Am 15. Januar hat die Nationalbank den Franken-Kurs freigegeben. Die Folgen sind bekannt: Gegenüber dem Euro wertete sich die Schweizer Währung massiv auf. Nach einer kurzen Schockstarre herrschte wieder Zuversicht. Schweizerinnen und Schweizer freuten sich über die stark gesunkenen Preise und billigen Ferien im Ausland. «Alles halb so schlimm», lautete der Tenor.
Doch die gute Laune ist trügerisch. Eingelullt vom billigen Shoppen im Ausland merken viele nicht, welche Folgen der starke Franken für die Schweizer Wirtschaft hat.
Detailhandel blutet aus
Am Montag schreckten gleich zwei Zahlen auf: Laut dem Bundesamt für Statistik verzeichneten die Schweizer Detailhändler im März 2,8 weniger Umsatz als im März 2014. Besonders stark trifft es die Shopping-Center. Laut einer Studie des Immo-Dienstleisters Wincasa verdienten die Schweizer Einkaufstempel im ersten Quartal 3,4 Prozent weniger als letztes Jahr während der gleichen Zeit.
Die Grund liegt auf der Hand: Obwohl auch in der Schweiz die Preise ins Rutschen gekommen sind, kaufen immer mehr Schweizer im preisgünstigeren Ausland oder im Internet ein. Insbesondere in den Grenzregionen droht der Detailhandel auszbluten.
Arbeitslosigkeit steigt
Auch die Exportbranche ächzt. Verschiedenste Betriebe lassen ihre Angestellten länger arbeiten. Sogar Bundesbetriebe wie die Ruag greifen auf dieses Mittel zurück. Wenn das nicht reicht, werden Stellen gestrichen. So etwa beim Kabelhersteller Huber und Suhner letzte Woche. Andere Firmen melden Kurzarbeit an. So oder so haben viele Firmen Einstellungsstopps verfügt.
Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, rechnet bis Ende Jahr mit 15'000 Stellen, die wegen des Frankenschocks allein in der Industrie verloren gehen. Trifft dies zu, wäre die Schweizer Arbeitslosigkeit etwa so hoch wie die in Deutschland oder Österreich. Auch Schätzungen von anderen Ökonomen gehen in diese Richtung.
Besserung ist nicht in Sicht
Mit einer schnellen Besserung rechnet niemand mehr. Noch immer hält die Nationalbank den Franken-Kurs für «sehr hoch bewertet», wie Vizepräsident Fritz Zurbrügg in einem Interview mit der «Berner Zeitung» sagt. Doch die nicht enden wollende Griechenland-Krise und der Ukraine-Konflikt sorgen dafür, dass der Euro weiter unter einem Wert von 1.05 Franken herumdümpelt. Derweil flutet die Europäische Zentralbank den Markt mit billigem Geld. Selbst ein Kurs von 1.1 Franken je Euro, für viele eine Schmerzgrenze, scheint weit entfernt.
Am Montag veröffentlichte die Firma Deloitte eine Umfrage unter europäischen 1300 Finanzchefs. Diese kommt zum Schluss: Niemand ist so pessimistisch wie die Schweizer. Nur rund ein Drittel rechnet mit einer stabilen finanziellen Situation ihrer Unternehmen.
Noch teurer als der Franken ist in der aktuellen Situation nur guter Rat. Der Schweiz bleibt nicht viel mehr als zuzuwarten. Und zu hoffen.