1. Ist der Entscheid überraschend?
Es ist seit Wochen klar, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) bewegen muss. Die Eurokrise ist wieder aufgeflackert und eine Deflation droht. Der Zins auf Hauptfinanzierungsgeschäfte kratzte mit 0,05 Prozent auch schon an der Null. Den Strafzins auf Einlagen bei der EZB kann sie nicht weiter senken. Er liegt bereits auf einem historischen Tiefstand von -0,2 Prozent. Mit einer weiteren Senkung erwartete man keine Stärkung der europäischen Wirtschaft. Im währungspolitischen Instrumentenkoffer blieb also nur noch das Quantitative Easing (QE).
Der Zerfall des Ölpreises und die verschiedenen Krisen in der Welt sind die Hauptgründe. Konsumenten in Europa schieben grosse Anschaffungen auf. Kommt hinzu, dass sich die politische Lage in Griechenland sich vor den Wahlen am Wochenende verschärft und höchst unklar ist, ob das Land die vereinbarten Sparanstrengungen weiterführt. Die Höhe des Programms ist überraschend. Mit Anleihenkäufen von 60 Milliarden Euro pro Monat und einem total von über 1000 Milliarden insgesamt liegt sie über den Schätzungen.
2. Was heisst das für den Euro-Franken-Kurs?
Durch das Programm erhöht sich die Geldmenge - eine beabsichtigte Schwächung des Euro. Das wird auch der Euro-Franken-Kurs nachzeichnen: Der Franken wird noch stärker werden. Einige Experten rechnen damit, dass der Kurs noch auf 95 Rappen für den Euro sinken kann. Doch in den ersten Handelsstunden heute hat sich der Frankenkurs eingependelt auf das einen Kurs von knapp unter einem 1 Franken für den Euro. Seit dem Mittag gibt der Euro-Kurs jedoch nach. Um 13.19 Uhr, also noch vor dem Entscheid, betrug der Euro-Franken-Kurs bei 0.9935. Eine knappe Stunde später nur noch bei 0.9809.
Einige Ökonomen glauben nicht, dass es einen allzu starken Preisverfall geben wird. Die Erwartungen, dass die EZB ein breitangelegtes Programm zum Staatsanleihen-Kauf lancieren würde, sei “sozusagen im Kurs eingepreist”, erklärte Mathias Binswanger, Privatdozent an der Uni St. Gallen gegenüber Blick.ch.
3. Was heisst das für die Schweizer Wirtschaft?
Der Druck auf die Export-Industrie und damit auf die Arbeitsplätze bleibt. Insbesondere die Firmen leiden, die viel in den Euro-Raum exportieren. Nicht alle können, wie die Uhrenbranche es tut, die Preise um fast 20 Prozent nach oben schrauben. Unter Druck bleibt auch der Tourismus, da ein Grossteil der Gäste aus dem benachbarten Ausland kommt.
4. Was heisst das für Schweizer Konsumenten?
Schweizer Konsumenten können sich weiterhin freuen. Wer nach Italien, Frankreich, Deutschland oder Österreich in die Ferien oder zum Shoppen fährt, kann mit gleichvielen Franken mehr kaufen. Darunter könnten Schweizer Detailhändler besonders leiden. Um im Wettbewerb zu bestehen, könnten sie ihre Preise senken. Wirtschaftlich wäre das womöglich sogar gut drin, denn die Preise für Importgüter werden tendenziell günstiger.
5. Warum sinken jetzt die Börsen?
Der SMI hat in den letzten Stunden um 1,4 Prozent nachgegeben. Das ist überraschend, denn die Ankündigung der EZB von heute ist in Händlerkreisen seit Tagen das Thema. Interessant ist, dass Bankenwerte, die Grossbanken CS und UBS, steigen während Julius Bär sinkt.
Der SMI lag um 13.04 Uhr bei 7907.14 Punkten. Nach dem Entscheid befindet er sich weiter auf Sinkflug.