Die Übernahmepreise im Schweizer Detailhandel schiessen durch die Decke. Coop zahlte für den Kauf der 49 Aperto-Läden kurz vor Weihnachten knapp 100 Millionen Franken. Zwei voneinander unabhängige Quellen bestätigen dies gegenüber SonntagsBlick. Coop selbst will sich nicht äussern. Zum Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden, so Sprecher Urs Meier.
Hofer Holding und Villars Holding, die bisherigen Aperto-Besitzer, können sich ins Fäustchen lachen. Nie zuvor dürfte ein Geschäft dieser Grössenordnung einen ähnlich hohen Preis erzielt haben.
Normalerweise wird im Detailhandel bei Übernahmen etwa das Achtfache eines Jahresgewinns bezahlt. Im Fall der Aperto-Gruppe wären dies rund 40 Millionen Franken. Coop zahlte mehr als das Doppelte. Mindestens zwei Konkurrenten hatten das Angebot ebenfalls auf dem Tisch. Sie lehnten dankend ab. «Wir zahlen keine überrissenen Preise», sagt Migros-Sprecher Luzi Weber.
Die Inflation bei den Übernahmepreisen ist kein Zufall. Der Detailhandel steckt in der schlimmsten Krise seit 40 Jahren. Seit zwei Jahren schrumpfen die Umsätze. Der butterweiche Euro treibt die Konsumenten in Massen ins Ausland. Andere klicken sich lieber durch die Shoppingportale im Internet, als durch die Läden zu stapfen.
Convenience-Sparte wächst
Nur ein Segment entzieht sich der Schrumpfkur: die Läden an Bahnhöfen und Tankstellen. Die Convenience-Sparte, so nennen Experten den Bereich, war in den letzten Jahren «ein starker Wachstumstreiber im Detailhandel», wie die Credit Suisse (CS) in ihrem Branchenreport vom letzten Mittwoch schreibt.
Seit 2005 wuchs die Sparte um knapp 40 Prozent auf 5,4 Milliarden Franken – vier mal schneller als der Gesamtmarkt. Auch die Gewinnmargen liegen bei Convenience-Produkten über dem sonstigen Handel. Die Kundschaft – Singles mit knappem Zeitbudget – dreht nicht jeden Rappen um.
Dominiert wird der Markt von Migros und Coop. Coop hatte mit seinen Pronto-Shops über Jahre die Nase vorn. Doch 2015 überholte die Migros-Tochter Migrolino erstmals den Erzrivalen. Mit der Übernahme der Aperto-Gruppe schiebt sich Coop wieder in Front.
Die Basler haben keine Angst, die Führungsposition zu teuer erkauft zu haben. «Der Kaufpreis ist dem Potenzial der Bahnhofsstandorte entsprechend fair», sagt Sprecher Urs Meier. Der Deal werde sich auszahlen. Mit Marché Express und Coop to go ist Coop schon an den Bahnhöfen. «Ihre Entwicklung ist sehr erfreulich, wir sehen grosses Potenzial in diesem Marktsegment.»
Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen. Mit den Negativzinsen haben sich die Spielregeln geändert. Bei Aperto kann Coop auf eine Kapitalrendite im Bereich von vier Prozent hoffen. Das ist zwar bescheiden, aber alleweil besser, als den Banken Strafzinsen zu zahlen.