Darum gehts
- Schweizer Armee plant Reaktivierung von Kampfbunkern mit Minenwerfern
- Armasuisse sucht Lösungen für moderne Verteidigungsknoten in stillgelegten Festungsanlagen
- Zwischen 1960 und 2003 wurden 112 solche Anlagen gebaut
Der Ukraine-Krieg hat alles verändert. Die Schweiz rüstet auf und die Armee will frühere Kampfbunkeranlagen mit Minenwerfern teils wieder in Betrieb nehmen.
Zwischen 1960 und 2003 wurden insgesamt 112 solche Anlagen gebaut. Im Ernstfall sollten sie Landesgrenzen oder wichtige Verkehrsachsen beschiessen. 2018 entschied das Parlament, die Festungsminenwerfer ausser Dienst zu nehmen. Der damalige Verteidigungsminister Ueli Maurer (74) sprach vom «Ende des Reduit-Konzepts». Einzelne Bunker wurden seither an Private verkauft. Mit dem Ukraine-Krieg wurde der Ausverkauf gestoppt.
Militär sucht Tipps für Bunker-Comeback
Und nun leitet die Armee das grosse Bunker-Comeback ein. Dafür hat das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) auf der Beschaffungsplattform Simap eine Projektstudie öffentlich ausgeschrieben. So will sich das Militär Tipps holen, wie die stillgelegten Festungsanlagen zu «schwer angreifbaren Verteidigungsknoten» ausgebaut werden können – vollgestopft mit modernster Elektronik, aber mit möglichst wenig baulichen Massnahmen.
Angesprochen werden sollen etwa innovative KMU, Start-ups oder Spin-offs. Ziel sei es, die Zusammenarbeit von Industrie und Militär zu stärken, erklärt ein Armeesprecher.
Die Ausgangslage wird klar definiert: Gesucht ist eine Lösung, mit der auf mindestens 10 und im Idealfall 30 Kilometer gepanzerte und weiche Ziele am Boden sowie auf bis zu 10 Kilometer tieffliegende Ziele in der Luft beschossen werden können. Die Anlage soll innert weniger Stunden betriebsbereit sein und das erst noch mit möglichst wenig Soldaten.
Ermöglicht die Lösung, von einem Standort Aufklärung zu betreiben, um von einem anderen zu feuern? Kann das bestehende Minenwerferrohr weiter genutzt werden oder ist ein völlig neues System nötig oder sinnvoll? Welches ist die effektivste Variante? Welches die kostengünstigste? Das Verteidigungsdepartement VBS hat Fragen über Fragen.
Letztlich gehe es darum, Möglichkeiten für die sinnvolle und kostengünstige Wiederinbetriebnahme der Festungsanlagen auszuloten, heisst es von der Armee.
Kurzfristiger Sinneswandel
Noch Mitte 2022 wollte der Bundesrat von einer Wiederinbetriebnahme der Festungsanlagen nichts wissen. Eine Motion von SVP-Nationalrat Bruno Walliser (59) lehnte er ab. «Aktuell hält der Bundesrat die Reaktivierung von Festungsanlagen beziehungsweise von Festungstruppen für nicht angezeigt», hielt die damalige Verteidigungsministerin Viola Amherd (63) fest.
Der Sinneswandel kam wenig später. 2023 erklärte Armeechef Thomas Süssli (58), es werde geprüft, ob ein Teil der Festungsartillerie bleiben soll. Im Mai skizzierte er, wie er einzelne Bunker wieder in Betrieb nehmen will: «Ein sehr grosser Teil ist in einem sehr guten Zustand und könnte in kurzer Zeit mit Bewilligung des Parlaments wieder instand gestellt werden.»
Militärisch könne dies sinnvoll sein. Die Festungsminenwerfer seien in gewissen Geländeabschnitten die einzigen militärischen Einrichtungen. Selbst in einem modernen Krieg seien die Bunkeranlagen nicht so einfach zu zerstören, da sie gut geschützt seien. «Es braucht einen Volltreffer auf die Anlage, um sie zu zerstören», so Süssli.
Vorerst sollen Anlagen als Munitionslager oder Truppenunterkunft dienen. Für ihre Wiederbewaffnung müsste das Parlament zuerst wieder grünes Licht geben.