Arme sterben früher. Zu diesem Schluss kommt eine in Deutschland durchgeführte Studie des Versicherungskonzerns Zurich.
Konkret: Männer mit hohem Einkommen leben durchschnittlich elf Jahre länger als Arme. Ein reicher Mann hat eine durchschnittliche Lebenserwartung von 81 Jahren, armutsgefährdete Männer kommen hingegen nur auf 70,1 Jahre. Bei den Frauen das gleiche Bild: Reiche Frauen sterben durchschnittlich mit 85, arme bereits mit 77 Jahren.
Als armutsgefährdet gilt laut der Studie, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens der Gesamtbevölkerung zur Verfügung hat. Reich ist hingegen, wer 150 Prozent oder mehr verdient als der Durchschnitt.
Hauptfaktor Bildung
Doch warum gibt es so enorme Unterschiede bei der Lebenserwartung? Wie die «Welt» schreibt, dreht sich alles um die Bildung. Personen mit hohem Bildungsabschluss ernähren sich gesünder und machen häufiger Gesundheits-Check-ups, so die Studienautoren.
Zudem ist die Arbeit von Studierten oft weniger gefährlich. «Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen rauchen weniger, treiben mehr Sport, sind seltener übergewichtig und ernähren sich gesünder als Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau», erklärt Carlos Schmitt von Zurich.
Die Studie bezieht sich auf Deutschland. Ob man sie auf die Schweiz übertragen kann?
Fakt ist: Auch bei uns ist Armut ein Problem. Wie die «Aargauer Zeitung» schreibt, sind in der Schweiz 530’000 Menschen arm, 1,1 Millionen armutsgefährdet. Jeder achte Einwohner der Schweiz ist also entweder arm oder von Armut bedroht. Als armutsgefährdet gelten etwa Einzelpersonen mit einem Einkommen zwischen 2219 und 2458 Franken.
Armutsrisiko Familie
Carlo Knöpfel von der Fachhochschule Nordwestschweiz sieht zwei Hauptgründe für Armut in der Schweiz. «Wenn man nicht besonders gut qualifiziert ist, nicht die Qualitäten mitbringt, die gefragt sind, hat man ein Einkommen, das nicht reicht, um eine Familie zu ernähren», sagt er der Zeitung.
«Zudem haben wir eine Familienpolitik, die immer noch stark davon geprägt ist, dass Familie Privatsache ist. Das hat zur Folge: Kinder zu haben, ist in der Schweiz ein erhebliches Armutsrisiko.»
Denn über 40 Prozent der Ehen werden geschieden. Und da der Mann durch die Zahlung der Alimente gesetzlich nicht unter die Armutsgrenze fallen soll, rutscht oft die Frau mit den Kindern in die Armut. Jede vierte Alleinerziehende ist armutsgefährdet.
Zudem: Arme haben keine Lobby. «Als Bern ein Sparpaket schnüren musste, wollte man erst bei Menschen mit Behinderung sparen», sagt Knöpfel. Bis diese auf die Strasse gegangen seien. Dann wollte man bei der Bildung sparen – doch Schüler und Lehrer gingen auf die Strasse. «Dann hat man halt bei der Prämienverbilligung gespart – und keiner ging auf die Strasse.» (bam)