wären die 25 Millionen Franken noch vor Jahresende aufgebraucht und wegen des stetigen Defizits drohen auch zusätzlich Abschreibungen auf der Immobilie (ein sogenanntes Impairment). Theoretisch droht die Insolvenz. Praktisch ist das ausgeschlossen: Das Kispi ist für die Schweizer Kindermedizin systemrelevant – wie die UBS für die Wirtschaft. Der Kanton kann das Spital nicht fallenlassen.
Das Kispi betreut jährlich rund 8500 stationäre Patienten, behandelt 50'000 Notfälle und beschäftigt über 1800 Mitarbeitende.
Ein Fass ohne Boden – oder ein Fall für Warhol
Ohne Subventionen und Spenden wäre das Kispi längst nicht mehr lebensfähig. Erst kürzlich erhielt es 70 Millionen Franken aus einer Stiftung – finanziert durch den Verkauf einer Kunstsammlung. Das spektakulärste Stück: Andy Warhols berühmte «Shot Sage Blue Marilyn» wechselte 2022 für 195 Millionen Franken den Besitzer.
Doch wie lange lässt sich das System so noch tragen? Der Ruf nach einer Verstaatlichung wird lauter – besonders von linker Seite. Andernfalls bleibt nur die Hoffnung auf das nächste Warhol-Wunder.