Dem Schweizer Regisseur Simon Aeby (61) lief es kalt über den Rücken, als er diese Woche im BLICK den Fall von Sonja G.* las. Die Mutter hatte sich jahrelang sexuell an ihrem kleinen Sohn vergriffen. «Diese Geschichte hat verblüffend viele Berührungspunkte mit dem Film, den ich eben fertiggedreht habe», so Aeby.
In «Nightfall» geht es um einen Zehnjährigen, der von seiner Mutter missbraucht wird. «Es ist ein Tabuthema, das in der Schweizer Filmgeschichte noch nie so behandelt wurde», sagt der Regisseur, der bereits populäre Filme wie «Fähnlein der sieben Aufrechten» oder «Dinu» gedreht hat.
Aeby will damit für ein Thema sensibilisieren, das bisher kaum Beachtung gefunden hat. «Mütter gelten ja als Beschützerinnen der Familie. Dass ausgerechnet sie zu Täterinnen werden, ist oft unvorstellbar.»
Die Grenze von der Mutterliebe zum Übergriff sei unscharf, es gibt kaum Zahlen oder Literatur dazu, und die Dunkelziffer ist gross. Aeby: «Oft verdrängen Opfer das Geschehene und werden sich erst als Erwachsene bewusst, was mit ihnen geschehen ist.» So wie der Protagonist in seinem Film.
Warum hat sich der Regisseur ausgerechnet dieses Themas angenommen? «Ein Freund hatte in der Kindheit ein solches Erlebnis. Das hat mich schon länger beschäftigt», sagt Aeby. «Ich will aber keinesfalls generell Frauen anklagen, sondern lediglich auf ein Tabu aufmerksam machen.»
Für den Film sucht Aeby einen Schweizer Kinoverleiher und reicht ihn im Herbst an internationalen Filmfestivals ein. «Mein Ziel ist, dass er nicht nur in der Schweiz gezeigt wird. Dieses Thema bewegt auch an anderen Orten auf der Welt.»
* Name geändert