Mehr Tote wegen Hitze als im Verkehr
Deutschschweizer Kantone hinken bei der Hitzebekämpfung hinterher

Hitzewellen in Städten werden gefährlich. Der Bund und Schweizer Städte treiben nun Projekte voran, um Hitzeinseln zu bekämpfen. Blick stellt einige Lösungen vor.
Publiziert: 13.08.2025 um 11:50 Uhr
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Hitzewellen sind nicht nur schweisstreibend, sondern gefährlich. Es sterben mehr Leute als im Strassenverkehr.
Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire

Darum gehts

  • Städte bekämpfen Hitze mit Begrünung, Wasser und hellen Farben
  • Deutschschweizer Kantone hinken hinterher
  • Bepflanzte Hauswände können bis zu 20 Grad kühler sein
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nastasja HofmannRedaktorin Politik

Es sterben mehr Menschen an Hitze als im Strassenverkehr. Eine Hitzewelle ist also nicht nur schweisstreibend und bleiern, sondern auch gefährlich. Das wird ganz besonders in Städten zum Problem. Durch die vielen Betonflächen entstehen regelrechte Hitzeinseln. Was tun?

Der Bund und die Städte arbeiten an verschiedenen Lösungen: Gefragt sind kühle Antworten auf heisse Fragen! Allerdings ist es gerade in der Deutschschweiz um die Massnahmen nicht zum besten bestellt. Zu diesem Schluss kommt ein kürzlich publizierter Bericht des Bundes. Die Deutschschweizer Kantone hinken demnach deutlich hinterher im Vergleich zur Romandie.

2024 hatten demnach erst acht Kantone einen Hitzeaktionsplan. In acht Kantonen sind noch gar keine Massnahmen in Kraft. Und während die Westschweizer Kantone fix Pläne haben, bleibt es in der Deutschschweiz meist bei einzelnen Massnahmen. Allerdings will man an mehreren Orten vorwärts machen. 

Vorreiter ist etwa Genf. Dort können ältere Menschen gratis in klimatisiere Kinosäle, wenn die Hitze so richtig brütet. Und in Parks werden dank Wassernebel-Duschen kühlere Oasen geschaffen. 

Insbesondere in Städte läuft bereits Einiges. Das sind ein paar Beispiele, wie gegen die Hitze gekämpft werden kann: 

Begrünung

Eine wirksame Methode, um die Umgebung, aber auch Gebäude natürlich zu kühlen, ist die Begrünung. Häufig werden dazu gezielt Betonflächen aufgebrochen, um dazwischen hitzeresistente Baumarten zu pflanzen.

Neben Stadtparks oder extra gepflanzten Alleen gibt es seit einigen Jahren eine weitere Form der Begrünung. Wenn sich an Hauswänden die Pflanzen hochräkeln oder das Dach einem Biotop ähnelt, nennt sich das Fassadenbegrünung. Die Flora spendet dabei nicht nur Schatten, sondern entzieht der Luft CO2, reflektiert das Sonnenlicht und verdunstet Wasser. Bepflanzte Hauswände können dadurch bis zu 20 Grad kühler sein als die nackte Variante. 

Ein weiteres kreatives Begrünungsprojekt setzt auf die Wanderbaumallee. Dabei handelt es sich um in Holzkisten eingetopfte Bäume.

Der Schritt ins kalte Wasser

Viele Schweizer Städte profitieren von ihrer Lage an einem See oder Fluss. Das ist in Zürich, Luzern, Bern, Genf, Lausanne und weiteren Städten der Fall. Allerdings befindet sich jeweils nur ein Bruchteil der Gebäude in nächster Seenähe, der Rest gleicht eher einer Betonlandschaft. 

Die Stadt Zürich lancierte deshalb in den Hitzesommern 2022 und 2023 ein neues Wolkenprojekt, das sogenannte «Alto Zürrus». Das Wortspiel bezieht sich auf die meteorologische Wolkengattung der Schleierwolke. Gemeint ist ein Ring, der kühlende Nebelwolken versprüht. 

Auch andere Installationen wie Brunnen oder Fontänen ermöglichen den Schritt ins kalte Wasser. Und durch die Verdunstung profitiert die Umgebung von bis zu 7,6 Grad Kühlung. So etwa das Wasserspiel auf dem Bundesplatz Bern.

Klimatisierte Räume

Ein sehr effektives Mittel gegen die Aussenhitze sind klimatisierte Innenräume. So rät das Bundesamt für Gesundheit bei Hitzebeschwerden wie Schwindel, Kopfweh bis zum Hitzeschlag, sich in Räume mit Maximaltemperatur von 24 Grad zurückzuziehen. 

Am wichtigsten ist diese Option für sogenannte vulnerable Personen. Das betrifft Kinder, ältere Menschen, Schwangere, Kranke oder auch Obdachlose. Ein Postulat der FDP-Fraktion Stadt Luzern fordert deshalb, dass bei Hitzetagen klimatisierte Räume zur Verfügung gestellt werden. Klimaanlagen sind allerdings nicht nur sehr energieintensiv, sondern generieren auch viel Abwärme. 

Je heller die Farbe, desto besser

Mit gezielten Baumassnahmen lassen sich die trockenen Tage und tropischen Nächte etwas abkühlen. Eine einfache Variante ist die Farbe der Hausfassade. Einfach gesagt, strahlen weisse oder beige Hauswände einen viel grösseren Teil des Sonnenlichts wieder zurück. Damit erhitzt sich das gesamte Haus weniger.

Dasselbe gilt natürlich auch für den Strassenbelag. 2023 hat der Rheinhafen Basel einen ersten Test gestartet. 50 Meter Asphalt wurden weiss bemalt. Dieses Jahr wagt Zürich den Versuch. Am Stadtrand wird ein Strassenabschnitt abgeschliffen, damit die Oberfläche heller erscheint. Diese soll sich um bis zu 5 Grad weniger erhitzen. 

Die kühle Brise

Eine kühlende Brise weht häufig in den Sommernächten. Gerade in den Städten stehen die Gebäude den Luftströmen im Weg. Viele Städte haben deshalb eine Klimaanalyse durchgeführt. Die Erkenntnisse fliessen in die Raumplanung und in neue Baugesetze, etwa damit Gebäude so angeordnet werden, dass die Stadt besser natürlich durchlüftet wird. Allerdings ist es ein aufwendiger, teurer und langjähriger Prozess. Das Bundesamt für Raumentwicklung schreibt dazu aber deutlich, dass es zentral sei, «ortsklimatische Rahmenbedingungen in den städtebaulichen Wettbewerb» miteinzubeziehen.

Hitze-Hotline

Der Kanton Basel-Stadt hat gemeinsam mit Pro Senectute eine digitale Lösung gegen die Hitze gefunden. Gemeinsam betreiben sie von Juni bis August eine Hitze-Hotline. An besonders heissen Tagen werden Seniorinnen und Senioren bei einem Anruf informiert, beraten und unterstützt. Laut dem Gesundheitsdepartement erhielten die Einwohnenden ab 75 Jahren bereits für die Vorbereitung auf den Sommer Informationen zum Hitzeschutz per Post. 

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