Deutsche Kunden klagen gegen Schweizer Bank
Millionen-Betrug?

Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt ermittelt gegen einen Vermögensverwalter der Volksbank Bodensee. Er soll mit externen Partnern Kunden geleimt haben.
Publiziert: 23.08.2008 um 18:48 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:21 Uhr
Von Roman Seiler

Basel, Hotel Hilton, 12. Juli 2007: In der Lobby fiebert der Deutsche Axel Schmidt* (40) dem Geschäft seines Lebens entgegen. Ein Landsmann hat ihm versprochen, ihn an einem «Tradingprogramm» namens «Basel Invest» teilnehmen zu lassen. Es werfe eine Rendite von über 20 Prozent ab. Pro Monat! Dafür müssten Anleger insgesamt 10 Millionen Euro bei der Volksbank Bodensee AG platzieren.

Schmidt will 800000 Euro an die Filiale in Basel überweisen. Damit der Deal ordentlich einschenke, empfiehlt ihm der Vermittler einen Kredit von einer Million Euro bei der Volksbank. Die Zinsen von 6,25 Prozent seien dank der «Super-Rendite» kein Problem.

Nach dem Gespräch begleitet ein weiterer Vermittler, Alfred Lüscher, Verwaltungsrat der in Oberwil BL domizilierten Corpa AG, Schmidt zur Basler Filiale. Nach etwa 30 Minuten seien sämtliche, bereits vorbereiteten Vertragsunterlagen unterzeichnet gewesen, sagt der Kaufmann heute. «Das ging ratzfatz.»

Kurz nach der Überweisung landete Schmidt auf dem harten Boden der Realität. Fünf Prozent der angelegten Summe und des Kredits, 84000 Euro, wurden an die Corpa AG weitergeleitet. Obwohl ihm Lüscher zugesichert hatte, diese Provision werde erst nach der Überweisung der ersten «Super-Rendite» fällig. Lüscher bestreitet alle Vorwürfe.

Das «Basel-Invest»-Programm hob nie ab. Im März reichte Schmidt Strafanzeige wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt ein. Andere folgten ihm. Mindestens 20 Kunden hatte Lüscher einem leitenden Angestellten der Volksbank in Basel zugeführt. Sie dürften mehr als 20 Mio. Franken angelegt haben, schätzt SonntagsBlick. Viele nahmen einen Kredit auf und alle zahlten der Corpa eine Provision von fünf Prozent der Einlage und des Kredits.

Der deutschen Kauffrau Hilde Meister* (54), die 400000 Euro bei der Volksbank anlegen liess, wurde erst beim Vorgespräch im Hilton von Lüscher eröffnet, sie müsse einen Kredit von 500000 Euro aufnehmen, «sonst mache die Bank nicht mit, weil sie nichts verdient».

Karl Aschmann (43) von der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt bestätigt: «Wir ermitteln in einem Strafverfahren gegen einen leitenden Angestellten der Basler Filiale der Volksbank Bodensee, gegen Alfred Lüscher von der Corpa AG und eine weitere Person.» Für alle gilt die Unschuldsvermutung. Der Rechtsanwalt des Volksbank-Angestellten, Philippe Spitz (40), bezieht wegen des laufenden Verfahrens keine Stellung.

Rico Halter (50), Chef der Volksbank Bodensee, begrüsst die Untersuchung der Staatsanwaltschaft: «Wir hörten im November, dass an uns vermittelte Kunden mit unrealistisch hohen Gewinnversprechen geködert worden sind. Davon haben wir uns gegenüber unseren Kunden sofort schriftlich distanziert.» Zudem sei eine interne Untersuchung durch die Revisionsstelle eingeleitet worden. Deren Bericht sei auch der Aufsichtsbehörde, der Eidgenössischen Bankenkommission, zugestellt worden. Sie hat Informationen von der Bank angefordert.

Der Volksbank-Angestellte hat die Kunden schlecht beraten. Marc Weber (32), Anlageexperte des VZ Vermögenszentrums, sagt: «Der Berater hat den Kunden eine höchst spekulative und damit enorm risikoreiche Anlagestrategie vorgeschlagen.» Banken gewährten in der Regel höchstens Kredite von 50 bis 70 Prozent des Anlagewerts des Depots. Obendrein kassierte die Bank Gebühren von drei bis zu fünf Prozent für den Kauf österreichischer Anlagevehikel. Weber: «In der Schweiz ist es unüblich, Kunden so hohe Ausgabekommissionen für strukturierte Produkte zu verrechnen.»

Bis heute ist Schmidt um 300000 Euro ärmer, Hilde Meister verlor 150000 Euro. Eine Erfahrung fürs Leben.

*Namen der Redaktion bekannt



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Die Volksbank Bodensee AG ist eine Tochtergesellschaft der Volksbank Vorarlberg. Das Geldhaus ist in Basel und St. Margrethen SG präsent und vorwiegend in der Vermögensverwaltung tätig. Im Verwaltungsrat sitzen neben dem Österreicher Henry Bertel (39) der ehemalige Bankverein-Direktor Matthias K. Müller und seit März 2008 Lukas Metzler (45), Anwalt und Gatte der Ex-Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold (44).

Die Bank mit 24 Mitarbeitern verwaltete Ende 2007 Kundengelder in der Höhe von 1,1 Milliarden Franken. Erwirtschaftet wurde ein Gewinn von 3,2 Millionen Franken.
Die Volksbank Bodensee AG ist eine Tochtergesellschaft der Volksbank Vorarlberg. Das Geldhaus ist in Basel und St. Margrethen SG präsent und vorwiegend in der Vermögensverwaltung tätig. Im Verwaltungsrat sitzen neben dem Österreicher Henry Bertel (39) der ehemalige Bankverein-Direktor Matthias K. Müller und seit März 2008 Lukas Metzler (45), Anwalt und Gatte der Ex-Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold (44).

Die Bank mit 24 Mitarbeitern verwaltete Ende 2007 Kundengelder in der Höhe von 1,1 Milliarden Franken. Erwirtschaftet wurde ein Gewinn von 3,2 Millionen Franken.
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