Gopfried Stutz
Von der Blase, die nicht platzen will

Die Anleger kaufen immer weiter Aktien und treiben somit die Kurse nach oben. Aber wann wird es krachen an der Börse?
Publiziert: 10.04.2017 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:16 Uhr
Auf jede Hausse folgt eine Baisse, auf jeden Bullenmarkt ein Bärenmarkt, um es in der Sprache der Wallstreet zu sagen.
Foto: Songquan Deng
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Seit 2009 befinden wir uns in einer Hausse. Und viele sagen weiter steigende Börsenkurse voraus. Doch eines ist gewiss: Auf jede Hausse folgt eine Baisse, auf jeden Bullenmarkt ein Bärenmarkt, um es in der Sprache der Wallstreet zu sagen. Die Frage ist nur, wann die Wende kommt. 

Die Antwort darauf ist einfach: Sie kommt dann, wenn man sie nicht erwartet. Denn würden die Anleger davon ausgehen, dass morgen die Kurse auf breiter Front tauchen würden, so würden sie heute die Aktien schleunigst verkaufen und die Kursgewinne ins Trockene bringen. Als Folge des Verkaufsdrucks würden die Kurse fallen. So will es das Gesetz von Angebot und Nachfrage.

Offenbar glaubt die Mehrheit der Anleger noch nicht daran, dass die Baisse in den nächsten Tagen kommt, denn sonst würden sie nicht mit Aktienkäufen die Kurse weiter nach oben treiben. Und wenn es plötzlich kracht an der Börse, werden ganz viele sagen: «Ich habs schon längst gesagt.»

Auch Felix Zulauf wird das wohl sagen. Er ist einer der weltweit profiliertesten Anlageexperten. Ihm ist zugutezuhalten, dass er es tatsächlich gesagt hat: «Der Bullenmarkt hat letzten Frühling sein Ende gefunden. Jetzt folgt die Baisse», sagte er im Januar 2016. Der S&P-500 werde von 1870 auf 1200 bis 1400 Punkte fallen, prophezeite er in der «Finanz und Wirtschaft». Nun ist aber das Börsenbarometer mit den 500 grössten US-Unternehmen nicht um 30 Prozent in die Tiefe gesaust, sondern um weitere 30 Prozent in die Höhe geklettert.

Zulauf hat sich offensichtlich getäuscht. Vielleicht geht es ihm wie Alan Greenspan, dem früheren Chef der amerikanischen Notenbank. Im Dezember 1996 sprach er von einem «irrationalen Überschwang». Seine Worte gaben viel zu reden. Doch es vergingen weitere vier Jahre, bis die Blase, bekannt als Technologieblase, platzte. 

Haben wir heute auch eine Blase? Keine Ahnung. Ich weiss lediglich, welches die wichtigsten Einflussfaktoren sind: Unternehmensgewinne und Zinsen. Steigen die Zinsen, so werden Obligationen im Vergleich zu Aktien interessant und umgekehrt. Bekanntlich haben wir derzeit extrem tiefe und zum Teil sogar negative Zinsen. Obligationen sind uninteressant. Also fliesst das viele Geld in den Aktienmarkt.

Sollte die US-Notenbank entgegen den Erwartungen – ich sage entgegen den Erwartungen – die Zinsen anheben, so könnte es an den Börsen krachen. Und krachen könnte es an den Börsen auch, wenn die Unternehmensgewinne tiefer ausfallen als prognostiziert. Zum Beispiel wenn Donald Trump die Unternehmenssteuern nicht so senken kann, wie er es versprochen hatte. Und drittens könnten die Aktienkurse aus einem ganz anderen Grund in den Keller sacken. Man wird immer eine Erklärung dafür finden. 

Merke: Die Hausse wird in der Baisse geboren, sie wächst in der Skepsis, altert im Optimismus und stirbt in der Euphorie. Also: Ist die Börse euphorisch? Ich sags Ihnen, sobald die Blase geplatzt ist. 

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