«Meist werden nur kleinere Pensen angeboten»
Kioskfrau Esther Balestra (61) aus Rüti ZH wird entlassen, als der Kiosk in Wetzikon ZH schliesst, weil er nicht mehr rentiert. Seit November 2016 ist sie auf Jobsuche. «Ich bin alleinstehend und sollte mindestens 80 Prozent arbeiten können, um finanziell durchzukommen. Meist werden aber nur kleinere Pensen angeboten.» Sie würde gerne im Verkauf oder mit älteren Menschen arbeiten. Balestra hat die Hoffnung nicht aufgegeben, etwas zu finden: «Ich wurde für ein Bewerbungsgespräch eingeladen, das hat mich sehr gefreut! Ich hoffe, dass es klappt.»
«In meinem Alter ist man eher bereit, schwierige Situationen hinzunehmen»
Auch Ursula Horisberger (58) aus Schüpfen BE macht sich Sorgen. Die Empfangsdame ist seit Anfang Dezember 2016 arbeitslos. Sie kündigte wegen menschlichen Differenzen am Arbeitsplatz. «Ich habe lange gezögert. In meinem Alter überlegt man es sich zweimal, ob man kündigen soll, man ist eher bereit, schwierige Situationen hinzunehmen und so die eigene Gesundheit zu gefährden», sagt sie. Ein Jahr hat sie in einem Grossbetrieb in der Baubranche gearbeitet. Zuvor war sie acht Jahre lang in der IT-Branche tätig. «Ich suche etwas am Empfang oder im Backoffice», sagt sie. Auf ihre Bewerbungen hat Ursula Horisberger jedoch nur Absagen erhalten. «Einmal sagte man mir gar, dass ich wegen meines Alters nicht ins junge Team passe.» Um eine Stelle zu finden, muss sie mehr tun als jüngere. Beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum riet man ihr, mehr Bewerbungen zu schreiben als junge Arbeitslose.
«Mit jedem negativen Bescheid wird das Selbstvertrauen kleiner»
Seit Januar 2016 ist Silvia Bernet (59) aus Kriens LU arbeitslos. 29 Jahre lang war sie Verkäuferin im Modehaus Vögele in Luzern. Nach einem Unfall arbeitete sie unter Schmerzen weiter (BLICK berichtete). Sie hatte keine andere Wahl, weil auch ihr Mann Oskar (56) nach 30 Jahren seinen Job verloren hat. Obwohl sie tapfer auf die Zähne beisst, wird sie entlassen. «Es war ein Schlag ins Gesicht!», erinnert sie sich. Mittlerweile verkauft sie keine neuen Kleider mehr. Sie legt im Rahmen eines Beschäftigungsprogrammes Textilien zusammen, welche die Caritas in Kleidersäcken sammelt. 90 Bewerbungen hat sie bereits geschrieben. «Ich habe nur Absagen erhalten», sagt sie. «Mit jedem negativen Bescheid wird das Selbstvertrauen kleiner.» Bernet gibt aber nicht auf. «Ich will den Teufelskreis durchbrechen. Ich will arbeiten! Auch wenn man mit 59 Jahren für die meisten Firmen zum alten Eisen gehört», sagt sie.
«Ich hoffe, dass es noch eine Aufgabe für mich gibt»
14 Stunden pro Tag arbeitete Christa Trösch (62) aus Lengnau BE als Direktionsassistentin. «Ich habe auch das private Büro meines Chefs erledigt, bis ich ein Burnout hatte.» Als sie wieder gesund war, stand sie auf der Strasse. Seit November 2015 ist Christa Trösch bereits auf Jobsuche im kaufmännischen Bereich. Keine einfache Aufgabe: «Ein Stellenvermittlungsbüro hat mir mitgeteilt, dass sie mich nicht unterstützen könnten, da ihre Kundschaft nur jüngere Mitarbeiter anstellt. So was tut weh!» Auch finanziell sieht es nicht gut aus: Trösch musste bereits ihre Altersreserve anzapfen. «Ich arbeite gerne und hoffe, dass es noch eine Aufgabe für mich gibt!», sagt sie traurig.