Streit um Import-Futter für Schweizer Tiere
Unser Mastvieh frisst fremd

In Schweizer Fleisch steckt immer mehr ausländisches Futter. Konsumentenschützer fordern eine Kennzeichnungspflicht.
Publiziert: 29.01.2017 um 22:11 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:35 Uhr
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Schweizer Fleischproduktion ist zu einem grossen Teil von ausländischem Futter abhängig.
Foto: Keystone
Moritz Kaufmann

Schweizer Fleisch hat seinen Preis. Für ein Güggeli aus hiesiger Produktion zahlt der Kunde deutlich mehr. Was er nicht weiss: Die Tiere werden zwar in der Schweiz aufgezogen, zu fressen aber bekommen sie nur wenig Schweizerisches. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) geht davon aus, dass 71 Prozent der Poulet- und 55 Prozent der Schweinefleisch-Produktion von ausländischem Futter abhängen. Poulet und «Schwinigs» machen rund 70 Prozent des Schweizer Fleischkonsums aus. «Zieht man die dritte relevante Fleischart, das Rind- und Kalbfleisch, hinzu, kommt man auf einen Importfutteranteil von 45 Prozent», heisst es beim Bafu – 2007 waren es erst 32 Prozent. Vor allem sogenanntes Kraftfutter kommt aus dem Ausland: hochkonzentrierte Energie- und Proteinlieferanten aus Getreide, Mais oder Soja.

Konsumenten hinters Licht geführt

In den Augen von Andreas Bosshard (54), Geschäftsführer der Denkfabrik Vision Landwirtschaft, werden Fleisch-Konsumenten hinters Licht geführt. Er fordert eine klare Kennzeichnung: «Die Konsumenten müssten aufgeklärt werden, dass die Tiere ausländisches Futter bekommen. Ein Guetsli-Produzent muss auch aufs Produkt schreiben, von wo der Weizen ist.» Heute werde Schweiz verkauft, wo nur wenig Schweiz drinstecke.

Der grosse Anteil von Import-Futter hat direkte Auswirkungen auf die Umwelt. «Die Tiere verdauen in der Schweiz. Der Mist wird aber nicht nach Südamerika zurückgebracht, oder wo auch immer das Tierfutter herkommt», sagt Daniela Hoffmann (35), Landwirtschaftsexpertin bei der Umweltschutzorganisation WWF. Das hat Folgen: «Unsere Böden versauern langsam – vor allem die Wälder.»

Bauernverband wehrt sich

Auf die Problematik angesprochen, sagt Martin Rufer, Leiter Produktion, Markt und Ökologie beim Schweizer Bauernverband: «Die Bafu-Zahlen zur Fütterung sind nicht korrekt. Die Nutztiere in der Schweiz werden zu 86 Prozent mit inländischem Futter gefüttert.» Auf die Frage, warum das Bundesamt für Landwirtschaft auf andere Werte kommt, antwortet Rufer mit einem Angriff: «Das Bafu hat in der Vergangenheit immer sehr kritische Positionen gegenüber der Landwirtschaft eingenommen. Wahrscheinlich ist dies teilweise auf mangelnde agronomische Kenntnisse zurückzuführen.»

Der Bauernverband rechnet jedoch zu allgemein. Unter die Kategorie «Nutztiere» fallen auch andere Tiere, etwa Milchkühe, die tatsächlich vor allem mit Schweizer Gras ernährt werden. Allein auf die Fleischproduktion bezogen hingegen sind die Werte des Bundesamts für Umwelt plausibel.

Bauern müssen sich verschulden

Für GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy (37) setzt die heutige Landwirtschaftspolitik die falschen Anreize – mit Folgen für die Umwelt, aber auch für die Bauern selbst. «Die Betriebe sind von ausländischen Importen abhängig und müssen sich stark verschulden.»

Die Grünliberale fordert ein Umdenken – wenn nötig mit teurerem Tierfutter: «Ich kann mir eine Lenkungsabgabe auf Futter aus dem Ausland vorstellen.»

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