«Eigentlich» ist das verhassteste Wort der deutschen Sprache. In Dirk Hülstrunks «Büro für überflüssige Worte» wird kein Begriff so häufig symbolisch abgegeben wie dieses. Noch bis zum Wochenende sammelt der Frankfurter Performancekünstler im Begleitprogramm der Buchmesse Worte ein, die Besucher am liebsten aus der deutschen Sprache verbannt sehen würden.
Ein Künstler aus dem ehemals günstigen, jetzt hippen Frankfurter Stadtteil Gallus gibt «Gentrifizierung» ab. «Ich kann's nicht mehr hören», sagt er und stempelt energisch in Neon-Pink das Wort «überflüssig» quer über sein persönliches Unwort. Eine passionierte Feuilleton-Leserin stört sich an «konnotiert» - «weil es jeder ständig benutzt, sobald es ein bisschen intellektueller sein soll», sagt sie.
Hülstrunk heftet die Karte an die Pinnwand hinter seinem Schreibtisch. «Sale» hängt schon dort, «gefühlig», «Konsolidierungsbeitrag» und natürlich «eigentlich».
Dann greift er in seinen Karteikasten und gibt den Kunden ein neues Wort für das abgegebene alte. «Flitapof» für Gentrifizierung, «Jizötisumidan» für völkisch und «foginänik» für konnotiert. «Und was bedeutet das?», fragt eine Klientin verwirrt. «Nichts», sagt Hülstrunk, es sei ein Wort aus einer Fantasiesprache. «Sie können es mit einer neuen Bedeutung aufladen.»
Als «Anlass, über Sprache ins Gespräch zu kommen» sieht der Songpoet, Autor, Schreibwerkstatt-Leiter und Poetry-Slam-Veranstalter seine Aktion. Er hofft, dass sein Büro auch «eine kleine sprach-therapeutische Wirkung» hat.
Manchmal habe das Abgeben ungeliebter Worte aber auch einen «sprachmagischen Aspekt: Die Leute denken, wenn das Wort weg ist, ist auch die Sache aus der Welt.» Sie geben dann «Krieg» ab oder ihren «Schnupfen».