Camionneure wütend auf «Mafia-Methoden»
«Die Italiener machen uns fertig»

Schikanen, horrende Bussen, Beschlagnahmungen ohne Grund: willkommen im Wilden Westen Europas!
Publiziert: 28.04.2013 um 21:06 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:44 Uhr
Paolo Naselli ist wütend über Schikanen auf italienischen Strassen.
Foto: Isabelle Favre
Philippe Pfister

Die Schweizer Transportunternehmer sind wütend auf Italiens Behörden. So wütend, dass ihr Verband, die Astag, jetzt eine Protestnote an den Gesamtbundesrat geschickt hat.

Titel des Schreibens: «Zunehmende Probleme mit Italien».

Darin kommt Astag-Direktor Michael Gehrken unumwunden zur Sache. Schweizer Transporteure und Chauffeure würden «in immer massiverer Weise und teilweise ohne gültige Rechtsgrundlage» von italienischen Amtsträgern drangsaliert und schikaniert. «Das Vorgehen erinnert recht eigentlich an ‹Mafiamethoden›», heisst es in dem Brief wörtlich.

Sein Verband, so Gehrken, verzeichne zunehmend Fälle, in denen horrende Bussen und Kautionen bezahlt werden müssten, um Fahrzeuge und Fracht aus Beschlagnahmungen herauszulösen.

Was so eine Beschlagnahmung für einen kleinen Betrieb bedeuten kann, hat der Walliser Transportunternehmer Paolo Naselli bitter erfahren müssen. Einer seiner Chauffeure überfuhr in der Nähe Turins eine doppelte Sicherheitslinie. Ein grobes Vergehen, klar. Dass der Chauffeur auf der Stelle das Billett abgeben und eine saftige Busse zahlen musste, gehe in Ordnung.

Nicht verstehen kann Naselli bis heute, dass die Italiener den LKW wegen des Zwischenfalls drei Monate lang beschlagnahmten. «Allein die Parkgebühren betrugen am Schluss 7500 Euro», ärgert sich der Camionneur. Insgesamt kostete ihn der Zwischenfall 70000 Franken. «Ein paar solcher Zwischenfälle sind existenzgefährend», sagt er.

Dass sie sich häufen, zeigen zahlreiche Vorkommnisse, die die Astag gegenüber SonntagsBlick dokumentiert hat. In einem Fall beschlagnahmten die Behörden den Laster drei Monate lang, weil ein Nummernschild fehlte. Es war bei einem früheren Unfall verloren gegangen, der Ersatz vom Strassenverkehrsamt noch nicht eingetroffen. Die Nachlässigkeit kostete die Firma Zehntausende von Franken.

Die Italiener piesacken Camionneure aus der Schweiz in jüngster Zeit mit einer neuen Masche: Sie verlangen von italienischen Chauffeuren, die Schweizer LKWs steuern, den italienischen Fahrausweis.

Den haben sie aber nicht: Das Gesetz schreibt vor, dass bei in der Schweiz immatrikulierten Lastwagen ein Schweizer Fahrausweis erforderlich ist. Zeigen italienische Chauffeure nun ihren Schweizer Ausweis, akzeptiert die italienische Polizei diesen immer öfter nicht. Insbesondere erkennen die Italiener in der Schweiz absolvierte Weiterbildungskurse nicht an, wie sie für alle Länder obligatorisch sind.

«Die Aufforderung, diese Kurse in Italien zu machen, ist ganz klar rechtswidrig», sagt Gehrken. Er fordert, der Bundesrat müsse sich nun «unmissverständlich und rasch für das Schweizer Transportgewerbe einsetzen».

Die Wut bei den Lastwägelern sei teilweise so gross, dass sie von sich aus zu Retorsionsmassnahmen greifen könnten. SonntagsBlick weiss: Als mögliches Szenario schwebt kampfbereiten Transpörtlern vor, den Schwerverkehr aus Italien für ein paar Tage zu blockieren.

«Eine solche Eskalation wollen wir unbedingt verhindern», sagt Gehrken. «Es braucht eine Lösung auf diplomatischem Weg.»

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