Weshalb die Thurgauer Justiz 6 Jahre brauchte, um einen Mordfall vor Gericht zu bringen
Mammut-Prozess mit Hindernissen

Es ist der grösste Fall der Thurgauer Kriminalgeschichte. 14 Männer stehen ab heute für den Mord an IV-Rentner Peter Gubler (†53) vor Gericht. Im Hintergrund rumort es schon vor Beginn gewaltig.
Publiziert: 20.02.2017 um 08:29 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:29 Uhr
«Es ist ein Skandal!»
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Verteidiger Otmar Kurath kritisiert die Staatsanwaltschaft:«Es ist ein Skandal!»
Marco Latzer

Der Tod von IV-Rentner Peter Gubler (†53) in Kümmertshausen TG kommt endlich vor Gericht. Über sechs Jahre brauchte die Thurgauer Justiz um den Fall zur Anklage zu bringen. Auf der Anklagebank: 14 Männer einer Ostschweizer Drogen- und Schleuserbande um Bandenboss Mustafa N.* (47). Die Haupttäter sollen Gubler überfallen, gefesselt und geknebelt haben (BLICK berichtete). Gubler erstickte qualvoll – mit einer Kapuze in seinem Mund. Den Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Haft. Das Verfahren ist auf 17 Verhandlungswochen angesetzt. Im Idealfall endet der Monsterprozess frühestens Ende November. 

Oberstaatsanwalt und Kollegin abgesetzt

Der grösste Kriminalfall des Kantons legte einen Fehlstart hin. BLICK weiss: Oberstaatsanwalt Andreas Zuber und seine Kollegin Linda S.* wurden schon 2015 abgesetzt – auf Geheiss des Bundesgerichts. Es schreibt in seinem Urteil, dass die Staatsanwälte  «zahlreiche und teilweise krasse Verfahrensfehler begangen» hätten. Grund für die peinliche Schelte: Die Ermittler hatten den ihnen «unbequemen» Verteidiger des Angeklagten Demir M.* (53) kurzerhand durch einen neuen ersetzt. Ein verbotenes und unfaires Vorgehen.
Und: Trotz einer offenen Beschwerde führten sie illegal eine Einvernahme mit M. durch. Damit läuft nun ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch gegen die beiden. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft will sich wegen des laufenden Verfahrens nicht dazu äussern.

Dubiose Deals im Vorfeld der Verhandlung

Fakt ist: Im November 2015 erleben die Ermittler ein weiteres Debakel. Das Thurgauer Obergericht hebt ein bereits rechtskräftiges Urteil gegen Yilmaz B.* (38) wieder auf. Bei ihm handelt es sich um den sogenannten Kronzeugen der Staatsanwaltschaft. Er hat seine ehemaligen Bandenkollegen massiv belastet. Seine Glaubwürdigkeit ist aber höchst umstritten. Das findet auch das Thurgauer Obergericht und schreibt: Bei Yilmaz B. könnte es sich auch um den Haupttäter handeln.

Selbst unter der neuen Leitung der Generalstaatsanwaltschaft in Frauenfeld drohen ihm für die mögliche Beteiligung an der Tat bloss fünf Jahre Haft – für die Verteidiger der anderen Angeklagten ein Hohn. Ihren Mandanten blühen bis zu 20 Jahre Knast.
Fakt ist: Das Verfahren um den Tod von Peter Gubler beginnt turbulent. Im Bezirksgericht Kreuzlingen wird heute auch die Frage im Raum stehen, ob der Mammut-Prozess zur Riesenfarce wird. Die Thurgauer Justizdirektorin Cornelia Komposch gibt sich gegenüber BLICK optimistisch: «Ich habe Vertrauen in unsere Leute!»

*Namen der Redaktion bekannt

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