Stellen sie sich vor, eine bildhübsche Frau sitzt splitternackt im Tram. Um sie herum sitzen Arbeiter, Studenten, Männer und Frauen, der ganz normale Berufsverkehr eben. Und das wirklich erstaunliche am Ganzen - keiner schaut hin.
Genau so geschehen in Düsseldorf, anlässlich einer Inszenierung der Schweizer Künstlerin Milo Moiré.
Nichts als eine Tasche
Eine junge Frau mit Model-Figur steht zuerst an der Haltestelle einer Strassenbahn, bekleidet mit nichts als einer Tasche, den Körper nur mit ein paar Schriftzügen bedeckt. Seelenruhig steigt die Frau ins Tram ein, macht zuerst noch brav den aussteigenden Fahrgästen Platz. Dann löst sie ihr Ticket und setzt sich auf einen der blauen Bänke im Abteil.
Soweit so gut. Was aber fast nicht zu glauben ist: kaum einer der mitreisenden Passagiere nimmt von der nackten Person in ihrer Mitte Notiz. Ein, zwei verstohlene Blicke, das ist dann auch schon alles. Die Frau verlässt das Tram, geht über die Strasse und wechselt die Bahn. Auch hier das selbe Bild, praktisch keiner schaut hin.
«Was wird passieren? Nicht viel!»
Das erstaunt offenbar auch die Künstlerin selbst. Auf ihrer Internetseite schreibt sie dazu: «Der Tag für Tag gleiche Weg zur Arbeit mit der Straßenbahn... Es ist früh...VIEL ZU FRÜH für Performance Kunst! Das halb-automatisierte Agieren nach verinnerlichtem Script... Einsteigen, durchgehen, Ticket entwerten, Platz einnehmen...Gestört durch eine vollkommen Nackte, mittendrin, gekleidet in Worte...Was wird passieren? Erstaunlicherweise...NICHT VIEL!»
Vielleicht liegt es ja daran, dass Nacktheit heute selbst in der Öffentlichkeit kein grosser Tabu-Bruch mehr ist. Möglich aber auch, dass das geringe Interesse an der nackten Frau mit der Tageszeit zusammenhing.
Die Live-Perormance fand nämlich am frühen Morgen statt - und da ist so mancher halt noch nicht ganz wach...