Darum gehts
- Nestlé schafft Nutri-Score für Schweizer Produkte ab, behält ihn international bei
- Fehlende Unterstützung im Lebensmittelsektor und schwache Verbreitung führten zur Entscheidung
- Bewertungssystem steht auch politisch unter Druck
Er fand sich bisher auf so bekannten Nestlé-Marken wie Cailler, Thomy, Incarom, Nestea oder Henniez: Der Nutri-Score, der den Konsumentinnen und Konsumenten den Nährwert eines Produkts angibt – vom grünen A, das für ausgewogen steht, bis zum unausgewogenen roten E.
Doch jetzt erhalten die Konsumenten diese Information nicht mehr. Nestlé wird das Nutri-Score-System abschaffen – für alle Produkte, die nur in der Schweiz verkauft werden. Die international vertriebenen Nestlé-Marken behalten vorerst das Bewertungssystem von A bis E bei.
«Unterstützung fehlt»
Ist der Konzern es leid, schlechte Noten für Mayonnaise oder Schokoladenriegel zu vergeben? Im Gegenteil, heisst es beim Unternehmen.
«Nestlé hat mit der Einführung des Nutri-Scores 2019 eine Vorreiterrolle übernommen und ihn auf allen betreffenden Produkten in der Schweiz angebracht», sagt Mediensprecher Guillaume Roud. «Heute müssen wir jedoch feststellen, dass die Unterstützung für den Nutri-Score im Land deutlich zurückgegangen ist: Viele Akteure im Lebensmittelsektor haben sich nie engagiert, andere haben sich zurückgezogen.»
Die Nestlé-Marken seien heute praktisch die einzigen, die in ihren Produktkategorien jeweils den Nutri-Score trügen. «Das Label kann daher seine Funktion nicht mehr erfüllen, den Konsumentinnen und Konsumenten einen Vergleich des Nährwerts von ähnlichen Produkten zu ermöglichen.»
Bauern kritisieren den Nutri-Score
Der Nutri-Score ist in der Schweiz nicht obligatorisch. Die Migros hatte die Kennzeichnung zuerst ebenfalls übernommen, zog aber bereits im Mai 2024 den Stecker. Die Nachricht sorgte für einen Aufschrei, fast 350 Gesundheitsfachleute unterzeichneten damals einen offenen Brief an die Geschäftsleitung des orangen Riesen, in dem sie die Rückkehr des Bewertungssystems forderten.
Seit seiner Einführung im Jahr 2019 wird der Nutri-Score vom Schweizerischen Bauernverband (SBV) heftig kritisiert. Der Verband erhebt den Vorwurf, der Nutri-Score bewerte natürliche Produkte falsch. Hochverarbeitete Produkte werden etwa besser beurteilt als der von Natur aus süsse Apfelsaft. Auch würde die pro Tag gegessene Menge zu wenig berücksichtigt.
Nicht zuletzt aufgrund der Kritik aus Bauernkreisen hat das Parlament in Bern eine Motion angenommen, die dem Nutri-Score Wind aus den Segeln nehmen wollte. Nestlé verweist auch auf diesen Entscheid des Parlaments – und den fehlenden politischen Support für den Nutri-Score.
International hält Nestlé daran fest
Der Konzern will das Nutri-Score-System weiterhin für Produkte verwenden, die international verkauft werden. «Unsere Entscheidung betrifft nur die Schweiz. Nestlé unterstützt und implementiert den Nutri-Score weiterhin in anderen europäischen Ländern, die diese Nährwertkennzeichnung befürworten», so Guillaume Roud.
Der Nutri-Score hat aber auch seine Befürworter, allen voran das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. In Genf hat das Parlament Ende März eine Motion angenommen, die eine obligatorische Kennzeichnung in den Lebensmittelregalen vorsieht.
Nestlé will künftig einen QR-Code anbieten, den man scannen kann, um alle Informationen über die Nährwertqualität eines Produkts zu erhalten.