DIE RECHTE
Das Schweizer Recht gilt in der Schweiz für alle
Jeder Mensch ist vor dem Gesetz gleich.
Die Bundesverfassung garantiert diese Rechtsgleichheit, sie ist als Grundrecht verankert. Das bedeutet zum Beispiel: Für dasselbe Vergehen gilt dasselbe Strafgesetz, ungeachtet, welche Herkunft oder welchen Status der Täter hat. Oder auch: Jeder erwachsene Einwohner der Schweiz muss Steuern zahlen.
Das Recht steht über der Religion
Der Glaube ist Privatsache. Die Entscheidung für eine Glaubensrichtung ist freiwillig. Niemand darf aus religiösen Gründen gezwungen werden, etwas zu tun oder zu unterlassen, das er oder sie nicht will.
Die Bundesverfassung sichert Glaubens- und Gewissensfreiheit zu. Jeder darf anbeten, wen oder was er möchte. Aber religiöse Regeln sind zweitrangig, weltliche Gesetze sind übergeordnet. So ist es etwa egal, ob eine Religionslehre Homosexualität ablehnt – jeder darf in der Schweiz seine Sexualität frei ausleben, homosexuelle Paare dürfen ihre Partnerschaft eintragen lassen. Aber auch: Kinderehen oder Genitalverstümmelungen mögen religiös begründet sein – sie sind verboten.
Mann und Frau sind gleichberechtigt
Die Geschlechter haben in allen Belangen die gleichen Rechte und Pflichten. Frauen und Männer werden in der Öffentlichkeit, bei der Arbeit und zu Hause mit gleichem Respekt behandelt.
Um Gleichberechtigung haben die Schweizer Frauen lange kämpfen müssen. Jetzt ist sie unbestritten. So müssen Arbeitgeber Männern und Frauen den gleichen Lohn für gleiche Leistung zahlen. Beide Geschlechter dürfen, sofern sie das Bürgerrecht besitzen, an Abstimmungen und Wahlen teilnehmen.
Jede und jeder geniesst hohe persönliche Freiheit
Jeder darf nach den eigenen Vorstellungen leben, sofern keinem anderen dadurch ein Nachteil entsteht. Niemand wird wegen Herkunft, sexueller Orientierung, Hautfarbe, politischer Gesinnung oder Religion diskriminiert.
Schweizer sind freiheitsliebend, lassen sich nicht gern einengen. Damit das Zusammenleben klappt, braucht es Respekt und Toleranz. Diskriminierung muss sich niemand gefallen lassen, das gilt auch, wenn jemand ausgegrenzt wird, weil er Ausländer ist.
Alle dürfen über alles reden
Die Schweiz kennt kein Tabu in Worten und Gedanken: Jeder darf über alles mitreden.
Die Schweizer leben die Meinungsäusserungsfreiheit, nur so ist Demokratie möglich. Niemand wird verfolgt, weil er die Regierung kritisiert.
DIE PFLICHTEN
Jeder beherrscht oder lernt eine Landessprache
Nur wer Deutsch, Französisch, Italienisch oder Rätoromanisch in Wort und Schrift beherrscht, ist in der Lage, am täglichen Leben teilzunehmen.
Das ist in jedem Land so: Man unterhält sich, wenn nicht in der Weltsprache Englisch, in der Landessprache – und die Schweiz hat vier davon. Wer keine davon beherrscht oder erlernt, ist ausgeschlossen. Das dient niemandem.
Jedes Kind besucht die Schule – und respektiert die Regeln
Die Teilnahme am Unterricht verhilft allen Kindern zu einem guten Start in Gesellschaft und Arbeitswelt. Schulprogramm und Schulordnung sind für alle verbindlich. Lehrpersonen geniessen besonderen Respekt.
Der Schulbesuch ist obligatorisch, in den meisten Kantonen geht ein Kind elf Jahre zur Schule. Der Besuch der öffentlichen Schule ist kostenlos. In der Schweiz gibt es in vielen Fragen Unterschiede zwischen den Kantonen, so auch hier: Je nach dem, wo man lebt, ist der Besuch des Kindergartens während eines oder zwei Jahren obligatorisch. Doch überall gilt: Kind und Eltern müssen die Schulregeln akzeptieren.
Jeder nimmt am Schweizer Alltag teil
Wie, wo und auf welche Weise man sein tägliches Leben gestaltet, bleibt jedem selbst überlassen. Die Schweiz toleriert jedoch keine Absonderung in Gruppen, die geltendes Recht missachten, beugen oder verhöhnen.
Wir wollen keine Parallelgesellschaften. Wenn man hier lebt, sieht man sich als Teil eines Ganzen und tauscht sich mit den Mitmenschen aus. Das Miteinander wird oft in Vereinen gelebt, von denen es in der Schweiz sehr viele gibt. Und wo Ausländer in der Regel willkommen sind.
Jeder verteidigt die Freiheit
Die Freiheit des Individuums ist ein ebenso hohes Gut wie die Freiheit des Landes – beide sind nur dann gesichert, wenn sich jeder Einzelne für sie einsetzt.
Privates Engagement ist wichtig in einem freiheitlichen Staat. Niemand wird dazu gezwungen, es geschieht auf freiwilliger Basis. Der Staat ist dazu da, den Bürgern maximale Freiheit zu sichern – nicht umgekehrt.
Jeder sorgt für sich selbst
Alle erwachsenen Bewohner der Schweiz sorgen selber für ihre Existenz. Der Staat betreibt soziale Einrichtungen für die, denen das ohne Hilfe nicht gelingt.
Die Sozialämter zum Beispiel sind für Menschen in Not vorgesehen, ein Auffangnetz für die Schwächsten unter uns. Sie sind nicht dazu da, Menschen das Leben zu finanzieren, die selber für sich sorgen können. Und jeder, der arbeitet, finanziert dieses Netz mit. Ein Teil des Lohnes geht an die Sozialwerke.
DIE NORMEN
Man zeigt sein Gesicht.
In der Schweiz eine Selbstverständlichkeit: Im öffentlichen Raum zeigt man, wer man ist. Sich bei Gesprächen in die Augen zu schauen, ist eine Gepflogenheit. Derzeit diskutiert die Schweizer Politik, ob landesweit ein Verhüllungsverbot eingeführt werden soll.
Man reicht einander bei der Begrüssung und zum Abschied die Hand.
Auch dieses Ritual gehört zu unserem Alltag. Einst zeigten die Ritter damit, dass sie unbewaffnet sind. Freunde geben sich Küsschen auf die Wange, je nach Region eines bis drei. Es ist unanständig und unangebracht, einer Frau die Hand zu verweigern, weil sie eine Frau ist.
Man behandelt Amtspersonen, ob Frau oder Mann, korrekt und mit Respekt.
Ob Polizistin, Mitarbeiter eines Asylheims oder Beamter auf einem Amt: Sie alle tun ihre Arbeit. Man mag sich vielleicht mal über sie aufregen – aber stets begegnet man ihnen mit Respekt.
Man hält Ordnung, Ehrlichkeit und Anstand hoch.
Bei allen kulturellen Unterschieden, welche die Schweiz ausmachen: Diese Tugenden gehören zum Fundament einer funktionierenden Gesellschaft.
Man trägt Konflikte aus anderen Ländern und Kulturen nicht in die Schweiz.
Gerade Menschen aus Krisengebieten wissen, welche verheerenden Folgen gewaltreiche Konflikte haben. Das friedliche Miteinander ist ein hohes Gut in der Schweiz, das geschützt werden will.