Für einmal zanken sich die Parteien nicht nur untereinander. Auch parteiintern öffnen sich beim EU-Deal gerade Gräben. Das EU-Vertragspaket, das der Bundesrat am Freitag veröffentlicht hat, hat das Zeug, in mehreren Parteien zum Spaltpilz zu werden. Bereits jetzt wird parteiinterner Knatsch öffentlich ausgetragen. Eine kleine Auslegeordnung.
SP: Wer ist hier ahnungslos?
Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard hat nicht nur Arbeitgeber und Bundesrat vor sich hergetrieben, um bei den flankierenden Massnahmen zum EU-Deal möglichst viel herauszuschlagen. Er sorgt auch bei seinen eigenen Genossen für rote Köpfe. Mit seiner Kritik am Stromabkommen hält sich der Waadtländer nicht zurück. Die (Teil-)Liberalisierung für private Haushalte ist dem Gewerkschaftsboss ein Dorn im Auge.
Blick weiss: Maillards lautstarke Opposition kommt parteiintern nicht gut an und könnte für noch mehr Zoff sorgen. Bereits jetzt wird der Kampf öffentlich ausgetragen. Ausdruck dafür ist ein Tweet von SP-Nationalrat Eric Nussbaumer, über den die Sonntagszeitung berichtet hat. Nussbaumer, bekannt als EU-Turbo, bläst zum Frontalangriff und wirft seinem Kollegen nicht nur Unwissen vor, sondern auch den «bösen Willen, das europäische Projekt schlechtzureden».
FDP: Ultimative Forderungen
Die FDP-Spitze machte bisher einen grossen Bogen ums EU-Dossier. Sie schwieg schlicht. Offiziell heiss es: Es wäre unseriös, sich zu äussern, solange die Verträge mit all ihren Details nicht auf dem Tisch liegen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Es ist kein Geheimnis, dass FDP-Präsident Thierry Burkart eher skeptisch ist. Vor allem aber weiss er, dass die Haltung zum EU-Deal in der Partei Spaltpotential hat. Es gibt kritische Kräfte, etwa der Berner Nationalrat Christian Wasserfallen (43) oder der Nidwaldner Ständerat Hans Wicki (61).
An vorderster Front für den EU-Deal kämpft dagegen FDP-Nationalrat Simon Michel (48). Am Sonntag ging er in die Offensive. Aus seiner Sicht müsse die FDP Ja zu den Verträgen sagen, erklärte er in der NZZ am Sonntag. Obwohl die Partei sich darauf verständigt hat, dass eine Gruppe aus Gegnern und Befürwortern die Haltung der FDP ausloten soll, prescht Michel vor und fordert ultimativ: «Als Unternehmer verlange ich, dass sich die FDP zum Paket bekennt. Das muss aus meiner Sicht ein Ja geben.» Das dürfte zu reden geben. Prägend sein dürfte die Haltung zum EU-Paket auch bei der Wahl des neuen Präsidenten oder der neuen Präsidentin am 18. Oktober.
Die Mitte: Geringere Spannung(en)
Wie bei der FDP ist es bei der Mitte: Für die Partei gibt es derzeit im Dossier nicht viel zu gewinnen. Die offiziellen Voten der Partei waren eher abwartend. Entscheidend dürfte sein, welchen Ton der neue Präsident Philipp Matthias Bregy anschlägt. Er soll Ende Juni gewählt werden. Sein Wort wird Gewicht haben: Bei allfälligen Gegnern dürfte der Wille gering sein, gleich zu Beginn mit dem neuen Parteichef auf Konfrontationskurs zu gehen.
Einigkeit bei SVP und Grünen
Einig über den EU-Deal sind sich Grüne und GLP. Ebenso geeint ist die SVP, für die der Kampf gegen die EU zur Partei-DNA gehört. Hier könnte einzig SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher in Clinch mit ihren Wirtschaftsmandaten geraten. Die EMS-Chefin und Tochter von SVP-Übervater Christoph Blocher dürfte prominent gegen den Deal weibeln. Das sorgte bereits für Irritationen. Ausgerechnet Martullo-Blocher sitzt im Vorstand des dezidiert proeuropäischen Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse. Kritiker fragten, ob sie eine gute Besetzung für das Amt sei.