Die Stimmung passt zum Wetter. Bei nasskalten Bedingungen protestieren am Samstagmittag in Baden Angestellte von GE-Alstom und Gewerkschaften gegen den Kahlschlag im Aargau. 1300 Stellen sollen an fünf Standorten verloren gehen, wurde vor anderthalb Wochen bekannt gegeben. Der Schock hat sich gelegt, doch der Frust sitzt umso tiefer.
«Im Dezember wurde uns noch erzählt, dass Baden eine rosige Zukunft hat», sagt Jens D'Souza (45), «und selbst ich als Pessimist habe denen geglaubt.» Der GE-Alstom-Angestellte ist mit seinen zwei Kindern auf dem Badener Trafoplatz gekommen. Er will ein Zeichen setzen gegen den Kahlschlag. Seit elf Jahren arbeitet D'Souza bei Alstom, er überwacht die Generator-Flotte. Ob seine Stelle auch betroffen ist, weiss er nicht. Aber er macht sich Sorgen. Nicht nur um sich, sondern auch um Baden. «Die über 100-jährige Geschichte mit BBC, ABB, Alstom – soll das jetzt einfach sterben?»
Verhandlungen dauern noch lange
Ingenieurin Angelika Wyrwoll (46) ist mit Mann Mirko (42) und den Töchtern Lisa (13) und Maya (9) an die Demo gekommen. Sie hält ein Schild in der Hand, auf dem auf Englisch geschrieben steht: «Lasst Schweizer Jobs in der Schweiz!» Eine Botschaft an das amerikanische Management von GE-Alstom. «Ich hoffe jetzt nur noch auf einen guten Sozialplan», sagt sie.
Noch am Freitag waren Personalvertreter von GE-Alstom in Paris, um mit den Bossen zu verhandeln. Ernst Giger (62), Präsident der Personalvertretung, sagt: «Wir haben teilweise unglaubwürdige Informationen bekommen.» Jetzt wird gefeilscht. Giger hofft, doch noch Stellen retten zu können. Das kann bis im Mai dauern. Eine zermürbend lange Zeit für die 5500 GE-Alstom-Angestellten.
Nur 500 Demonstranten
Noch wurden keine Kündigungen ausgesprochen. Deshalb wollen sich nur wenige exponieren. Die meisten GE-Angstellten lehnen es ab, sich fotografieren oder namentlich zitieren zu lassen. Die haben Angst, dass es auf sie zurückfällt. Ein ausländischer Manager, der in Baden für GE-Alstom arbeitet, ruft aus: «Selbst ich habe von den Entlassungen aus der Zeitung erfahren. Wir wissen nichts!»
Rund 500 Leute sind dem Demoaufruf gefolgt. Die Gewerkschaften sind zufrieden damit. Doch viele GE-Angestellte hatten gehofft, dass sich mehr Kollegen getrauen, ihr Gesicht zu zeigen. Reinhard Engler (69) machte die Stifti bei BBC und blieb sein ganzes Leben bei der Firma, die später ABB, Alstom und schliesslich GE-Alstom wurde. Er machte viele Restrukturierungen mit. Seit vier Jahren ist er pensioniert. Doch er ist mit seiner alten Alstom-Jacke gekommen, um Solidarität zu zeigen. «Da geht etwas kaputt, wofür man eingestanden ist», sagt er resigniert. Dass es noch etwas zu retten gibt, daran glauben die wenigsten auf dem Trafoplatz in Baden.