Darum gehts
- Donghua Li besucht das Grab seines Sohnes Janis, der 2019 starb
- Kinderzimmer bleibt unverändert, Li erlebt Todesmoment immer wieder
- Janis wäre heute 13 Jahre und drei Monate alt, Li plant Reise zu Eltern
Wenn Donghua Li (57) das kleine Teddybärli auf das Grab seines geliebten Sohnes stellt – behutsam, hinter die Libelle und links neben die «Star Wars»-Figur Meister Yoda –, scheint die Welt stillzustehen. Die Kerzenflamme ist im hellen Sonnenschein kaum zu sehen. Doch sie brennt.
Für Janis. Seinen Sohn, der am 20. August 2019 um 17.55 Uhr im Kinderspital Luzern starb. Mit nur sieben Jahren und drei Monaten. Innerhalb weniger Stunden. Zuerst war da plötzlich sein auffallend dicker Bauch. Die Fahrt in die Notaufnahme, innere Blutungen. Diagnose: ein bis dahin unbekannter Krebstumor. Der Tod von Janis wurde als «aussergewöhnlicher Todesfall» eingestuft.
Der Staub auf dem Gameboy bleibt
Zwei Tage vor dem sechsten Todestag, seit dem die Uhr für Donghua Li in einem anderen Takt schlägt, darf Blick Donghua Li begleiten – ans Grab in Adligenswil LU und ins Kinderzimmer, das seit sechs Jahren unverändert geblieben ist. Staub liegt auf dem Gameboy seines Sohnes. «Wenn ich alles so lasse, wie es am letzten Tag von Janis war, der bei mir gelebt hat, gibt mir das ein schönes Gefühl», sagt er.
Der Schweizer Olympiasieger am Pauschenpferd von 1996 erinnert sich oft an den intensivsten Moment seines Lebens: den letzten Atemzug seines Sohnes. «Plötzlich habe ich gespürt, wie die Seele seinen Körper verlässt. Ich erlebe den Todesmoment von Janis immer wieder.» Sein Junge begegne ihm auch in Träumen. «Er greift meine Hand. Diese Begegnungen im Herzen mit ihm sind besonders schön.»
Die Kleiderschränke von Janis sind prall gefüllt. Vor einem Jahr dachte Li daran, T-Shirts, Pullis und Spiele an Kinder zu verschenken, die sie brauchen. «Ich habe es bis anhin nicht übers Herz gebracht», sagt er und ergänzt: «Nun habe ich Familienmitglieder in China, die Söhne bekommen haben. Janis wäre sicher glücklich, wenn sie seine Sachen tragen würden.» Noch in diesem Jahr will Li zu seinen 83-jährigen Eltern nach China reisen.
Janis wäre sicher ein cooler Teenie
Vieles von Janis möchte er dann mitbringen. Immer wieder stellt sich der Sport- und Gesundheitsförderer vor, wie sein Sohn heute wäre. «Janis wäre heute 13 Jahre und drei Monate alt. Ich bin sicher, er wäre ein cooler Teenager. Wahrscheinlich grösser als ich, beliebt und sehr sportlich. Schon als kleiner Bub hat er gesagt, dass er einmal Golfer werden will.»
Oft spielten Vater und Sohn zusammen Golf, gingen mit ihrem Boot auf den See, assen Hamburger, oder der Kleine tobte sich auf dem Spielplatz aus. «Janis hat das Leben geliebt», sagt Li. «Er hat allen, die ihn kannten, so viel Freude geschenkt. Heute gibt er mir die Kraft, weiterzugehen – und die Freude am Leben nicht zu verlieren.»