Darum gehts
- Schweiz schliesst Botschaft in Teheran temporär wegen Sicherheitsrisiken
- Die Guten Dienste werden zeitweise von Bern aus gemanagt
- Schweiz vertritt US-Interessen im Iran seit 45 Jahren
Bis zum Schluss wollte die Schweiz in Teheran präsent bleiben. Seit 45 Jahren vertritt die Eidgenossenschaft im Rahmen eines Schutzmachtmandats US-Interessen im Iran. Wenn Donald Trump (79) dem Mullah-Regime etwas über diplomatische Kanäle mitteilen möchte, dann läuft das über die Schweiz. Doch in den letzten Tagen haben sich die Ereignisse überschlagen.
Israelische Kampfflieger haben das iranische Aussenministerium in Teheran bombardiert. Seitdem waren keine physischen Treffen mit der Schweizer Botschafterin mehr möglich, der Austausch erfolgte telefonisch.
Auch für das Schweizer Botschaftspersonal hat sich die Sicherheitslage massiv verschlechtert. Ein israelischer Angriff in Teheran beschädigte die Wohnung eines Schweizer Diplomaten. Zum Zeitpunkt der Druckwelle war die Wohnung leer, der Schweizer Diplomat wurde nicht verletzt. «Der Angriff galt der Nachbarschaft, die beschädigte Wohnung unseres Kollegen ist ein Kollateralschaden», bestätigt EDA-Staatssekretär Alexandre Fasel (64) im Gespräch mit Blick. «Wir haben Israel die Standorte übermittelt, wo unsere Diplomaten wohnen, damit diese nicht versehentlich zum Ziel werden.» Und: «Wir haben Israel und die USA um Sicherheitsgarantien gebeten. Diese haben wir nicht erhalten», sagt Fasel.
Botschafterin Olivieri Lozano kommt in die Schweiz
Aufgrund des wachsenden Sicherheitsrisikos entschied Bundesrat Ignazio Cassis (64), die Botschaft in Teheran temporär zu schliessen. Am Freitag fuhr die Schweizer Botschafterin Nadine Olivieri Lozano (50) mit sechs Schweizer Kollegen in einem Konvoi nach Baku (Aserbaidschan). Andere Botschaftsmitarbeitende waren bereits am Dienstag nach Turkmenistan gereist.
«Botschafterin Olivieri Lozano wird in den nächsten Tagen in die Schweiz reisen und von hier aus das Schutzmachtmandat weiter ausüben», sagt Fasel. «Wir können auch von Bern aus Gute Dienste leisten.» Die Schweiz verfüge über verschlüsselte Kanäle, um den wichtigen Kanal zwischen Washington, Bern und Teheran weiterhin sicherzustellen. «Wir klären nun, wie wir vom Ausland aus die konsularischen Dienste für Schweizer und US-Bürger im Iran wahrnehmen können.» Wenn ein US-Amerikaner einen neuen Pass braucht, Probleme mit der Justiz hat oder im Gefängnis landet, gewährt die Schweiz konsularischen Schutz.
Die Schweiz organisiert keine Sonderflüge
«Unsere Leute im Iran und in Israel leisten eine ausgezeichnete Arbeit», sagt Spitzendiplomat Fasel. Anders als in Teheran verfügt die Botschaft in Tel Aviv über Schutzräume. Zusätzlich hat der Bundesrat Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) nach Tel Aviv geschickt. «Die Arbeit der Botschaft in Tel Aviv geht weiter», sagt Fasel.
Aktuell sind in Israel 220 Schweizer Touristen und rund 29'000 Auslandschweizer gemeldet; im Iran sind 100 Schweizer Touristen und 180 Auslandschweizer registriert. Bern werde – anders als etwa Deutschland – aktuell keine Sonderflüge organisieren, stellt Fasel klar: Der Bundesrat setze auf Eigenverantwortung. Das Aussendepartement rate seit langem von Reisen in die beiden Länder ab, Schweizer könnten zudem weiterhin über den Landweg Israel oder den Iran verlassen und über Nachbarländer in die Schweiz zurückfliegen.
Fasel spricht in Washington auch Gaza-Tragödie an
Der EDA-Staatssekretär war diese Woche in Washington, um den amerikanischen Vize-Aussenminister Christopher Landau (61) kennenzulernen. «In der Diplomatie sind persönliche Kontakte sehr wichtig», sagt Fasel. «Die Trump-Administration hat die Europaabteilung noch nicht zusammengestellt, viele Stellen sind noch vakant. Aber ich konnte mit Christopher Landau über unsere bilateralen Beziehungen und das Schutzmacht-Mandat sprechen», sagt der EDA-Staatssekretär. «Die USA haben sich für unsere Arbeit im Iran bedankt und zeigen Verständnis, dass wir in nächster Zeit nicht vor Ort präsent sind.» Auch die humanitäre Situation in Gaza war Thema in Washington: Fasel wiederholte die Position des Bundesrats, wonach Israel die Blockade des Gazastreifens für humanitäre Güter unverzüglich aufheben müsse.
Laut Fasel muss eine weitere Eskalation im Nahen und Mittleren Osten verhindert werden. «Der Bundesrat hat jegliche Anwendung von Gewalt, die gegen die Uno-Charta und das Völkerrecht verstösst, verurteilt», sagt Fasel. Hinweise darauf, ob die USA den Iran bombardieren werden, habe er nicht erhalten. US-Präsident Donald Trump will in den nächsten zwei Wochen über eine mögliche Kriegsbeteiligung der USA entscheiden. «Zwei Wochen sind das Maximum», sagte Trump, bevor er sich ins Wochenende verabschiedete.
«Wir tun alles, um zu einer friedlichen Lösung zu gelangen»
Der iranische Aussenminister Abbas Araghtschi (62) kam am Freitag nach Genf, um seine europäischen Amtskollegen aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und der EU zu treffen. Am Rande des Gesprächs traf Araghtschi auch den Schweizer Sonderbotschafter für den Nahen und Mittleren Osten, Wolfgang Amadeus Brülhart (64). Staatssekretär Fasel betont: «Wir tun alles, um zu einer friedlichen Lösung zu gelangen, und haben unsere Guten Dienste angeboten.»