Stossverkehr am Strichplatz
Sex in der Box schon ein Erfolg

«Das ist ein historischer Moment», sagt eine altgediente Polizistin, und ihr ebenso erfahrener Kollege nickt dazu: Der Zürcher Strichplatz «in der Box» ist gestern offiziell eröffnet worden.
Publiziert: 26.08.2013 um 21:22 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 02:20 Uhr
Null Verkehr: Leere Sexboxen bei der Eröffnung am Montagabend. Doch das änderte sich rasch!
Foto: ZVG

Gestern früher Abend: Auf dem neuen Zürcher Strichplatz «in der Box» warten zahlreiche Journalisten mit Schreibblöcken, Kameras, Mikrofonen. Ursula Kocher, Leiterin der Frauenberatungsstelle Flora Dora sagt zum wiederholten Mal, sie sehe dem Experiment Strichplatz zuversichtlich entgegen. Man müsse jetzt aber erst einmal Erfahrungen sammeln. Die Sicherheit für die Frauen sei deutlich höher als auf der Strasse.

Vorerst läuft aber nichts. Tote Hose. Doch das ändert sich nach 20 Uhr. Jetzt müssen die Journalisten den Platz verlassen. Später werden laut Medienberichten bis 30 Prostituierte gezählt. «Es sieht bereits aus wie am Sihlquai», wird ein erfreuter Michael Herzig vom Sozialdepartement von «20minuten» zitiert.

Und Marco Cortesi, Sprecher der Stadtpolizei sagt, das Sihlquai sei gestern Abend zum ersten Mal seit Jahren wieder frei von Prostituierten gewesen.

«Ich freue mich von Herzen, dass die Anwohnerinnen und Anwohner des Sihlquai jetzt durchatmen können», sagt Angela Montanile, Stadtpolizistin mit 25 Dienstjahren. Sie gehört zur Fachgruppe Milieu und Sexualdelikte - in manchen Krimis heisst das immer noch «die von der Sitte».

Die Leute am Sihlquai hatten zu leiden: zuerst unter den Auswirkungen der offenen Drogenszene am Platzspitz, später am Letten, und dann am Strassenstrich. Die Eröffnung des Strichplatzes in Zürich-Altstetten sei deshalb laut Montanile «ein historischer Moment».

Sie und ihr Kollege Hanspeter Meier (35 Dienstjahre) haben viele Veränderungen miterlebt. Der Zustrom von Frauen aus Osteuropa zum Strassenstrich ist nur eine davon. Montanile und Meier kennen die Prostituierten und die Prostituierten kennen sie. Schon am Sihlquai haben sie sporadisch Bewilligungen und dergleichen kontrolliert. Sie schauen, «ob die Regeln eingehalten werden», so Montanile.

Kapuze im Gesicht

Der Anfang gestern Abend war harzig verlaufen. Ein Wohnmobil mit Schwyzer Kennzeichen fuhr durchs Tor. Am Steuer ein Mann mit langem, grauem Rossschwanz, daneben eine junge Frau. Sie zieht die Kapuze ihrer Jacke tief ins Gesicht. Sie steuern die Standplätze für für Wohnmobile der Sexarbeiterinnen zuhinterst im Areal an. Der Mann parkiert und verlässt dann zu Fuss zügig den Strichplatz.

Die Frau im grauen Trainer steigt kurz aus, sieht sich der Journalistenschar gegenüber und flüchtet ins Wohnmobil zurück. Sie sei aus der Slowakei, ist das einzige, was sie sagt. Dann zieht sie die Tür zu und den Vorhang vor, und so bleibt es auch, solange die Medienleute da sind. Die beiden Stadtpolizisten bleiben derweil sicherheitshalber in ihrer Nähe.

«Bei mir war heute noch keiner»

Später am Abend sind vor allem Schaulustige auf dem Strichplatz. Langsam fahren sie um die Schlaufe, schauen sich alles aus dem Schutz des Wagens genau an. Nur verhandeln mit den Prostituierten wollen sie nicht: «Bei mir war heute noch kein einziger», sagt eine Blondine im pinken Kleidchen. «Hoffentlich ist das nur am Anfang so und es kommen bald mehr Kunden», sagt die junge Frau.

Neben den Gaffern sind vor allem Polizisten auf Platz. Diskret, aber mit grossem Aufgebot, fahren sie um die Anlage. Ausserdem hilft die Abteilung Sicherheit, Intervention, Prävention (SIP) den Prostituierten, sich am neuen Arbeitsplatz zurecht zu finden. Am Eröffnungsabend verlief der Betrieb ohne Zwischenfälle. (bau/snx/SDA)

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