Der letzte grosse Indianer-Häuptling in den USA, Joe Medicine Crow, ist tot. Der 102-Jährige, dessen unmittelbaren Vorfahren an den Indianerkriegen im 19. Jahrhundert teilnahmen - darunter an der berühmten Schlacht am Little Bighorn (1876) -, starb am Sonntag.
Der Gouverneur des Bundesstaates Montana, Steve Bullock, würdigte den Häuptling als «Inspiration für alle amerikanischen Ureinwohner». Crow galt als letzter Kriegshäuptling.
Crow, der dem Stamm der Absarokee (Kinder des langschnabeligen Vogels) angehörte und auch als Soldat im Zweiten Weltkrieg kämpfte, trat als Buchautor, Historiker und promovierter Anthropologe in Erscheinung. Im Jahr 2009 wurde er von US-Präsident Barack Obama mit der höchsten US-Auszeichnung für Zivilisten, der Presidential Medal auf Freedom (Freiheitsmedaille), ausgezeichnet. Sein Studium unterbrach er, um im Zweiten Weltkrieg als Späher für die US-Armee zu arbeiten.
Er berührte einen Feind, ohne ihn zu töten
Während des Einsatzes in Europa bewältigte er alle vier Aufgaben, die erforderlich sind, um ein Absarokee-Kriegshäuptling zu werden: Er kämpfte hinter den feindlichen Linien, stahl Pferde aus einem feindlichen Lager, entwaffnete einen Feind und berührte einen Feind, ohne ihn zu töten. Dabei trug er unter seiner Dienstkleidung seine traditionelle Kriegsbemalung und unter seinem Helm sogar eine Adlerfeder. Crow diente damals der 103 Infanterie-Division der US-Armee.
«Ich habe niemals eine Schramme davongetragen», sagte Crow einmal in einem Zeitungsinterview. Sein Grossvater, der Kriegshäuptling Medicine Crow, habe ihn in Kriegskunst unterwiesen.
«Ich habe den Leuten immer gesagt, wenn sie die Hand von Joe Medicine Crow schütteln, dann schütteln sie auch die Hand des 19. Jahrhunderts», sagte Herman Viola, Kurator am Smithsonian Institut für amerikanische Indianergeschichte. (SDA)