Bündner Pfarrerin gebärt zwei Buben
Zwillinge mit 66

Ein neuer Rekord! Eine pensionierte Pfarrerin hat mit 66 Jahren Zwillinge auf die Welt gebracht. Damit ist sie das älteste Mami der Schweiz.
Publiziert: 03.03.2012 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:38 Uhr
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Symbolbild
Foto: Getty Images/iStockphoto
Britta Krauss

Im Bündner Prättigau liegt ganz idyllisch die von Bergen umrahmte Gemeinde Grüsch. Die rund 1300 Einwohner dürfen stolz sein auf ihre Bergbahn, ihre historischen Häuser aus dem 16. Jahrhundert, ihr Heimatmuseum – und jetzt auch auf einen neuen Rekord: In der Gemeinde lebt das älteste Mami der Schweiz!

Das Kantonsspital bestätigt die Recherchen des SonntagsBlicks: «In der Frauenklinik hat eine 66-Jährige Zwillinge bekommen», sagt Sprecher Martin Vincenz. Und auch bei der Gemeinde Grüsch heisst es: «Ja, es stimmt, eine 66-Jährige ist Mutter von zwei Buben geworden», sagt Marietta Bardill von der Einwohnerkontrolle.

Vor rund zwei Wochen kamen die Zwillinge per Kaiserschnitt auf die Welt. Sie sollen sich noch auf der Überwachungsstation der Kinderklinik befinden. Die Mutter hat den Kaiserschnitt offenbar gut überstanden. Wegen Problemen mit der Operationswunde soll sie nach der Geburt mit einem Rollator unterwegs gewesen sein. Angeblich wurde das Pflegepersonal vom Spitalpfarrer geschult, damit die Mitarbeiter die Frau mit der nötigen Sensibilität betreuen.

Weltrekord hält eine Inderin

Die Mutter wollte sich auf Anfrage nicht ausführlich äussern. «Es ist unglaublich, was heute medizinisch möglich ist», sagte sie lediglich. «Dieses Ereignis will ich jetzt in aller Stille geniessen.»

Auf natürliche Weise ist die Pfarrerin kaum schwanger geworden. Sie soll in die Ukraine gereist sein, um sich im Rentenalter ihren Kinderwunsch zu erfüllen. In dem Land ist neben der Samenspende auch die Eizellenspende erlaubt. Altersbeschränkung beim Babywunsch (siehe Textkasten) gibt es nicht. Englischsprachige Agenturen werben via Internet mit «Baby-Paketen» für mehrere Tausend Franken.

Dank moderner Fortpflanzungsmedizin gibt es immer mehr späte Schwangerschaften. In den vergangenen fünf Jahren wurden in der Schweiz mindestens vier über 60-Jährige Mutter. Bislang galt eine  Aargauerin – damals 64 – als ältestes Mami der Schweiz. Den Weltrekord hält eine Inderin, die mit 70 Mutter wurde.

Vor der Grüscher Mutter liegt nun wohl ein Leben als Alleinerziehende: Nach Informationen des SonntagsBlicks ist die 66-Jährige alleinstehend. Bevor sie vor einigen Jahren nach Grüsch zog, betreute sie sieben Jahre lang eine kleine Gemeinde im Engadin. Bekannte beschreiben sie als «nett und zurückgezogen». Als jemanden, der keinen Kontakt sucht.

Die Pfarrerin lebt zurückgezogen

Derzeit wohnt die 66-Jährige in einer 4,5-Zimmer-Wohnung in ­einem historischen Mehrfamilienhaus. Das Einzige, was man in der Gasse davor hört, sind das Plätschern eines Brunnens und das Tropfen von schmelzendem Schnee – bis bald noch die Schreie von zwei Säuglingen dazukommen. Die Pfarrerin hat für sie biblische Namen ausgesucht: Michael und Jo­shua. Bei ihrer Konfirmation mit 16 Jahren sollen die beiden selbst entscheiden dürfen, wie sie heissen möchten. Dann wird ihre Mutter 82 Jahre alt sein.

Die Nachbarn bekamen von der Schwangerschaft nichts mit: «Ich dachte, sie hätte zugenommen», sagt eine Frau (59). Die Pfarrerin lebe zurückgezogen, meide Gespräche. Nur manchmal sehe man sie langsam die Strasse entlangspazieren. Nicht überall herrscht Verständnis für die späte Schwangerschaft: «Das ist purer Egoismus und nicht schön für die Kinder», sagt eine Nachbarin.

Lorenz Casutt-Peng (50), Vize-Gemeindepräsident sieht das anders. Er begrüsst den Nachwuchs: «Kinder sind unsere Zukunft», sagt er. «Es ist schön, wenn es Mutter und Kind gut geht.» Seine Tochter Fabienne (15) ist wenig begeistert: «Ich fände eine alte Mutter nicht schön. Man hat nicht lange was von seinem Mami», sagt sie. «Und als Kind würde man in der Schule bestimmt gemobbt.»

Wie fit ist eine Frau mit 66?

Ist eine 66-Jährige nur noch eingeschränkt leistungsfähig? «Diese Vorstellung ist ebenso häufig wie falsch. Die Zeiten haben sich geändert», sagt der Altersexperte und langjährige Zürcher Stadtarzt Dr. Albert Wettstein (64). Die Statistik beweist, dass wir immer älter werden und länger gesund bleiben – dank besserer medizinischer Versorgung, gesünderer Ernährung und bewusster Lebensführung.

 

Die Lebenserwartung in der Schweiz ist eine der höchsten der Welt. Bei Frauen liegt sie heute bei über 84 Jahren. Wettstein: «Wenn eine Frau gesund gelebt hat, nicht raucht, kein Übergewicht hat und Wert auf Bewegung legt, kann sie mit 66 mit mindestens 20 weiteren Lebensjahren rechnen.» Rein medizinisch gesehen seien die Risiken bei einer Spätgebärenden «heute mit 66 gleich hoch wie sie zu Bismarks Zeiten Ende des 19. Jahrhunderts für eine Frau mit 40 waren».

Albert-Wettstein.
Albert-Wettstein.
Blick/Philippe Rossier

Ist eine 66-Jährige nur noch eingeschränkt leistungsfähig? «Diese Vorstellung ist ebenso häufig wie falsch. Die Zeiten haben sich geändert», sagt der Altersexperte und langjährige Zürcher Stadtarzt Dr. Albert Wettstein (64). Die Statistik beweist, dass wir immer älter werden und länger gesund bleiben – dank besserer medizinischer Versorgung, gesünderer Ernährung und bewusster Lebensführung.

 

Die Lebenserwartung in der Schweiz ist eine der höchsten der Welt. Bei Frauen liegt sie heute bei über 84 Jahren. Wettstein: «Wenn eine Frau gesund gelebt hat, nicht raucht, kein Übergewicht hat und Wert auf Bewegung legt, kann sie mit 66 mit mindestens 20 weiteren Lebensjahren rechnen.» Rein medizinisch gesehen seien die Risiken bei einer Spätgebärenden «heute mit 66 gleich hoch wie sie zu Bismarks Zeiten Ende des 19. Jahrhunderts für eine Frau mit 40 waren».

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