Interview mit CEO Hohmeister zum Basel-Abflug
Macht die Lufthansa mit der Swiss, was sie will?

CEO Harry Hohmeister erklärt im BLICK den Rückzug aus Basel.
Publiziert: 12.07.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:58 Uhr
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Swiss-Chef Harry Hohmeister (50) kehrt der früheren Crossair-Heimat Basel und dem Euro-Airport den Rücken.
Foto: Sabine Wunderlin
Interview von Ulrich Rotzinger und Andreas Schaffner

BLICK: Die Lufthansa verkündete am Mittwoch das Aus für die Swiss in Basel. Harry Hohmeister, warum sind Sie trotzdem bester Laune?
Harry Hohmeister:
Der Entscheid war von langer Hand geplant. Wir mussten nicht den Abflug aus Basel machen, wir wollten und brauchten ein zukunftsfähiges Konzept. Die Swiss hat diesen Prozess in der Frankfurter Lufthansa-Zentrale angestossen, weil wir in Basel seit Jahren Boden verlieren.

Die Basler sind verärgert.
Ja, klar. Es ist ein Stück weit Trauerarbeit. Wichtig ist: Unter dem Strich schaut mehr heraus, davon sind alle überzeugt.

Geht Ihnen das Nahe?
Natürlich bin ich ein wenig traurig, dass ich mit meiner eigenen Marke nicht mehr in Basel vertreten bin. Wir tragen aber eine unternehmerische Verantwortung. Und dürfen Produkte nicht weiterführen, die keine Erfolgsaussicht haben.

Sie haben in Basel nie Gewinne gemacht mit der Swiss.
Das kann man so sagen. Und darum mussten wir Alternativen suchen. Der Neuanfang bietet aber auch Chancen.

Sie spielen auf ein Code-Sharing mit Eurowings an?
Schauen wir mal. Pläne für neue Strecken, die wir bedienen können habe ich, werde sie aber jetzt nicht preisgeben.

Zumindest in Basel müssen Sie sich nicht mehr mit Easyjet rumschlagen. Froh?
Ja. Basel ist zum Low-Cost-Standort geworden. Hier zählt fast nur noch der Preis. Das passt nicht ins Swiss-Konzept.

Hält die Swiss an Zürich und Genf fest?
Absolut. Zürich ist unser Kerngeschäft, Genf entwickelt sich auch immer besser.

Macht die Lufthansa mit der Swiss, was sie will?
Wie kommen Sie denn darauf?

Wir haben den Eindruck: Die Lufthansa kündigt an, die Tochter Swiss spurt.
Dann stellen Sie dieselbe Frage mal in Frankfurt. Die werden Ihnen sagen, dass sie schon zu viel von der Swiss fremdbestimmt sind. In der Schweiz hören Sie vielleicht das Gegenteil.

Haben Sie das Heft noch in der Hand?
Natürlich. Das neue Konzept haben wir im Konzern gemeinsam entwickelt und es wird auch weiterhin mit uns gemeinsam vorangetrieben. Ich bin ja nicht nur Swiss-CEO, sondern sitze auch in der Geschäftleitung des Lufthansa-Konzerns.

Müssen wir besorgt um die eigenständige Zukunft der Swiss sein?
Für den Schweizer Markt braucht es eine starke und wachstumsfähige Swiss. Darum investieren wir auch kräftig. Wir haben gerade neue Flugzeuge für 2,5 Milliarden Franken auf der Einkaufsliste. 2015 führen wir mit der C-Series von Bombardier das modernste Flugzeug der Welt ein.

Was sind die Herausforderungen?
Das Geschäft hat sich verändert, heute unterscheidet man nicht einfach nur zwischen Business und Economy Class.

Darum verkaufen Sie jetzt Kuchen und teure Plätze am Notausgang.
Die Swiss muss sich stärker auf die individuellen Wünsche der Kunden einstellen. Die einen wollen nur günstig irgendwo hinreisen, die anderen legen Wert auf die Torte an Bord.

Wann wächst die Swiss wieder?
Moment. Im Vergleich mit anderen Unternehmen im Konzern erwirtschaften wir immer noch einen schönen Gewinn. Richtig ist, dass unser Wachstum im laufenden Jahr stagniert. Mit den neuen Fliegern im nächsten Jahr kommt auch das Wachstum wieder.

In Zahlen?
Wir werden ab 2015 wieder kräftig wachsen. Allein mit der Einflottung der Bombardier-C-Series und später der Boeing 777 stellen wir rund 500 neue Mitarbeiter ein. Heute beschäftigen wir 8500 Leute – eine stattliche Zahl. Wir sind einer der grössten Job-Motoren hierzulande.

Und wo profitiert der Fluggast?
Wir hatten noch nie so ein breites Angebot wie heute. Wir trieben den Steckenausbau voran und auch auf den einzelnen Fluggast zugeschnittene Produkte. Irgendwann bringen wir die Kunden auf die Idee, ein Ticket zu kaufen, bevor sie selbst auf den Gedanken kommen.

Wird fliegen billiger?
Generell kann man sagen, dass weiterhin so massiv Kapazität in den Markt gepumpt wird durch die Fluggesellschaften aus dem Nahen Osten und die Low Coster, dass die Durchschnittserlöse sinken werden, Fliegen also billiger wird.

Ihre Konkurrenz aus dem Nahen Osten rüstet auf, wie gehen Sie damit um?
Was uns Sorge macht, ist dass hier mit nahezu unerschöpflichen Mitteln Geld in einen Markt gepumpt wird, der gerade konsolidiert wird. Das trifft uns natürlich im regionalen Bereich aber besonders auch im Langstrecken-Bereich. Die Gulf Carrier bieten aus Zürich und Genf heraus mittlerweile gleich viel Kapazitäten nach Asien an wie wir.

Fühlen Sie sich von der Politik mitgetragen?
Tatsache ist: Wir arbeiten mit  ungleich langen Spiessen. Wir diskutieren diese Frage derzeit ja mit der Politik. Letztlich geht es darum, ob wir in Europa weiterhin selber Luftverkehr betreiben wollen oder nicht. Das ist nicht nur ein Schweizer Problem, die Diskussion gibt es ja auch in Deutschland oder Österreich. Auch die EU kümmert sich darum, dennauf Dauer muss man sich punkto Luftverkehr  Sorgen um den Standort Europa machen.

Kommt die Frage nach der Umsetzung der jüngsten Volksabstimmung: Die Masseneinwanderungsinitiative der SVP. Was heisst das für Sie als Unternehmen?
Für uns ist wichtig, dass die Initiative EU-konform umgesetzt wird. Alles andere würden wir mit Sorgen sehen. Wir müssen den Bundesrat davon überzeugen, eine realistische Lösung zu finden.

Sie geben nicht auf.
Wir sind ja alle im Fussball-Fieber. Hier ist klar: Das Spiel geht 90 Minuten. Wir sind erst in der 35. Minute. Das heisst, wir haben einen weiten Weg vor uns.

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