Melanie Winiger bricht endlich ihr Schweigen
Das Schlimmste ist das Gefühl, versagt zu haben

Die Schauspielerin hat turbulente Zeiten hinter sich. Melanie Winiger spricht erstmals über ihre Trennung und den Traum, in Australien Pferde zu züchten.
Publiziert: 26.02.2012 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:50 Uhr
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Melanie Winiger träumt von einer Rolle in einem grossen Film. Ihre Vorbilder: Meryl Streep und Daniel Day-Lewis.
Foto: Toini Lindroos
Interview: André Häfliger

Monatelang hat man nichts mehr von Ihnen gehört. Wo haben Sie gesteckt?
Melanie Winiger
: Ich habe viel gearbeitet. Moderationen und Weiterbildung in der Schauspielerei. Da waren einige Workshops in New York. In meinem Beruf hat man nie ausgelernt. Das Diplom, man sei ausgebildeter Schauspieler, das gibt es nicht.

Wie ist es, wenn man mit 33 Jahren plötzlich wieder Single ist?
Ums Alter geht es da nicht, man ist ja immer wieder etwas Single. Für mich geht es einfach weiter. Angst habe ich definitiv nicht. Ich habe ein Kind, die biologische Uhr tickt bei mir nicht. Zudem habe ich vieles erreicht, auf das ich stolz bin. Mir geht es gut, ich fühle mich überhaupt nicht einsam. Zudem habe ich das grosse Glück, mit allen meinen Ex-Freunden und auch ihrem Umfeld nach wie vor eine tolle, freundschaftliche Beziehung zu haben. Geprägt von Ehrlichkeit und Respekt – und zwar gegenseitig!

Was war das Schlimmste an der Trennung von Stress?
Vermutlich das Gefühl, dass ich versagt habe. Dass ich es zwar wirklich versucht, aber versagt habe. Ich bin eher ein Mensch, der die Schuld auf sich nimmt.

Inwiefern versagt?
Wenn man einfach alles gibt und es klappt dann doch nicht – dann ist Enttäuschung die logische Folge.

Machen Sie sich Vorwürfe?
Ich hatte manchmal das Gefühl, ich genüge nicht. Es ist mehr Unsicherheit, die aufgekommen ist. Aber daran habe ich viel gearbeitet. Es ist wichtig, dass man hinterfragt, was passiert ist, dass man brutal viel miteinander spricht – und überhaupt nicht auf andere hört …

… diejenigen, welche Gerüchte verbreiten?
(Lacht) Genau! Die Leute stets direkt ansprechen. Rein theoretisch hätte ich nämlich in der Zwischenzeit schon weitere drei Freunde gehabt, was ein völliger Witz ist. Zum Glück kann auch Stress nur darüber lachen und findet auch, dass diese Gerüchteverbreiter nicht ganz normal sind.

Haben Sie noch immer Kontakt zu ihm?
Ja sicher! Und zwar einen sehr engen, regelmässigen Kontakt. Er ist immer noch einer der Menschen, den ich am meisten respektiere – weltweit und für immer, was auch passiert. Ich finde Stress nach wie vor einer der besten Musiker, einer der aufrechtesten Personen. Jeder, der einmal in sein Leben treten darf, hat im Lotto gewonnen.

Ist ein Liebescomeback möglich?
Darf man denn den Ex nicht einfach respektieren, ohne gleich von Liebescomeback zu sprechen?

Glauben Sie noch an die grosse Liebe?
Ja, ich glaube noch an die Liebe. Ich hocke jetzt nicht zu Hause und weine, denke, dass ich nie mehr einen Mann finden werde. Aber ich hatte die Phase, als ich mich etwas zurückgezogen habe. Ich habe analysiert, was geschehen ist und mich dabei gefragt: Was will ich von mir, vom Leben und von einem Mann?

Was ist wichtig bei einem Mann?
Dass er mich so akzeptiert, wie ich bin, dass er mich wie eine Frau fühlen lässt und einen extrem guten Humor hat. Eine Mischung zwischen Kind und Mann, ein männlicher «Goof» sozusagen. Dass er mich leben lässt und trotzdem eine innige Beziehung geniesst. Lustig sein und das Leben geniessen, viel reisen, viel zusammen entdecken.

Ist es schwierig, mit Ihnen auszukommen?
Nein. Viele sagen, es muss nicht einfach sein, mich als Freundin oder Frau zu haben. Aber alle, die mich besser kennen, meinen, ich sei extrem easy. Ich bin einfach sehr unabhängig. Versucht man, mich kleinzukriegen, dann rebelliere ich.

Würden Sie nochmals heiraten?
Ausgeschlossen ist das nicht. Ich habe keine Ahnung. Ehrlich gesagt, habe ich mich mit dieser Frage nie auseinandergesetzt. So stelle ich mir sie auch jetzt nicht, nehme es einfach so, wie es kommt.

Am 2. März moderieren Sie die Swiss Music Awards. Ihre aktuelle Lieblingsmusik?
Keine Ahnung warum, aber ich mag gerade wieder alte Sachen wie Fleetwood Mac oder Bon Iver.

Die Komödie «Resturlaub» und der Horrorstreifen «One Way Trip» sind 2010 Ihre letzten Filme. Wie viele Drehbücher haben Sie seither gelesen?
Das waren fünf oder sechs. Zwei werden weiterverfolgt, gedreht wurde aber bisher nicht. Das ist das Nervige an meinem Beruf: Man ist die meiste Zeit am Warten. Warten, bis das Projekt bereit ist, bis es finanziert ist. Im Mai oder Juni stehe ich erstmals wieder vor der Kamera, darf aber noch nichts Näheres zum Projekt sagen.

Werden Sie weiterhin mode­rieren?
Ja, gerne und viel. Ich mache das aber auch deshalb, damit ich die Freiheit habe, zu entscheiden, bei welchem Film ich mitmache und bei welchem nicht.

Welche Rollen lehnen Sie ab?
Bei Drehbüchern, bei denen nur mein Name eine Rolle spielt und es dramaturgisch keinen Sinn gibt.

Würden Sie auch gerne hinter der Kamera stehen?
Warum nicht? Mit einer Freundin bin ich daran, ein Drehbuch zu ­schreiben. So etwas reizt mich sehr. Alle Coaches und Regisseure sagen mir immer, dass Dialoge und rote Fäden zu meinen Stärken ge­hören.

Und Regisseurin sein?
Diese Aufgabe wird meistens unterschätzt. Man muss das jahrelang lernen. Ich kann mir höchstens vorstellen, neben einem Profi als Co-Regisseurin zu wirken.

Was macht Ihre Model-Karriere?
Damit habe ich aufgehört, so etwas macht man bis 25. Als Marken-Botschafterin und Firmen-Repräsentantin tätig zu sein, macht mir aber immer noch viel Spass.

Können Sie sich vorstellen, etwas ganz anderes zu machen?
Sicher, aber noch nicht grad jetzt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ich einmal sage: «So, das wars! Jetzt eröffne ich, wo es mir gefällt, ein Restaurant!» Ein Traum von mir ist es, in Australien auf einer Ranch zu leben und Pferde zu züchten. Freie Natur, das Gegenteil der Stadt – das reizt mich.

Was ist das Verrückteste, was Sie je angestellt haben?
Bungee- und Bridge-Jumping, oder Sky-Diving. Am Anfang hatte ich ziemlich Bammel, aber dann kam der grosse Spass.

Zweifeln Sie auch mal?
Ja, sehr. An allem. An mir selber, an meinem Umfeld. Wie ich mich verhalten habe, wie sich andere mir gegenüber benommen haben. Für mich ist Zweifeln und Hinterfragen etwas vom Gesündesten.

Was machten Sie zuletzt falsch?
Ich war tough einer Freundin gegenüber, musste mich danach über meine Tonalität bei ihr entschuldigen. Sie fand es zwar nicht so schlimm, aber ich war der Meinung, es hätte so nicht sein sollen.

Wann waren Sie zum letzten Mal in der Kirche?
Vor zehn Jahren an einer Hochzeit. Ich bin keine Kirchgängerin.

Also kein religiöser Mensch?
Auf meine Art schon, aber mein Glauben hat keinen Namen. Meine Religiosität ist geprägt von Respekt gegenüber anderen Glaubensrichtungen. Intoleranz hat da für mich keinen Platz, eine Missionarin würde ich nie sein wollen.

Meditieren Sie?
Nein, ich habe Mühe, zwanzig Minuten still zu sitzen. Ich mache oft Yoga, finde so meine ruhigen Momente. Ich bin ein sozialer Mensch. Ich brauche zwar ab und zu Zeit ganz für mich. Aber habe ich die Wahl, mit Freunden auszugehen oder alleine zu Hause zu sein, wähle ich das Erste.

Glauben Sie an Wiedergeburt?
Ja, weil mir gesagt wurde, ich hätte eine sehr junge Seele. Ich glaube, wir kommen mehrmals zurück, um jedes Mal wieder etwas zu lernen.

Auf was sind Sie am meisten stolz?
Auf meinen zehnjährigen Sohn Noël. Weil er ein super Kind ist. Er ist sehr sozial, sehr anständig und hat einen extrem tollen Humor. Wir haben eine unbeschreiblich gute, schöne Beziehung, geprägt von Respekt, Wärme und Freundschaft. Ich traf schon Pärchen, die wollten keine Kinder. Dann haben sie Noël getroffen – und sich für ein Kind entschieden.

Sie unterstützen ein Schulprojekt in Indien. Wie läuft das?
Wir planen nochmals einen Anlass an unserer Schule, die mit 57 Kindern nachhaltig aufgestellt ist und wunderbar funktioniert. Wir konzentrieren uns auf dieses Projekt.

Welches ist Ihr grösster Traum?
Privat ist es mein Traum und mein Ziel zugleich, die schöne, starke Beziehung zu meinem Sohn beibehalten zu können. Beruflich wäre es ein Traum, einmal einen Preis an einem grossen Filmfestival wie dem «Sundance» zu ergattern. Oder in ­einem grossen Film mitzuwirken, eine coole Rolle etwa wie Hilary Swank als Boxerin Maggie in «Mil­lion Dollar Baby». Das wäre ein Traum und niemand hat mir vorzuschreiben, was ich zu träumen habe.

Haben Sie Schauspiel-Vorbilder?
Ja, Daniel Day-Lewis, Gael García Bernal und Carey Mulligan, weil sie alle Rollen spielen können. Und Meryl Streep: Sie ist die Filmgöttin auf Erden.

Sehen Sie Ihre Zukunft in der Schweiz?
Ja, aber ich bin da ganz offen. Muss ich ja als Schauspielerin auch sein. Wenn mich morgen Martin Scorsese anruft, dann bin ich mit meinem Sohn auf und davon (lacht).

Was mögen Sie an der Schweiz?
Pünktlichkeit, Sauberkeit, Zuverlässigkeit sind die Pluspunkte. Viele sagen in der Schweiz, offen, ehrlich und direkt zu sein, sei das Wichtigste im Leben. Genau diese drei Eigenschaften haben Schweizer aber oft nicht. Sie sind eher dip­lomatisch und zurückhaltend.

Was treibt Ihnen Tränen in die Augen?
Ich bin extrem nahe am Wasser gebaut. Im Kino beispielsweise sieht man mich öfter weinen.

Was macht Sie richtig happy?
Meistens sind es die kleinen Freuden. Jemanden zu treffen, den ich lange nicht gesehen habe, ein schönes SMS erhalten, wenn mein bester Freund mir seinen neuen Hund zeigt. Ich bin wirklich sehr einfach zufriedenzustellen.

Welches ist Ihre liebste Freizeitbeschäftigung heute?
Ich habe mit Western Riding angefangen, reiten auf Quater Horses, die etwas kleiner und gelenkiger sind als andere Pferde. Das macht mir echt Spass. Jack, der einer Freundin von mir gehört, ist mein Lieblingspferdchen.

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