Jahrelang haben Politiker um die Unternehmenssteuerreform III gerungen. Das hochkomplexe Gesetz kommt am 12. Februar vors Volk. Und bereits fliegen die Fetzen. Daniel Lampart (48), Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), wettert: «Wenn die Schweiz die Steuern so massiv senkt, wandert das Geld direkt in die Portemonnaies von reichen ausländischen Aktionären.» Sie seien die Hauptprofiteure der Reform, so der SGB.
Der Grund: Viele grosse Schweizer Firmen gehören Ausländern. Zum Beispiel der Qatar Holding: Der Staatsfonds von Katar ist unter anderem Grossaktionär bei der Credit Suisse. «Gleichzeitig zeigen Medienberichte, dass die katarische Herrscherfamilie beispielsweise den Islamischen Zentralrat der Schweiz mitfinanziert», sagt Lampart.
Doch warum senkt die Schweiz die Steuern für Unternehmensgewinne überhaupt? Eine Schweizer Steuerpraxis macht dies nötig. Jahrelang konnten die Kantone Multis steuerlich bevorzugen. Im Ausland erzielte Gewinne besteuerten sie nur zu einem Minisatz. Doch das Vorgehen ist heute international geächtet. Die Schweiz muss die Praxis abschaffen, sonst landet sie auf einer schwarzen Liste.
Die Linken laufen Sturm
Die Lösung der Politiker: Die Steuern in den Kantonen müssen runter – und zwar für alle. So werden alle Firmen gleich behandelt. Und die Multis, die bisher von Sonderkonditionen profitierten, wandern nicht ab. Internationale Organisationen wie EU oder OECD könnten nichts mehr mäkeln.
Doch die Linken laufen Sturm. Die SP ergriff das Referendum. «Vor allem die Kantone Basel-Stadt und Genf haben heute ein Problem. Das lässt sich aber mit massgeschneiderten Lösungen beheben», ist Lampart überzeugt. «Wenn nun aber in Baselland, Solothurn oder Zürich auch die Steuern gesenkt werden, profitieren davon Grossfirmen wie UBS, CS oder Zurich-Versicherung. Das ist unnötig.»
Die Gewerkschaften befürchten Steuerausfälle von über drei Milliarden Franken pro Jahr. «Das Geld wird fehlen. Beispielsweise in der Bildung oder bei der Polizei.» Stattdessen könnten sich Financiers aus der ganzen Welt die Hände reiben – etwa die Scheichs von Katar oder Staatsfonds aus China und Singapur. Ihnen winken höhere Dividenden.
Über diese Argumentation kann Frank Marty (45) nur den Kopf schütteln. Der Steuerexperte des Verbandes Economiesuisse kontert: «Über Jahre haben die Linken moniert, dass Schweizer Unternehmen anders behandelt werden als international tätige Konzerne mit Sonderstatus. Nun wollen wir alle gleich behandeln. Und es ist auch wieder nicht recht.»
Dass davon auch ausländische Investoren profitieren, stört Marty nicht. «Das muss man einfach akzeptieren. Viel wichtiger ist doch, dass die Arbeitsplätze in der Schweiz bleiben.»
Sicher ist: Die Abstimmung am 12. Februar wird für die Schweiz wichtig. Wenn die Tonlage jetzt schon so steigt, kann man sich auf eine gehässige Kampagne gefasst machen.